Zweiter Weltkrieg
Ukrainer in Sowjet-Kriegsgräbern: Volksbund prüft Herkunft
Ukrainer in Sowjet-Kriegsgräbern: Volksbund prüft Herkunft
Ukrainer in Sowjet-Kriegsgräbern: Volksbund prüft Herkunft
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In Hamburg befinden sich die Gräber von rund 1400 sowjetischen Kriegstoten. Doch wer von den Toten war Russe und wer Ukrainer?
Bei der Pflege sowjetischer Kriegsgräber in Hamburg will der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge künftig - um die Biografien der Kriegstoten zu recherchieren - auch die Herkunftsländer erfassen. «Wir fangen an zu differenzieren», sagte der Geschäftsführer des Landesverbandes, Christian Lübcke. Das sei allerdings schwierig, weil die Nationalität sowohl in deutschen Unterlagen als auch in denen der Westalliierten meist nur als «Russe» oder «Sowjet» angegeben worden sei. Es könne sich dann etwa auch um Kasachen, Balten oder Weißrussen handeln. Eine Angabe wie der Geburtsort Kiew könne ein Hinweis auf die ukrainische Herkunft sein.
Lübcke schätzt die Zahl der in Hamburg bestatteten sowjetischen Kriegstoten auf 1400. Das gemeinsame Gedenken von Ukrainern und Russen sei schon vor dem russischen Angriff vom 24. Februar schwierig gewesen, sagte Lübcke. Dabei hätten die Toten das gleiche Schicksal erlitten und lägen nebeneinander. Es sei nicht vorstellbar gewesen, dass die beiden Länder gegeneinander Krieg führen könnten. Auf dem Friedhof Ohlsdorf habe in den vergangenen Jahren mehrfach das «Unsterbliche Regiment», eine vom russischen Staat unterstützte Volksbewegung, die Toten geehrt. Dieses Gedenken habe nationalistische und teilweise geschichtsrevisionistische Untertöne, sagte Lübcke. Der Volksbund beteilige sich darum nicht daran.
Am Volkstrauertag wurde an mehreren Orten in Hamburg aller Kriegstoten gedacht. Neben Kranzniederlegungen auf dem Friedhof Bergedorf, in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, am Gedenkort Hannoverscher Bahnhof und an der Ernst-Barlach-Stele am Rathaus fanden Gedenkveranstaltungen im Rathaus und im Michel statt. «Es ist heute und jeden Tag unsere Aufgabe, an diese und Millionen von Menschen zu denken, die Opfer von Krieg und Gewalt geworden sind. Wir stehen hier zusammen, um für Frieden und Freiheit, gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung einzutreten», sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne).
In Hamburg liegen nach Angaben von Lübcke mehr als 62 000 Kriegstote aus beiden Weltkriegen. Sie sind auf 36 Kriegsgräberstätten verteilt. Allein auf dem Friedhof Ohlsdorf wurden mehr als 52 000 Tote bestattet. Die größte Gruppe bilden die Opfer der Luftangriffe von 1943 im Zuge der Operation Gomorrha: etwa 40 000.
Die sowjetischen Toten sind zum größten Teil auf dem Neuen Friedhof in Bergedorf bestattet. Dort befinden sich den Angaben des Volksbundes die Gräber von 652 Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern. In Ohlsdorf ruhen mindestens 524 Tote, zwei Drittel von ihnen Kriegsgefangene aus dem Lager Sandbostel bei Bremervörde. Weitere Tote aus der damaligen Sowjetunion liegen in Harburg und - nach Schätzung von Lübcke - an zehn anderen Orten in Hamburg. Auf der Elbinsel Hahnöfersand befinden sich die Gräber von 77 «russischen» Kriegsgefangenen aus dem Ersten Weltkrieg. Sie seien überwiegend an Typhus, Cholera und der Spanischen Grippe gestorben.
Für die Pflege der Gräber seien die kommunalen Behörden zuständig, erklärte Lübcke. Der Zustand der Anlagen sei «unterdurchschnittlich, teilweise ziemlich verwahrlost». Grund dafür sei die mangelnde Finanzierung nach dem Bundesgräbergesetz. Vorgeschrieben sei, dass die Kriegsgräber würdig aussehen sollten, ohne das näher zu definieren. Oft kümmerten sich allerdings Privatinitiativen, Vereine oder Kirchengemeinden um die Gedenkorte.
In besonders gutem Zustand befinden sich seit kurzem die polnischen Kriegsgräber in Ohlsdorf. In der Anlage ruhen Häftlinge aus dem KZ Neuengamme und seinen Außenlagern, Zwangsarbeiter, Kinder von Zwangsarbeiterinnen, Kriegsgefangene, Opfer von Luftangriffen und Widerstandskämpfer und weitere Kriegsopfer. Die polnische Kriegsgedenkstätte wurde nach Angaben von Friedhofsprecher Lutz Rehkopf in diesem Jahr renoviert. Es seien mehr als 300 Grabsteine saniert worden. Auf Tafeln wurden die Namen von 1229 bekannten polnischen Bürgern verzeichnet.
Die Neugestaltung war ein gemeinsames Projekt der Stiftung Deutsch-Polnische Aussöhnung in Warschau und des polnischen Generalkonsulats in Hamburg mit dem Friedhof Ohlsdorf. An der Finanzierung beteiligte sich das Ministerium für Kultur und Nationales Erbe der Republik Polen.
(BERICHTIGUNG des dpa-Textes vom 13.11.: Überschrift, Teaser und Leadsatz wurden neu formuliert. Damit wird deutlich gemacht, dass der Volksbund nicht bei der eigentlichen Grabpflege Unterschiede machen, sondern bei der Erforschung der Biografien die Herkunftsländer der Kriegstoten erfassen will.)