Hamilton fordert mehr

Wo der Kampf begann: Diversität in der Formel 1

Wo der Kampf begann: Diversität in der Formel 1

Wo der Kampf begann: Diversität in der Formel 1

dpa
Budapest
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Bruder Nicolas Hamilton (r.) ist auch Rennfahrer. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

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Ralf Schumachers Schritt, seine Homosexualität öffentlich zu machen, ist auch Thema im Fahrerlager in Ungarn. Auf dem Hungaroring beginnt der Kampf um mehr Diversität so richtig.

Lewis Hamilton ist noch immer der einzige schwarze Fahrer, eine Frau in einem Stammcockpit nicht mal in ferner Sicht. Wie divers ist die Formel 1 eigentlich mittlerweile? Es gibt Beteuerungen und Bemühungen, Initiativen und Projekte. «Es ist eine Sache, zu sagen, dass etwas inklusiv ist, die andere ist es, eine Umwelt zu schaffen, in der sich Betroffene frei und wohlfühlen», sagt Lewis Hamilton. 

Die Formel 1 sei ein Raum, der von Männern dominiert werde. Immer noch. «Wir können zu 100 Prozent mehr machen», betont der 39 Jahre alte Brite. Eine Teamchefin gibt es derzeit nicht in den zehn Rennställen, vereinzelt aber immerhin Frauen auf wichtigen Positionen, wie Red Bulls Strategin Hannah Schmitz. «Es war schwer, eine der ersten Frauen zu sein, die am Kommandostand sitzt», sagte die Britin einmal. 

Ihr Landsmann Hamilton ist wie Michael Schumacher mit sieben Titeln Rekordweltmeister der Motorsport-Königsklasse, er ist aber auch der Vorkämpfer im Kampf gegen Rassismus und für Gleichberechtigung und Diversität.

Hamilton blickt zurück

Dass Michaels Bruder Ralf Schumacher seine Homosexualität jüngst öffentlich gemacht hat, bezeichnet Hamilton als «positive Botschaft». 2007 fuhr er auch noch gegen den mittlerweile 49-Jährigen. Es war Hamiltons erste und Ralf Schumachers letzte Saison in der Rennserie, die viele Jahrzehnte allein vom Macho- und Männer-Image geprägt war. «Er hat sich in der Vergangenheit offensichtlich nicht wohlfühlt, es zu sagen», meinte Hamilton. 

Dass das nicht mehr so ist, ist auch ein Verdienst des Briten sowie dessen ehemaligem Rivalen Sebastian Vettel. «Die Veränderung begann hier, als ich mit Seb auf dem Grid stand und wir dagegen gekämpft haben, was die Regierung machte», erinnerte sich Hamilton an den Großen Preis von Ungarn vor drei Jahren. 

Vettel hatte unmittelbar vor dem Rennen bei der ungarischen Hymne ein T-Shirt in Regenbogenfarben getragen mit der Aufschrift «Same Love» - und er war dafür verwarnt worden. Vom damaligen Rennleiter hatte es geheißen, dass den Piloten die Möglichkeit gegeben sei, vor dem Start die Unterstützung für die offizielle Formel-1-Kampagne «We race as one» zu zeigen. Die Hymne des Gastgeberlandes solle aber respektiert werden, indem die Fahrer ihre Rennanzüge tragen würden. 

Doch ist es genau der Moment, in dem Kameras auf den Fahrern sind und so jegliche Statements eine große Reichweite haben. Ende 2022 nahm der Weltverband dann aber auch noch einen neuen Artikel in den Internationalen Sportkodex auf, der das Zeigen politischer Botschaften ohne vorherige Genehmigung verbietet. Protest mit abgezogener Handbremse gewissermaßen.

Ralf Schumacher kritisierte Hamilton für dessen Proteste

Vettel wie auch Hamilton hatten Stellung zu einem geplanten Referendum gegen Rechte nicht heterosexueller Menschen (LGBT) in Ungarn bezogen. Es sei beschämend für das Land, hatte Vettel gesagt. Schon vorher hatte vor allem Hamilton die globale Bühne der Formel 1 genutzt, die von den Veranstaltern zweistellige Millionensummen für ein Rennen kassiert, um politische Statements abzugeben. 

Hamilton prangerte auch Verstöße gegen Menschenrechte auf offener Formel-1-Bühne an, was lange undenkbar schien und ihm auch Kritik von Ralf Schumacher eingebracht hatte. «Seine Werte sind ganz wichtig und er kann die auch auf Instagram und in den anderen sozialen Netzwerken vertreten - die Frage ist nur, wieso er es immer im Mercedes-Anzug und an den Rennstrecken machen muss», hatte dieser im November 2020 bei Sport1 gesagt. «Auch wenn Ralf meinte, es sei keine gute Idee, solche Dinge zu tun, hat er heute vielleicht seine Meinung geändert», sagte Hamilton jetzt in Budapest. 

Ralf Schumacher habe mit seinem Coming-out nun auch anderen den Weg geebnet, lobte der Brite. Es liege aber noch ein langer Weg vor der Formel 1, die in ihren Statuten auch die Verpflichtung zu mehr Diversität und Inklusion festgeschrieben hat und den Reaktionen auf Ralf Schumachers Schritt eine eigene Story auf der Homepage widmete. 

Stereotypen einer von Testosteron getriebenen und gesteuerten Männerdomäne sollen abgebaut werden. Trotz der eigenen Rennserie F1 Academy seit 2023 unter der Führung von Susie Wolff sind die Aussichten auf eine Pilotin in der Startaufstellung der Formel 1, in der es seit 2018 die sogenannten Grid Girls nicht mehr gibt, aber weiter gering. Was aber auch statistische Gründe hat: Es fahren einfach viel mehr Jungs als Mädchen im Kart und am Ende gibt es nur 20 Cockpits in der Formel 1.

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