Schleswig-Holstein

Gefahr für Igel: Achtung, Mähroboter!

Gefahr für Igel: Achtung, Mähroboter!

Gefahr für Igel: Achtung, Mähroboter!

Sina Wilke/shz.de
Schleswig-Holstein
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Igel sind gern im Garten unterwegs. Vor Mährobotern laufen sie allerdings nicht weg – mit schlimmen Folgen. Foto: www.imago-images.de

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Immer öfter werden Igel durch Mähroboter verstümmelt – und das sind nicht die einzigen Gefahren, die im Garten auf sie lauern. Dabei gäbe es einfache Lösungen.

Die Verletzungen können furchtbar sein: abgetrennte Nasen, zerstückelte Füße, weggeschnittene Gesichtshälften. Wenn ein Igel an einen Rasenmähroboter gerät, geht es selten gut für den Insektenfresser aus. „Obwohl viele Hersteller es behaupten, erkennen Mähroboter Igel nicht. Das haben sämtliche Tests gezeigt“, weiß Dr. Anne Berger vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin.

Die Biologin begleitet eine Datensammlung, in der seit einem Jahr Funde von verletzten Igeln zusammengetragen werden. Seither wurden bereits Hunderte Fälle belegt – und die Dunkelziffer ist hoch. „Viele Tiere werden erst gar nicht gefunden oder gemeldet“, erklärt Anne Berger. Tatsächlich ist ein verletzter Igel schwer zu finden, denn um keine leichte Beute zu werden, zieht er sich zurück und leidet still. Außerdem sind es meistens Igel- oder Wildtierstationen, die Fälle an das Institut weitergeben. „Davon gibt es aber gar nicht so viele“, erklärt Anne Berger.

Und die, die es gibt, sind oft am Rande des Leistbaren: „Einen durch einen Mähroboter verletzten Igel zu pflegen ist viel teurer und zeitaufwändiger als einen Igel, der dehydriert oder von Parasiten befallen ist“, erklärt die Biologin. Zudem nehme die Pflege viele Helfer „auch mental sehr mit.“ Kein Wunder, wenn man die Schilderungen der Expertin hört: Igel, die wochenlang mit abgetrennter Nase herumlaufen und kaum noch fressen können; Tiere, in deren offenen Wunden Fliegen ihre Eier abgelegt und die nun buchstäblich bei lebendigem Leib von Maden aufgefressen werden.

Laubbläser pusten kleine Igel durch die Luft

Und es wird schlimmer: Igelstationen haben in diesem Frühjahr einen Anstieg der Fälle um 30 bis 50 Prozent zum Vorjahr gemeldet – wahrscheinlich, weil immer mehr Mähroboter verkauft werden, glaubt Anne Berger.

Fatal: Igel flüchten nicht bei Gefahr, sondern rollen sich zusammen. Wenn sich dann im Frühjahr die Mäher wieder in Gang setzen und die Winterschläfer aus ihren Verstecken kommen, steigen die Fälle verletzter Igel an und nehmen im Sommer weiter zu. Doch selbst im Herbst und Winter sind die stachligen Säuger, die man im Garten gern mal laut grunzen oder schmatzen hört, nicht sicher.

Denn auch Laubbläser sind eine Gefahr: „Im Herbst sind die kleinen Jungigel unterwegs“, erklärt Anne Berger. Die manchmal nur wenige hundert Gramm leichten, tennisballgroßen Tiere werden dann immer wieder entweder von Laubsaugern, die Herbstblätter auffangen sollen, eingesogen oder vom Gebläse durch die Luft geschleudert, so dass sie sich die Knochen brechen.

Selbst im Winterschlaf sind Igel nicht sicher

Noch später im Jahr kann gar ihr Winterschlaf ein böses Ende nehmen: „In der Brutsaison darf man keine großen Heckenschnitte machen. Deshalb werden im Herbst und Winter oft die elektrischen Heckenscheren herausgeholt“, erklärt Anne Berger – und diese schneiden regelmäßig in die Nester, in denen die Igel schlafend und heruntergekühlt liegen. „Oft gehen die Gartenbesitzer mit ihren Rasen- und Heckentrimmern viel zu dicht ans Gebüsch“, sagt Anne Berger – und appelliert daran, Abstand von potenziellen Unterschlupfen zu halten und vor einem Schnitt immer zu kontrollieren, ob ein Nest da ist.

Die Besitzer von Mährobotern wiederum könnten die meisten Unfälle leicht verhindern: Indem sie ihre Geräte erst zwei Stunden nach Sonnenaufgang an- und bereits zwei Stunden vor Sonnenuntergang wieder ausstellen. „Damit würden die meisten Igelunfälle verhindert“, weiß Anne Berger. Dennoch dürfe man die Verantwortung nicht allein bei den Gartenbesitzern abladen. „Denn man wird es nie schaffen, alle zu informieren.“ Obwohl mittlerweile viel aufgeklärt werde, „gibt es immer noch Leute, die nichts davon wissen und dann vollkommen schockiert sind, wenn ihnen das passiert.“

Laubbläser hinterlassen tote Erde

Und selbst wer um die Gefahren für die Tiere weiß – „einige interessiert es nicht“, sagt Anne Berger. „Die sagen, dass sich das feuchte Gras abends besser schneidet oder sie nachts mähen müssen, weil tagsüber ihre Kinder auf dem Rasen laufen.“ Daher müsse ihrer Meinung nach die Verantwortung an die Hersteller zurückgegeben werden. „Es gibt leichte technische Lösungen, mit denen die Mähroboter nachts gar nicht fahren können. Die Hersteller müssten da politischen Druck bekommen.“

Und Laubbläser? Anne Berger ist nicht die Einzige, die am Sinn der Geräte zweifelt. Denn die sind bekanntlich nicht nur laut und verbrauchen Energie, sondern schaden nicht nur Igeln. „Das Schlimme ist, dass sie die obere Bodenschicht zerstören“, weiß die Biologin. „Alles, was lebt – auch die Nahrungsgrundlage für Igel – ist dann weg. Der Boden wird sozusagen totgeblasen.“

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