Justiz

Viel Arbeit für Staatsanwälte in Corona-Zeiten

Viel Arbeit für Staatsanwälte in Corona-Zeiten

Viel Arbeit für Staatsanwälte in Corona-Zeiten

dpa
Schleswig (dpa/lno) -
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Weniger Gewaltverbrechen, aber immer komplexere Ermittlungen bei Internetkriminalität: Die Arbeitsbelastung von Staatsanwälten in Schleswig-Holstein bleibt hoch. Sorgen bereitet Ermittlern die Kinderpornografie.

Die Corona-Pandemie hat bei den Ermittlungen von Schleswig-Holsteins Staatsanwälten Spuren hinterlassen. Einerseits ging die Anzahl der Gewaltdelikte 2021 im Vorjahresvergleich um fast 15 Prozent zurück. «Auf der Straße haben wir sinkende Fallzahlen», sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Georg-Friedrich Güntge am Dienstag bei der Vorstellung des Jahresberichts der Generalstaatsanwaltschaft. Dafür haben die sogenannte Cyberkriminalität und Sexualdelikte deutlich zugenommen.

Trotz zuletzt rückläufiger Ermittlungsverfahren bleibt die Arbeitsbelastung der Staatsanwälte hoch. «Alles wird komplizierter und komplexer», sagte Güntge. Der Ermittlungsaufwand werde größer. Unterm Strich leiteten Staatsanwälte im vergangenen Jahr 280.419 neue Verfahren ein. 2020 waren es 297.660 gewesen.

Mit knapp 20.500 Fällen bewegte sich die Zahl der Gewaltdelikte auf dem niedrigsten Niveau seit fast 20 Jahren. Beim Raub betrug der Rückgang zu 2020 sogar mehr als 18 Prozent auf 973 Fälle. «Diese Entwicklung wird sich nach Aufhebung der mit Corona verbundenen Beschränkungen wohl kaum fortsetzen», sagte Güntge.

Sorgen bereiten Sexualverbrechen. Es gab 2021 rund 15 Prozent mehr Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Noch drastischer war der Anstieg bekannt gewordener Fälle im Bereich Kinderpornografie mit fast 60 Prozent auf rund 2400 Fälle. Bilder kursierten mittlerweile in vielen Bereichen, auch in Messenger-Diensten wie Whatsapp, sagte Güntge. «Das Ganze ist kein Kavaliersdelikt.» Ein Grund für den Anstieg sind demnach Hinweise vor allem durch US-Institutionen.

Signifikante Zunahmen gab es auch in Bereichen der Internetkriminalität. Zu Pandemiezeiten habe es einen Boom betrügerischer Kaufangebote durch sogenannte Fake-Shops im Netz gegeben, sagte Güntge. Befeuert durch Lockdown und Homeoffice habe diese Form der Verbrechen noch einmal erheblich zugenommen.

Eine Zunahme gab es im vergangenen Jahr auch bei der Verfolgung von rechtsextremen und ausländerfeindlichen Straftaten. Mehr als verdoppelt hat sich die Zahl von Ermittlungsverfahren mit Antisemitismus-Bezug. Laut Generalstaatsanwaltschaft ist zunehmend festzustellen, dass Gegner von Corona-Beschränkungen und der diskutierten Impfpflicht öffentlich den Umgang mit Nichtgeimpften mit dem Schicksal der Jüdinnen und Juden unter der NS-Herrschaft verglichen. Das begründe grundsätzlich den Anfangsverdacht einer Volksverhetzung in Form der Verharmlosung des Holocausts.

In 481 Verfahren ermittelten Staatsanwälte im Land in den Jahren 2020 und 2021 wegen Verdachts des Subventionsbetruges. Meist ging es um Verfahren im Zusammenhang mit missbräuchlichen Anträgen auf Corona-Soforthilfen. Güntge bezifferte die Schadenssummen mit Beträgen zwischen 2500 und 15.000 Euro. In 109 Fällen wurde 2021 bereits Anklage erhoben oder der Erlass eines Strafbefehls beantragt. In weiteren 104 Verfahren ging es um mögliche Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz, 1100 Ermittlungsverfahren wurden wegen des Verdachts gefälschter Corona-Impfnachweise eingeleitet.

Etwa zurückgegangen ist im vergangenen Jahr die Zahl der Korruptionsverfahren. Deren Zahl sank von 192 auf 117, die Zahl der Beschuldigten von 289 auf 164. Dies lasse aber keinen Trend erkennen, sagte die Leiterin der Zentralen Stelle Korruption der Generalstaatsanwaltschaft, Silke Füssinger. Weiter bilden Verfahren wegen betrügerischen Zusammenwirkens von Gebrauchtwagenhändlern und Autowerkstätten mit Fahrzeugprüfern einen Schwerpunkt der Korruptionsermittlungen. Es geht dabei um gar nicht oder nur oberflächlich durchgeführte Hauptuntersuchungen, bei denen Wagen trotz erheblicher Mängel Plaketten erhielten.

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