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Derbysieg für die Geschichtsbücher versetzt SG Flensburg-Handewitt in Ekstase

Derbysieg für die Geschichtsbücher versetzt SG Flensburg-Handewitt in Ekstase

Derbysieg versetzt SG Flensburg-Handewitt in Ekstase

Jannik Schappert/shz.de
Flensburg
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Torwart Benjamin Buric hatte großen Anteil am Flensburger Erfolg. Foto: Michael Staudt/shz.de

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Die SG sorgte am vierten Advent für einen Paukenschlag in der Handball-Bundesliga. Wie kam es zu dem historischen Flensburger Sieg?

Die Fans der SG Flensburg-Handewitt sangen und hüpften, die Spieler tanzten ausgelassen auf dem Feld. „Derbysieger, Derbysieger“, hallte es durch die pickepackevolle „Hölle Nord“, die am vierten Advent lichterloh brannte. Mit einer historischen 36:23 (17:12)-Abreibung schickte das Team von Maik Machulla den THW Kiel auf die kurze Heimreise. Der 38. SG-Sieg im 107. Duell der Landesrivalen landet in den Geschichtsbüchern – als höchster Flensburger Derbysieg aller Zeiten.

Als die Hausherren mit ihren Anhängern die Handball-Gala feierten, waren die Profis des Rekordmeisters längst in der Kabine verschwunden. Sie verloren neben dem Derby auch die Bundesliga-Tabellenführung an die Füchse Berlin. Weihnachten verbringen die „Zebras“ in der Verfolgerrolle.

Flensburger Freudentaumel, Kieler Tristesse

„Bei uns hat alles funktioniert. Ein besseres Spiel kann man nicht abliefern“, sagte Mads Mensah, einer der vielen Flensburger Garanten für den Sieg. Benjamin Buric meinte, die beste Leistung der SG „seit sehr langer Zeit“ gesehen zu haben. Coach Machulla freute sich: „Es ist schön zu sehen, dass alles geklappt hat, was wir uns vorgenommen haben.“ Er sei „sehr stolz auf jeden einzelnen meiner Spieler. Wir stehen eng zusammen, das haben wir heute gezeigt.“

Auf Kieler Seite herrschte Tristesse. „Man kann in Flensburg verlieren, aber nicht mit 13 Toren“, sagte Domagoj Duvnjak. Der THW-Kapitän musste festhalten:

Niklas Landin sah zu viele Baustellen im Kieler Spiel. „Angriff, Abwehr, zweite Welle – Flensburg war in vielen Bereichen besser“, meinte der dänische Schlussmann. „Das war nicht das optimale Abschiedsderby in Flensburg für mich.“ Landin verlässt den THW im Sommer und wechselt zu Aalborg.

Die SG hatte sich vorgenommen, Kiel mit hohem Tempo auszuhebeln – und setzte diesen Plan von Minute eins bis Minute 60 in die Tat um. Das Gäste-Team von Filip Jicha war am Donnerstag noch in der Champions League in Aalborg gefordert gewesen, Machullas Mannschaft hatte zwei Tage länger Pause. „Wir hatten große Probleme mit Flensburgs Schneller Mitte“, beobachtete Jicha. Oft lag der Ball schon im Tor, da waren die Kieler in der Abwehr noch gar nicht sortiert.

SG stellt eine bärenstarke Abwehr

Ballverluste bestrafte die SG wie in ihren besten Zeiten. Binnen 16 Sekunden konterten Teitur Einarsson und Emil Jakobsen, mit acht Toren der beste Werfer des Spiels, zum 11:8 und 12:8 (22. Minute). Die „Hölle Nord“ kochte, Sitzplätze gab es gestern ohnehin nur selten. Der zu Beginn ebenfalls starke Landin bekam immer seltener eine Hand an den Ball, Buric hingegen hielt sein Niveau.

Jicha versuchte alles. Er wechselte sein Personal, stellte die Abwehr um, nahm die Auszeit. All das tangierte die Flensburger nicht. Vor Buric deckten Simon Hald, Johannes Golla und Co. bärenstark. Kiels Kreisläufer Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler waren komplett abgemeldet. Die SG-Abwehr ging äußerst aggressiv zu Werke, was die Schiedsrichter Schulze/Tönnies zuließen. Nur Magnus Röd musste einmal für zwei Minuten auf die Bank.

Die „Zebras“ wirkten beeindruckt, Jakobsen erhöhte auf 16:10 (28.). Zur Pause führte Flensburg 17:12.

Kurzes THW-Aufbäumen nach der Pause

90 Sekunden nach dem Seitenwechsel stand es nur noch 17:15. Konnte das Derby kippen? „Ein bisschen Sorge hatte ich“, gestand Machulla. Die bestens aufgelegten Jim Gottfridsson und Röd beseitigten die Zweifel des Trainers mit ihren Treffern zum 19:15. Die SG-Reaktion auf das kurze THW-Aufbäumen nahm den Gästen scheinbar den Glauben, an der dänischen Grenze etwas holen zu können. „Es war dann relativ schnell klar, dass wir heute nicht mehr die Möglichkeit hatten, Flensburg Paroli zu bieten“, meinte Jicha.

Benjamin Buric in Gala-Form

Mensah ballte nach dem 20:15 (36.) die Fäuste Richtung Nordtribüne. Dann wieder Röd, dann wieder Gottfridsson – der SG-Rückraum glänzte und fand nun auch immer öfter Golla am Kreis. Der Kapitän erhöhte auf 24:17 (40.). Auch mit sieben Angreifern fand der THW kein wirklich adäquates Mittel gegen die SG-Deckung, hinter der Buric in dieser Phase nur selten zu überwinden war. Insgesamt hielt der Bosnier, der mit dem Rekordmeister in Verbindung gebracht wird, 15 Würfe.

Die Gegenwehr der Gäste war gebrochen, zumal Pekeler in der 47. Minute die Rote Karte sah. Der 31-Jährige hatte Gottfridsson unfair gefoult, als dieser schon frei durch war. Spielentscheidend war das nicht mehr – die Anzeigetafel zeigte zu diesem Zeitpunkt eine 27:19-Führung der SG an. Gnadenlos schraubten die Flensburger am Ergebnis und belohnten sich für eine starke Leistung mit einem Sieg in historischer Dimension. „Was soll ich sagen? Es war einfach geil“, jubelte Röd.

Duvnjak spürte direkt nach dem Ende Revanchelust. „Wir werden wieder aufstehen. Ich freue mich jetzt schon auf das Rückspiel, für das ich gerade eben eine große Portion Motivation erhalten habe“, sagte der Kroate.

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