Nordfriesland

Bäcker, Friseur, Gastro: Das sagen Unternehmer zur Mindestlohnerhöhung

Bäcker, Friseur, Gastro: Das sagen Unternehmer zur Mindestlohnerhöhung

Das sagen Unternehmer zur Mindestlohnerhöhung

Marc Nasner/shz.de
Husum
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Birgit Martens-Groth schließt aufgrund permanent steigender Kosten jeden zweiten Sonnabend ihre Salons. Foto: Marc Nasner/shz.de

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Der Mindestlohn von 12 Euro ist da. Rund 15.175 Nordfriesen profitieren von der Erhöhung. Was bedeuten die gestiegenen Personalkosten für Unternehmer aus Nordfriesland?

Zum 1. Oktober steigt der Mindestlohn von 10,45 Euro auf 12 Euro. Was des einen Freud ist, ist des anderen Leid: Husumer Arbeitgeber sprechen über den neuen Stundenlohn. Was bedeutet er für die Arbeitnehmer?

Birgit Martens-Groth, Inhaberin des Friseursalons „Kamm In“ stellt die Erhöhung vor Probleme. Zwar habe sie lange den jeweiligen Mindestlohn gezahlt, die letzten Jahre mit Corona-Pandemie hätten jedoch an ihren finanziellen Möglichkeiten genagt. Jetzt sei eine erneute Erhöhung problematisch, sagt sie. Um dem erhöhten Stundenlohn zu begegnen, bat sie ihre Mitarbeiterinnen, die Arbeitszeit zu verkürzen. „Ich verstehe aber auch, dass meine Angestellten das nicht wollten. Sie müssen schließlich auch Geld verdienen.“

Jeden zweiten Sonnabend geschlossen

700 Euro mehr muss Martens-Groth, die Filialen in der Woldsenstraße und im Grünen Weg in Südermarsch betreibt, für Personal künftig mehr ausgeben. Sie habe sich daher beraten lassen, welche Einsparmöglichkeiten es gebe. „Wir schließen nun jeden zweiten Sonnabend die Salons und rücken dafür näher zusammen“, berichtet Martens-Groth. So müsse auch schneller gearbeitet werden. Aufgrund der allseits gestiegenen Kosten hat die Inhaberin bereits die Preise erhöht.

Drastische Erhöhung kann für Neid sorgen

Niels Hansen, Geschäftsführer der Bäckerei Hansen, sieht ein Problem der Gerechtigkeit: „Wenn der Mindestlohn um fast 20 Prozent angehoben wird, wollen Bäckergeselle und Meister auch 20 Prozent mehr haben“. Bei aktuell horrenden Kosten, sei dies problematisch. Daher habe er freiwillig allen 35 Angestellten schon Mitte des Jahres die Löhne um neun Prozent erhöht.

Da das Unternehmen in den vergangenen Jahren solide gewirtschaftet habe, gehe er nicht davon aus, dass erhöhte Lohnkosten - aktuell machen sie 45 Prozent des Gesamtbudgets aus - dazu führen, dass Arbeitsplätze unsicher werden. „Am Ende bleibt aber natürlich für uns weniger übrig.“ Für Hansen ist das Problem ein politisches. „Auch bei dieser Lohnsteigerung verdient der Staat durch Steuern mit“, bemängelt er. Im Niedriglohnsektor müsse das Geld jedoch in den Taschen der Menschen landen.

Nur Aushilfen betroffen

Im Cinema Diner am Husumer Kino sind die Angestellten nur teilweise von der gesetzlichen Erhöhung betroffen. „Meine Teilzeitkräfte verdienen ohnehin schon mehr“, sagt Inhaber Kim Ketelsen. Nur bei den Aushilfen müsse er den Lohn anpassen.

Neben den drastisch gestiegenen Kosten für Energie und Lebensmittel wie Rinderhack wirkt der Anstieg bei den Personalkosten für Ketelsen wie „der Tropfen auf dem heißen Stein.“ Er hoffe, sich weiter auf seine Kundschaft verlassen zu können. „Wir haben zum Glück einen sehr treuen Kundenstamm“, sagt der Inhaber.

Rund 15.000 Nordfriesen profitieren

Und wie steht es um die Angestellten der Hotellerie? „Dass in unserem Gewerbe immer nur Mindestlohn gezahlt wird, ist ein Ammenmärchen“, sagt der Dehoga-Vorsitzende für Nordfriesland-Süd, Ove Thomsen. Unternehmen, die ihr Personal an der Untergrenze bezahlen, sind die Ausnahme. „Der Mindestlohn ist unser geringsten Problem. Es geht in erster Linie um Energie“, so Thomsen.

In Nordfriesland profitieren rund 15.175 Menschen von der Erhöhung. Wobei Mathias Wötzel, Regionssekretär des Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Schleswig-Holstein Nordwest, finanziell kaum eine Verbesserung sieht: „Die aktuellen Energie- und Lebensmittelpreise fressen die Erhöhung direkt wieder auf“, sagt er. Statt einer erneuten Erhöhung hält Wötzel andere Lösungen wie einen Preisdeckel für Energie für sinnvoller. „Wünschenswert wäre natürlich, wenn Arbeitgeber stets nach Tarifen bezahlen.“

Kaum Kontrollen zur Einhaltung

Wötzel gibt zu bedenken, dass einige Arbeitgeber die Erhöhung des Mindestlohn umgehen. So würde im Dienstleistungsgewerbe des Trinkgeld verrechnet werden. „Es ist auch eine Leistungsverdichtung zu sehen. Für 12 Euro Stundenlohn erwarten manche Arbeitgeber auch mehr Leistung“, sagt Wötzel. Hierüber hat der DGB kürzlich am Klanxbüller Bahnhof Pendler aufgeklärt.

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