Nationalmannschaft
Flick braucht elf Richtige: Mit «All-In»-Mentalität siegen
Flick braucht elf Richtige: Mit «All-In»-Mentalität siegen
Flick braucht elf Richtige: Mit «All-In»-Mentalität siegen
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Die Angst spielt mit. Der drohende WM-K.o. gegen Spanien ist für Hansi Flick eine Belastung. Der Bundestrainer muss das richtige Personal wählen. Eine WM-Regel wird einfach ignoriert.
Hansi Flick will den drohenden WM-K.o. mit allen Mitteln verhindern. «All-in-Mentalität» hatte der Bundestrainer für das Turnier in Katar von seinen Spielern gefordert. Und die lebt er vor dem Duell der Nationalmannschaft mit Angstgegner Spanien am Sonntag (20.00 Uhr/ZDF und Magenta TV) notgedrungen selber vor.
«Es geht darum, da zu sein und die beste Performance zu zeigen», forderte Flick einen entscheidenden Leistungskick im Vergleich zum 1:2-Frust beim WM-Auftakt gegen Japan.
Die Knallhart-Aussprache nach dem Fehlstart im Teamhotel am Nordzipfel Katars hat für Flick eine reinigende Wirkung gehabt. Deutschland nicht mehr Fußball-Weltklasse? Diese provokant klingende, aber mittlerweile total berechtigte Frage bügelte Flick etwas trotzig ab. «Das wird das Spiel am Sonntag zeigen. Vielleicht hat man dann eine bessere Antwort darauf», sagte Flick. All-in, eben.
Nur alleine vor der Presse
Für den maximalen Erfolg und die bestmögliche Vorbereitung für seine bislang schwerste Trainer-Prüfung riskierte Flick sogar einen Affront und erschien entgegen der für alle 32 WM-Mannschaften festgelegten Regeln alleine zum Medien-Date mit der versammelten Weltpresse. Keinem seiner 26 Profis war aus DFB-Sicht die gut 100 Kilometer-Fahrt ins Medienzentrum in Doha durch die Wüste «zuzumuten», wie der Bundestrainer meinte.
Alles oder nichts. Flick kennt die Konstellation. Eine Niederlage gegen Spanien - und alles könnte am Sonntag vorbei sein. Er selbst stünde als Bundestrainer auf der Kippe. Ein Sieg - und plötzlich wäre die sportliche und psychologische Wende geschafft. Die dann punktgleichen Spanier hätten am letzten Spieltag mit Japan die schwerere Aufgabe als die DFB-Elf mit Costa Rica. Es ist, so düster die Szenarien in der von Manuel Neuer und Kai Havertz monierten deutschen Fußball-Tristesse auch gemalt werden, eben noch alles drin.
«Wir werden individuell eine Mannschaft sehen, die weiß, um was es geht. Die versucht, alles zu tun, um die Tür zum Achtelfinale noch offenzuhalten», versprach Flick. Dafür braucht er jetzt elf Richtige. Bei der Personalauswahl hielt sich der 57-Jährige aber noch total bedeckt. Über Nacht hoffe er auf weitere Eingebungen, so sein launig vorgetragenes Statement. «Morgen früh bin ich dann ein bisschen schlauer», sagte Flick.
Sané-Einsatz unklar
Fest steht: Ob Leroy Sané nach seiner Knieverletzung sein WM-Debüt feiern kann, entscheidet sich aus medizinischer Sicht erst am Spieltag. Herauszuhören war, dass Joshua Kimmich nicht - wie hier und da vom lauten Chor der vielen Experten gefordert - auf die Postion des Rechtsverteidigers zurückversetzt wird. Eine Kombination mit Kimmich, Ilkay Gündogan und Leon Goretzka als Power-Puffer gegen spanische Filigrantechnik im Mittelfeld schloss Flick nicht generell aus, erscheint aber unwahrscheinlich. Vermutlich ändert Flick ganz seinem Naturell entsprechend wenig an Personal und taktischer Statik.
Es geht schließlich gegen Spanien. An diesem übergroßen Fußball-Komplex hatte sich schon Vorgänger Joachim Löw über Jahre erfolglos abgearbeitet. Brasilien, Argentinien, England, Frankreich, Italien. Alle großen Fußball-Nationen wurden unter Löw früher oder später in Pflichtspielen bezwungen. Nur Spanien eben nicht.
Der Sieben-Tore-Wirbel der Furia Roja gegen ein hilfloses Costa Rica am Mittwoch verschärfte den Eindruck, dass da eine Übermacht auf eine neue Demütigung wartet. Als sei das 0:6 vor genau zwei Jahren in der schwarzen Nacht von Sevilla nicht noch höchst unangenehm in den deutschen Köpfen präsent. «Das ist Vergangenheit. Das interessiert mich nicht. Jetzt ist die Zukunft, und wir wollen gucken, dass wir Spanien besiegen», sagte Flick nach seiner Extra-Zeit zum Grübeln auf der Anfahrt im Shuttle Bus nach Doha.
Prekäre Situation
DFB-Direktor Oliver Bierhoff erlebt den Bundestrainer vor seiner schwersten Prüfung als «ruhig und gefestigt». Klar ist aber auch. Beim Sieben-Titel-Sturm mit dem FC Bayern München war die Lage nie auch nur ansatzweise so prekär. Als Assistent von Bundestrainer Joachim Löw stand er in komplizierten WM-Momenten wie vor dem letzten Gruppenspiel 2014 gegen Jürgen Klinsmanns US-Team (1:0) nicht in der ersten Reihe.
Damals half Flick, das richtige Personal zu finden. Das muss nun gegen einen ungleich mächtigeren Gegner wieder gelingen. Außer Kapitän Manuel Neuer, der vor seinem 18. WM-Spiel steht und mit den Turnier-Rekordtorhütern Sepp Maier und Claudio Taffarel gleichzieht, und Abwehrchef Antonio Rüdiger wird praktisch über jede Position noch debattiert. Geht die All-In-Mentalität nicht auf, das weiß auch Flick, ist das von Bierhoff ihm anvertraute Projekt «Zurück in die Weltspitze» in nur 16 Monaten gescheitert.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Spanien: 23 Simon - 20 Carvajal, 16 Rodri, 24 Laporte, 18 Alba - 5 Busquets - 26 Pedri, 9 Gavi - 11. F. Torres, 7 Morata, 21 Olmo
Deutschland: 1 Neuer - 5 Kehrer, 15 Süle, 2 Rüdiger, 3 Raum - 6 Kimmich, 21 Gündogan - 10 Gnabry, 13 Müller, 14 Musiala - 7 Havertz
Schiedsrichter: Danny Makkelie (Niederlande)