Minderheiten

Amrum und Föhr: Warum Friesisch kein „normaler Fremdsprachenunterricht“ ist

Amrum und Föhr: Warum Friesisch kein „normaler Fremdsprachenunterricht“ ist

Warum Friesisch kein „normaler Fremdsprachenunterricht“ ist

Gesche Roeloffs
Flensburg/Flensborg
Zuletzt aktualisiert um:
Auf Amrum und Föhr gehört Friesisch zum Unterricht. Foto: Gesche Roeloffs

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Wie lernt man eigentlich Friesisch? Vor allem bei den verschiedenen Ausprägungen. Auf Föhr und Amrum soll das mit neuen Text- und Übungsheften gelingen.

Friesisch gehört auf Amrum und Föhr zum Unterricht wie Mathematik, Deutsch oder Sport. Doch ist beim Erlernen des Dialekts vieles anders als im normalen Unterricht. „Nehmen wir beispielsweise mal eine fünfte Klasse in Englisch. Es ist, was das Lehrmaterial angeht, unerheblich, wo diese Klasse sich befindet“, sagte Professor Volkert Faltings, ehemaliger Honorarprofessor Friesisch mit Schwerpunkt Sprach- und Literaturwissenschaft der Europa-Universität Flensburg und Direktor der Ferring Stiftung in Alkersum auf Föhr. Friesisch-Unterricht sei aber kein „normaler Fremdsprachenunterricht“.

Die Unterrichtsvoraussetzungen seien nicht einmal einheitlich innerhalb der unterschiedlichen Dialekte, betonte Faltings und wies darauf hin, dass auf dem benachbarten Festland hauptsächlich Schüler das Friesische als Fremdsprache erlernen, dass auf Föhr hingegen auch viele Muttersprachler im Friesisch-Unterricht seien. Die dialektale Zersplitterung - Faltings verglich die unterschiedlichen Mundarten mit Unterschieden in der dänischen und schwedischen Sprache - sei so groß, dass das Erstellen einheitlichen Lehrmaterials Probleme aufwerfe. Die Anzahl an Lern- und Lehrbüchern, so wie in anderen Fremdsprachen, sei entsprechend überschaubar.

Wer sollte sie auch schreiben, wenn nicht die verantwortlichen Pädagogen selbst? Und wer bebildert die Bücher, macht das Layout, komponiert, weiß, wie groß die Zahl an neuen Vokabeln sein kann für ein neunjähriges Kind und wie es diese dann anwenden kann? Eine sprachwissenschaftliche und logistische Herausforderung - nur zu meistern, wenn viele an einem Strang ziehen und selbst Muttersprachler sind.

Da schwamm eine Maus in der Milchkanne

„Diar sweemd en müs uun´t moolkkoon“ (Da schwamm eine Maus in der Milchkanne) ist das erste einer Reihe von Text- und Übungsheften im Föhringer und Amrumer Friesisch für den Grundschulunterricht, das die Ferring-Stiftung herausgegeben hat. Die sieben Reim- und Liedtexte stammen aus Faltings Feder, neue Liedmelodien - auf der Stiftungs-Homepage hörbar - komponierten Jan Faltings und Emilia Marienfeld, für das Buchlayout zeichnet Uta Marienfeld verantwortlich, für die lustige Bebilderung „Hofzeichnerin“ Maggy Fischer.

Buch didaktisch aufbereitet

Ein überaus glücklicher Zufall und Umstand ist während der Entstehungsphase des Buchs in Person von Merle Scheffen, Master-Lehramtsstudentin aus Hildesheim, noch hinzugekommen. Scheffen absolvierte ein Praktikum bei der Ferring-Stiftung und hat das kleine Lern- und Lehrbuch didaktisch so ansprechend aufbereitet, dass die jungen Schüler gerne damit arbeiten. Lückentexte, Fragen zum Text und vor allem am Buchende eine Übersetzung zur Selbstkontrolle. Friesisch-Lehrerin Enken Tholund konnte bei der Buchvorstellung bestätigen, dass das gelungene Unterrichtsmaterial sehr gerne und gut angenommen wird.

Karen Neelsen vom Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig Holstein, mit dessen finanzieller Unterstützung das Buch gedruckt werden konnte, und Nordfrieslands Schulrat Thomas Nonn, ließen es sich nicht nehmen, an der Buchvorstellung im Rahmen einer kleinen Feier teilzunehmen. Dabei bewiesen die Dritt-und Viertklässlern, dass die Lieder im Büchlein sich auch gut singen lassen. Drittklässler Marten hatte seinen Eltern schon eine Woche vor dem Auftritt mit dem Hinweis in den Ohren gelegen, dass er auf keinen Fall bei der Veranstaltung fehlen dürfe: „Diar skal ik nuadig hen!“ (Da muss ich dringend hin)

Mehr lesen