Demonstration

Weit mehr Teilnehmer bei Großkundgebung gegen rechts

Weit mehr Teilnehmer bei Großkundgebung gegen rechts

Weit mehr Teilnehmer bei Großkundgebung gegen rechts

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Der Jungfernstieg und die anliegenden Bereiche sind am 19. Januar mit Demonstranten gefüllt. Foto: Jonas Walzberg/dpa

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Im Januar versammeln sich Zehntausende in Hamburg, um gegen rechts zu demonstrieren. Wie viele genau - dazu gingen die Zahlen zunächst durcheinander. Nun zeigt sich: Es waren viel mehr als gedacht.

An der wegen Überfüllung abgebrochenen Großdemonstration gegen rechts Mitte Januar in der Hamburger Innenstadt haben deutlich mehr Menschen teilgenommen als bislang von der Polizei angegeben. Eine von ihm angefragte Nachprüfung der Innenbehörde habe ergeben, dass sich am 19. Januar am Jungfernstieg und in den umliegenden Straßen schätzungsweise mindestens 180.000 Menschen versammelt hätten, sagte der Mitorganisator der Kundgebung, der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und Geschäftsführer des Vereins Unternehmer ohne Grenzen, Kazim Abaci, der Deutschen Presse-Agentur.

Die Polizei hatte am Tag der Kundgebung «Hamburg steht auf - Gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke» nur eine Teilnehmerzahl von 50.000 genannt. Abaci hatte bei der Kundgebung zunächst von 130.000 Demonstranten gesprochen; später hatten die Veranstalter die Zahl angesichts der Polizeiangaben auf 80.000 Teilnehmer herunter korrigiert. Die Veranstaltung war wegen des großen Andrangs schon kurz nach Beginn wegen Sicherheitsbedenken abgebrochen worden.

Innensenator Andy Grote (SPD) erklärte die von der Polizei zunächst viel zu gering geschätzte Teilnehmerzahl am Donnerstag mit der schwierigen Situation. «Das hat damit zu tun, dass wir ständig weiteren Zulauf hatten, dass es eine unübersichtliche Situation vor Ort war.» Die herkömmliche Art der Zählung sei an Grenzen gestoßen. Zudem habe sich die Schätzung vor allem auf die angemeldete Versammlungsfläche am Jungfernstieg bezogen. «Und alles, was sich dann noch so weiter drumherum abgespielt hat, ist dann nicht mehr vollständig in die Betrachtungen gekommen.»

Abaci zeigte sich ob der neuen Zahlen beeindruckt: «Ich bin stolz auf die Stadt und stolz, ein Hamburger zu sein, weil das ein gigantisches Zeichen für Demokratie und Zusammenhalt ist.» Rein rechnerisch sei jeder zehnte Einwohner und jede zehnte Einwohnerin an dem Tag gegen rechts auf die Straße gegangen. «Das ist historisch», sagte er.

Abaci hatte nach Angaben der SPD im Anschluss an die Demonstration zahlreiche Beleidigungen und Drohungen aus rechtsextremen Kreisen erhalten. Viele Kundgebungsteilnehmer hätten sich von den Polizei-Zahlen irritiert gezeigt und bei ihm nachgefragt, weshalb er die Innenbehörde per E-Mail um eine Nachprüfung gebeten habe, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete.

In dem Antwortschreiben, das der dpa vorliegt, geht die Behörde auf Grundlage der Auswertung öffentlich einsehbarer Bildaufnahmen von einer Versammlungsfläche von rund 60.000 Quadratmetern aus. «Unter Zugrundelegung eines Erfahrungswertes von drei Personen je Quadratmeter ergibt sich rechnerisch eine Größenordnung von 180.000 Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern», heißt es in dem Schreiben.

Die Innenbehörde verwies darauf, dass die Nachprüfung nur ausnahmsweise und «aufgrund des besonderen Charakters, der besonderen Größenordnung und des öffentlichen Interesses an der Teilnehmendenzahl» durchgeführt worden sei. «Eine nachträgliche Berechnung, wie oben dargestellt - anhand von Flächengrößen - ist polizeilich im Normalfall nicht vorgesehen.»

Abaci nannte die Schätzung immer noch «konservativ», da die Menschen vor der Kundgebungsbühne am Jungfernstieg so dicht gedrängt gestanden hätten, dass von mehr als drei Personen pro Quadratmeter ausgegangen werden müsse, sagte er. «Außerdem konnten viele Menschen wegen überfüllter U- und S-Bahnen gar nicht erst bis zur Kundgebung gelangen.»

Die Demonstration war nach Bekanntwerden einer Recherche des Medienhauses Correctiv zu einem Treffen radikaler Rechter mit einzelnen Politikern von AfD, CDU und Werteunion in Potsdam organisiert worden. Dort hatte der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, nach eigenen Angaben über das Konzept der «Remigration» gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.

Die AfD hatte die vermeldeten Teilnehmerzahlen schon kurz nach der Kundgebung angezweifelt und von Manipulationen durch die Medien gesprochen. «Bestellte Massen demonstrieren gegen die AfD. Doch bei den in den Medien veröffentlichten Bildern fallen inzwischen zahlreiche Fälle von Bildmanipulationen auf. Warum haben sie das nötig?», schrieb der vom Landesverfassungsschutz als Rechtsextremist eingestufte Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke auf der Plattform X (ehemals Twitter) mit Bezug auf ein von der dpa veröffentlichtes Bild von der Kundgebung. Faktenchecks widerlegten jegliche Manipulation.

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