Finanzministerium

Umsetzung der Grundsteuerreform im Bundesschnitt

Umsetzung der Grundsteuerreform im Bundesschnitt

Umsetzung der Grundsteuerreform im Bundesschnitt

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Für viele ein quälender Graus, für andere in einer Viertelstunde erledigt: Die Erklärung zur Grundsteuer treibt Immobilienbesitzer und Verwaltung mächtig um. Insgesamt sieht sich das Finanzministerium auf gutem Weg - aber massive Kritik hält...

Die Umsetzung der Grundsteuerreform erhitzt in Schleswig-Holstein die Gemüter und stößt auf vehemente Kritik. Laut Finanzministerium liegt das Land jedoch im Bundesdurchschnitt. Wie Staatssekretärin Silke Torp am Mittwoch mitteilte, wurden seit dem Start am 1. Juli 111 087 Erklärungen abgegeben, davon 93 152 über das Internetportal Elster. Damit seien 7,2 Prozent aller abzugebenden Erklärungen über Elster eingegangen - wie im Bundesschnitt. «Das ist für uns ein solides Ergebnis», sagte Torp. Sie gehe davon aus, dass ein Großteil die Erklärung im September und Oktober abgeben werde.

Im Land sind 1,3 Millionen Grundstücke neu zu bewerten. Die Erklärungen sind bis 31. Oktober fällig - über das Finanzamtsportal Elster oder eine entsprechende Internetseite des Bundes. Über eine Fristverlängerung zu entscheiden, sei zu früh, sagte Torp. In Ausnahmefällen gibt es Papierformulare.

Die bisher geltende Steuer hatte das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Die Bundesregierung beschloss daraufhin ein neues Gesetz, ermöglichte den Ländern aber eigene Regelungen. Nach langem Gezerre brachte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) das Bundesmodell auf den Weg. Dies und die Umsetzung lösten viel Kritik aus. Diese entzünde sich besonders an der Kompliziertheit des Elster-Vordrucks, sagte Torp.

Mit 400 bis 500 Millionen Euro jährlich ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmenquellen der Städte und Gemeinden. Die Neuberechnung sei für alle ein Kraftakt, sagte Torp. Es sei nicht ungewöhnlich, dass eine so umfassende Reform Nachsteuerungsbedarf bewirke. Deshalb gebe es zusätzliche Unterstützungsangebote.

Zentral sei ein seit Montag nutzbarer neuer Rückruf-Service. Über eine Internetseite des Landes könnten Eigentümer einen Wunschtermin für ein Telefonat mit dem Finanzamt buchen. Zunächst gebe es 20 000 Termine. Zudem führe jetzt eine Klick-Anleitung für Elster durch die Erklärungsabgabe. Auch werde es einen Erklärfilm speziell für Schleswig-Holstein geben. Für das Ausfüllen des Papiervordrucks werde ebenfalls eine Anleitung erstellt.

Für die Reform hat das Land zusätzlich 114 Stellen geschaffen. «Wir haben den Prozess gut vorbereitet», sagte Torp. Dennoch sei es besonders anfangs holprig gelaufen, das System zeitweise zusammengebrochen. Die Finanzämter seien in den ersten zehn Tagen mit Eingaben überrannt worden; auch im Ministerium seien 300 eingegangen. «Wir nehmen jede konstruktive Kritik ernst, bereiten sie auf und versuchen nachzusteuern, wenn der Bedarf besteht», sagte Torp.

«Der aktuelle Kurs führt ins Chaos», befand für den Eigentümerverband Haus & Grund der Landesvorsitzende Alexander Blažek. Regierungschef Daniel Günther (CDU) müsse das Ruder übernehmen. Die Frist bis 31. Oktober könne unmöglich ausreichen. Die Hilfsmittel nannte Blažek eine Bankrotterklärung. «Wie sollen ältere Grundstückseigentümer online einen Termin für ein Telefonat mit dem Finanzamt buchen?» Eine täglich erreichbare Hotline sei das Mindeste gewesen.

Auch der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen kritisierte die Umsetzungsprobleme. «Für weitaus bedenklicher halten wir allerdings die sich abzeichnenden Entwicklung in besonders nachgefragten Quartieren, wo sich die Grundsteuer verdoppeln oder gar verdreifachen dürfte», sagte Direktor Andreas Breitner. Solche Stadtteile würden für mittlere und geringe Einkommen unbezahlbar. Günther sollte dies stoppen. Die Pläne seien sozial unausgegoren.

Heinold fahre die Reform mit Ansage an die Wand, sagte SPD-Finanzpolitikerin Beate Raudies. Es habe eine umfassende Informationskampagne gefehlt und es sei ein Fehler, nur auf die digitale Variante zu setzen. Es wirke wie ein schlechter Witz, wenn für 1,3 Millionen Erklärungen 20.000 Telefontermine vergeben werden.

Ein Desaster für die Regierung sieht FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Er wundere sich sehr, dass Günther und die CDU Heinolds Kurs bedingungslos folgten. Ein viel zu bürokratisches Modell werde maximal unfreundlich für die Bürger umgesetzt. Die Hilfsangebote für sie seien ein schlechter Witz, eine Fristverlängerung unausweichlich.

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