Turnen bei Olympischen Spielen

Olympia-Abschied mit Herzschmerz: Dauser ohne Medaille

Olympia-Abschied mit Herzschmerz: Dauser ohne Medaille

Olympia-Abschied mit Herzschmerz: Dauser ohne Medaille

dpa
Paris
Zuletzt aktualisiert um:
44 Tage nach seiner Oberarmverletzung turnt Lukas Dauser im Olympia-Finale. Foto: Marijan Murat/dpa

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die olympische Karriere von Lukas Dauser ist beendet. Für ein Happy End reicht es nicht. Ein noch nie geschehener Fehler kostet ihn eine Medaille. Wie lange er noch weiter turnt, lässt er offen.

Das Herz schmerzte mehr als der lädierte Oberarm, der Kopf war leer: Turn-Weltmeister Lukas Dauser hat die olympische Bühne ohne den ersehnten glanzvollen Abgang verlassen. Ein Fehler, der ihm zuvor noch nie passiert ist, hat den 31-Jährigen bei den Olympischen Spielen in Paris die mögliche Medaille gekostet. Mit 13,700 Punkten blieb dem Olympia-Zweiten von Tokio im hochklassigen Barren-Finale nur der enttäuschende siebte Rang.

«Es ist schon bitter», gestand der traurige Unterhachinger in den Katakomben der Arena Bercy. «Auf jeden Fall» schmerze am meisten das Herz. Er sei nicht in seinen Wettkampf-Modus gekommen. «Das ist extrem bitter», wiederholte er, «ich hätte mir nach der Geschichte natürlich ein Happy End gewünscht, dass ich einfach eine schöne Übung turne. Schade. Es kann nicht jeder ein Happy End haben, auch wenn ich Geschichten ohne Happy End nicht mag», sagte Dauser. «Relativ viel Leere» habe er im Kopf.

Lob für den Dauereinsatz des Physiotherapeuten

Seine Geschichte ist die eines Muskelbündelrisses im rechten Bizeps, den er sich 44 Tage vor seinem Barren-Finale zugezogen hatte. Dass er überhaupt in Paris seine dritten Olympischen Spiele erlebte, hatte Deutschlands Sportler des Jahres 2023 zuletzt immer als ein Wunder bezeichnet. «Großes Lob an Cyrus, dass er das hingekriegt hat. Das ist Wahnsinn», sagte Bundestrainer Valeri Belenki zum Dauereinsatz von Physiotherapeut Cyrus Salehi.

Während ihm sein Arm keine Probleme bereitete, wirkte sich die Blessur auf seine Vorbereitung aus. Weil er seine Übung nicht oft genug trainieren und automatisieren konnte, unterlief ihm ein bis dahin noch nie erlebter Fehler. Beim Element namens Tsolakidis geriet er aus der Balance und schlug mit dem Bein auf den linken Holm. «Der Fehler ist mir noch nie passiert bei dem Element», gab Dauser zu, «nach dem Ding war mir klar, dass es vorbei ist. Der Rest war dann gar nicht so scheiße.»

Vorbereitung grenzte «an den blanken Wahnsinn»

Sein Heimtrainer Hubert Brylok in Halle/Saale hatte in diesem Moment nur einen Gedanken: «Scheiße! Das hat unheimlich weh getan. Der seelische Schmerz war größer als der am Holm. Bei uns beiden.» Akribisch hatten er und sein Schützling auf diesen Final-Tag hingearbeitet und dabei das Handicap der Muskelverletzung überwunden. «Wir wissen, was er in den letzten Wochen investiert hat. Das grenzt schon an den blanken Wahnsinn, wie er sich geschunden hat, gekämpft hat, um wieder ranzukommen. Das war der blanke Wahnsinn», berichtete der Coach.

Wie lange er Dauser noch unter seinen Fittichen haben wird, ist unklar. Sicher hingegen ist, dass der Barren-Weltmeister nicht mehr bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles antreten wird. «Vier Jahre werde ich nicht mehr machen», verkündete er. Nach Paris werde er noch die Bundesliga-Saison zu Ende turnen sowie beim Swiss Cup antreten. 

Karriereende bleibt offen

Bis zum Jahresende will sich der 31-Jährige, der im September erstmals Vater wird, entscheiden, ob er seine Karriere beendet oder noch mindestens bis zur Heim-Europameisterschaft im kommenden Jahr in Leipzig weiter turnt. «Es ist ein Anreiz, aber mehr auch nicht», sagte er und fügte an: «Ich habe viel erreicht in meiner Karriere, darauf bin ich jetzt schon sehr stolz. Dass es heute nicht geklappt hat, darüber bin ich sehr enttäuscht.»

Als Dauser zu seiner letztlich verpatzten Übung an den Barren trat, hatte der Chinese Zou Jingyuan seine fabelhafte Darbietung mit 16,200 Punkten gerade beendet und damit wie 2021 in Tokio Gold gewonnen. Silber gewann Illia Kowtun aus der Ukraine mit 15,500 Zählern. Bronze holte sich Team- und Mehrkampf-Olympiasieger Shinnosuke Oka aus Japan mit 15,300 Punkten.

Mehr lesen