Umweltschutz auf Sylt

Gegen das Insektensterben: Neue Blühwiesen auf Sylter Friedhöfen

Gegen das Insektensterben: Neue Blühwiesen auf Sylter Friedhöfen

Gegen Insektensterben: Blühwiesen auf Sylter Friedhöfen

Oliver Sippel/shz.de
Sylt
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Auf Sylts Friedhöfen entstehen derzeit blütenreiche Lebensräume für Insekten. Foto: Oliver Sippel/shz.de

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Auf den Friedhöfen in Westerland, Keitum und Morsum entstehen prächtige Blühwiesen für Insel-Brummer.

Sylt unternimmt etwas gegen das Insektensterben und schafft neue Lebensräume für die Insel-Insekten und zwar auf den Friedhöfen in Westerland, Keitum und Morsum. Dort sollen großzügige Blühwiesen zum Brummen gebracht werden.

Zahl der Insekten drastisch eingebrochen

Denn: Die Zahl der Insekten in Deutschland ist dramatisch eingebrochen. Nur noch rund ein Viertel so viele Bienen, Falter, Grillen und Käfer wie vor 30 Jahren fliegen auf Wiesen und in den Gärten umher, so das dramatische Ergebnis aktueller Studien.

Für die Natur bedeutet das: Nicht nur die Bestäuber zahlreicher Pflanzenarten schwinden, sondern auch das Futter insektenfressender Vögel – mit weiteren Auswirkungen auf den Rest der Nahrungskette. Der Grund liegt neben der übermäßigen Verwendung von Pestiziden insbesondere in den Monokulturen der Landwirtschaft: Den Insekten gehen Lebensräume und Nahrungsgrundlagen aus.

Neues Zuhause für Insekten auf Sylt

Dabei gibt es in nahezu jeder Gemeinde zahlreiche Grünflächen, die den Insekten ein neues Zuhause bieten könnten – doch anstatt als bunt blühende Wiese zu gedeihen, werden viele dieser Flächen stattdessen regelmäßig kurz gemäht. „Das vertragen nur wenige Wildkräuter, so dass von Gräsern dominierte Rasen entstehen“, erklärt Norma Kujath. Sie ist Ansprechpartnerin des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL) zum Landesprojekt „Blütenbunt-Insektenreich“, das in Zusammenarbeit mit der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein und dem Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik dieser Entwicklung entgegensteuern will.

„Wir sind auf der Suche nach nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen ab 1.000 Quadratmetern“, erklärt sie. „Das können Freiflächen auf Firmengeländen sein, Säume auf Wirtschaftswegen – oder kommunale Grünflächen, wie beispielsweise Wiesen um Feuerwehren.“ Oder – wie im Fall der Gemeinde Sylt – auf den Grünflächen der Kirchengemeinden. „Auf unseren Friedhöfen in Westerland, Keitum und Morsum entstehen zunehmend Freiflächen“, erzählt Johannes Sprenger, Friedhofsverwalter des Westerländer Friedhofes. Zu den Gründen zählt er die schwindende Zahl an Einwohnern sowie die zunehmenden See- und Urnenbestattungen.

Wiesen werden nur noch zweimal pro Jahr gemäht

Anfangs wurden die freigewordenen Flächen als Wiesen angelegt, „mit entsprechend hohem Personal- und Kostenaufwand, aber ohne wirklichen Nutzen“, erinnert sich Keitums Friedhofsverwalter, Lorenz Petersen. Sein Friedhof ist der erste, der mit der professionellen Unterstützung von Norma Kujath um erste wildblühende Wiesen bereichert wurde. Westerland hatte bereits in Eigenregie versucht, eine Wildblumenwiese anzulegen, „mit eher mäßigem Erfolg“, erinnert sich Sprenger. Mit Hilfe der Expertin soll dort nun ein neuer Versuch gestartet werden.

„Häufig genügt es bereits, die Pflege von Grünflächen zu verändern, um das vorhandene Artenpotenzial zu fördern“, erklärt Norma Kujath. Bedeutet: Die Wiesen werden nur noch maximal ein- bis zweimal im Jahr gemäht. „Wir schauen uns dann an, welche Pflanzenarten von Natur aus dort wachsen und ergänzen diese im Folgejahr um eine individuell angepasste Saatmischung.“ Dabei handelt es sind nicht die üblichen Wildkräutermischungen aus dem Gartencenter, sondern um speziell zusammengestelltes und zertifiziertes Saatgut: regionale Wildblumen, typische Pflanzenarten norddeutscher Wiesen und auf die Bedürfnisse der heimischen Insektenwelt angepasste Kräuter. So können wieder dauerhafte Lebensräume entstehen, die den heimischen Schmetterlingen und anderen Insekten die notwendigen Futterpflanzen und Entwicklungsraum bieten.

Einzelne Beschwerden Sylter Anwohner

Das Bewusstsein für diese Form des Naturschutzes scheint groß: „Wir bekommen ausschließlich positives Feedback von allen Friedhofsbesuchern“, berichtet Petersen. Nicht überall ist das Verständnis gleichgroß, weiß Sprenger: In Morsum werden sowohl auf dem Friedhof als auch am Pastorat Grünflächen zu Wildblumenwiesen umgewidmet. „Dort gab es durchaus einige Beschwerden von Einwohnern, die meinten, wir würden die Pflege der Grünflächen vernachlässigen.“

Dank einiger Kompromisse und die fachkundige Begleitung durch Norma Kujath schwindet aber auch dort die Gegenwehr: „Wir stellen sicher, dass die Wildblumen sich nicht auf die Gräber ausbreiten, sorgen für gemähte Gehwege auch im Bereich der Blühwiesen und erklären auf Nachfrage ihren Nutzen.“

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