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Betrug beim Schiffsmakler? Nach fünf Jahren noch keine Gerichtsverhandlung

Betrug beim Schiffsmakler? Nach fünf Jahren noch keine Gerichtsverhandlung

Betrug beim Schiffsmakler? Noch keine Gerichtsverhandlung

Ove Jensen/shz.de
Flensburg
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Der Flensburger Hafen: Haben die Reeder hier über Jahre zu viel Geld für Dienstleistungen eines externen Unternehmers bezahlt? Foto: Ove Jensen/shz.de

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Zahlreiche Reedereien sollen zu hohe Rechnungen fürs Festmachen im Flensburger Hafen bezahlt haben. Die Staatsanwaltschaft erhob 2021 Anklage. Zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ist es bis heute nicht gekommen.

Zwei Umzugskartons mit Akten – 199 einzelne Taten mit Geschädigten in halb Europa. Es ist ein umfangreiches Verfahren, das dem Flensburger Amtsgericht bevorsteht. Es geht um Betrug und Urkundenfälschung. Schadenssumme: insgesamt rund 40.000 Euro. Ein Termin für die Hauptverhandlung steht noch immer nicht fest. Dabei liegen die Taten bereits fünf Jahre zurück.

Die möglichen Geschädigten sind Reedereien in halb Europa. Sie sollen über Jahre gefälschte Rechnungen für Dienstleistungen in Flensburg erhalten und beglichen haben.

Beschuldigter ist ein Flensburger Schiffsmakler, wie Gerichtssprecher Stefan Wolf bestätigt. Der Schiffsmakler übernimmt im Auftrag der Reedereien die Abfertigung der Schiffe, die den Flensburger Hafen anlaufen.

Für das Festmachen und andere Aufgaben wie zum Beispiel die Versorgung mit frischem Proviant hatte dieser Schiffsmakler wiederum ein anderes Unternehmen beauftragt, nämlich einen Schiffsausrüster. Dieser Ausrüster stellte seine Dienstleistungen den Reedereien in Rechnung, schickte die Rechnungen aber nicht direkt an die Reeder, sondern gab sie zur Weiterleitung beim Schiffsmakler ab.

Unterschriften gefälscht

Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft soll der Makler dann aber über Jahre regelmäßig Rechnungen mit höheren Beträgen ausgestellt und mit dem Namen des Schiffsausrüsters unterschrieben haben.

Das soll 2018 durch einen Zufall aufgefallen sein, als der Ausrüster mit einem Wissenschaftler auf dem polnischen Forschungsschiff „Nawigator XXI“ ins Gespräch kam, das immer wieder in Flensburg festmacht. Dieser Wissenschaftler erwähnte höhere Rechnungsbeträge als die, die der Ausrüster veranschlagt hatte.

2021 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage, später reichte sie noch weitere Fälle nach. Im vergangenen Herbst gab es bereits einen Eröffnungstermin für eine Verhandlung vor dem Amtsgericht. Der Termin wurde aber wieder abgesagt. Der zuständige Richter wechselte. Der Nachfolger musste sich neu einarbeiten in die Akten aus den zwei Umzugskartons.

Jahrelange Verfahren am Amtsgericht eher die Ausnahme

Wann der Beschuldigte damit rechnen muss, auf der Anklagebank zu sitzen, ist weiterhin unklar. Der Schiffsmakler selbst möchte sich zum laufenden Verfahren nicht äußern, sagt aber, er sehe der Verhandlung gelassen entgegen.

Dass zwischen Anklage und Strafverhandlung mehrere Jahre vergehen, kommt immer wieder vor, ist aber eher selten. Genaue Zahlen dazu sind in Schleswig-Holstein nicht greifbar, eine Durchsicht der Verhandlungen vor dem Flensburger Amtsgericht in den vergangenen Monaten ergibt aber, dass es in rund 80 Prozent der Fälle um Taten aus diesem und dem vergangenen Jahr ging. Der Rest stammt überwiegend aus dem Jahr 2021.

Längere Wartezeiten gibt es insbesondere bei Betrugsfällen wie hier, aber auch bei Kinderpornographie und gelegentlich bei Drogendelikten. Schnell geht es meist dann, wenn ein Beschuldigter in Untersuchungshaft sitzt. Denn dann muss die Verhandlung innerhalb von sechs Monaten beginnen.

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