Moore binden CO2

Klima- und Umweltschutz auf einmal: So funktioniert es im Blixmoor bei Flensburg

Klima- und Umweltschutz auf einmal: So funktioniert es im Blixmoor bei Flensburg

Klima- und Umweltschutz auf einmal

SHZ
Wees
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Umweltfreundlich: Möglichst schonend schlagen Christiane Herty und ihre Kollegen die Spundwände in den Boden, damit das Wasser auf den Flächen des Blixmoores gehalten werden kann. Foto: Marcus Dewanger / SHZ

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Förster pflanzen nicht nur Bäume, sondern vernässen auch Moore – damit die kein CO2 mehr abgeben. Auf der zwölf Hektar großen Fläche im Blixmoor in Wees bei Flensburg gibt es dazu „Vorzeigeprojekt“.

Udo Harriehausen geht in die Knie. Der Abteilungsleiter Naturschutz bei den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten schaut sich im Blixmoor bei Flensburg ganz genau an, was da wächst.

„Das ist genau das, was wir haben wollen“, sagt Harriehausen und zeigt auf das Pfeifengras, das vor ihm aus dem Moorboden sprießt. „Denn wenn diese und andere Pflanzen wieder kommen, wissen wir, dass das Moor genug vernässt ist und kein CO2 mehr abgibt.“

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Es ist nicht gerade selbstverständlich, dass sich die Landesforsten mit der Wiedervernässung von Mooren beschäftigen. „In der Regel sind wir ja für das Pflanzen von Bäumen da“, sagt Landesforsten-Direktor Tim Scherer, der sich auf der zwölf Hektar großen Fläche im Blixmoor ein Bild von seinem „Vorzeigeprojekt“ machen will, wie er die Wiedervernässung nennt.

Das sei eben Teil der Gemeinwohlaufgabe der Landesforsten, die auf ihren eigenen Flächen etwas für den Klimaschutz machen wollen.


Denn seit das Land eine Biodiversitätsstrategie aufgelegt hat, können Scherer und seine Kollegen auch beim Moorschutz mehr investieren. Zwar hat sein Haus im Vergleich zur Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein mit 1500 Hektar Moorfläche nur einen Bruchteil von Niedermooren, die sie wiedervernässen können. Aber dennoch wollen die Landesforsten ihren Beitrag leisten.


Um 70 Prozent könne man sich noch steigern, sagt Harriehausen. „Pro Hektar und Jahr können wir 20 Tonnen CO2 einsparen, wenn alle unsere Niedermoore vernässt sind“, ergänzt Scherer – macht insgesamt 30.000 Tonnen. Das entspricht in etwas dem, was 3750 Schleswig-Holsteiner im Jahr produzieren – also dem CO2-Äquivalent einer Kleinstadt. Dazu kommen noch Pflanzen und Bäume, die auf den Mooren wachsen, was noch einmal sechs bis acht Tonnen pro Hektar und Jahr ausmache, so Scherer.

Viele verteilte Moore

Das besondere an den Niedermooren der Landesforsten ist, dass sie meist verteilt in Wäldern liegen und klein sind. „Wir müssen also sensibel vorgehen“, sagt Harriehausen als er durch einen Naturwald am Blixmoor entlang stapft. Dort trifft er auf seine Mitarbeiterin Christiane Herty, die die Wiedervernässung organisiert.

Zwei Jahre Vorbereitung habe sie das gekostet, sagt sie, jetzt folgen zwei Tage Arbeit vor Ort – und mit etwas Glück vernässt sich das Moor danach von selbst. Denn die Arbeiter verschließen den südlichen Ablauf des Moores mit einer Spundwand und einem so genannten Mönch, der überschüssiges Wasser ablaufen lässt. „Denn wir wollen nicht, dass ein See entsteht, sondern dass die Fläche nur bis knapp unter der der Oberfläche mit Wasser gesättigt ist“, sagt Herty.

Insgesamt 250 Meter Spundwand verschwinden so am nördlichen und südlichen Ablauf im Boden, die ganze Wiedervernässung kostet mehrere zehntausend Euro, die das Land übernimmt.


„Es sind viele kleine Maßnahmen wie diese, die wir umsetzen wollen“, sagt Scherer. Für jede einzelne holen er und seine Mitarbeiter Gutachten ein und vernässen dann ein Moor nach dem anderen. „Wir hoffen, dass wir bis 2030 alle schaffen“, sagt der Direktor. „Das ist ein sportliches Ziel, denn jedes Moor ist anders, wie ein Individuum.“ Deswegen gebe es auch keine standardisierten Verfahren. „Aber“, sagt Scherer grinsend, „Förster können ja fast alles.“


Dabei kommt den Naturschützern in den Landesforsten zu Gute, dass einzelne Förster in der Vergangenheit schon Vorarbeiten geleistet haben – so wie im Blixmoor, das seit mehr als 70 Jahren nicht mehr wirtschaftlich genutzt wurde, und in dem schon Biotope entstanden sind. „Wir haben uns schon immer um Artenvielfalt bemüht“, sagt Scherer – und das lange bevor der Klimaschutz in aller Munde war. „Nur jetzt machen wir das eben professioneller und über das ganze Land verteilt.“

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Das könnte nicht nur für das Klima Vorteile bringen, sondern auch für die umliegenden Bäume. Ein wiedervernässtes Moor könnte auch dort für mehr Sorten sorgen, denn für die in vielen Gegenden des Landes immer noch dominante Fichte sei der Boden dann vermutlich zu trocken, sagt Scherer.

Das könnte auch dazu beitragen, dass es weniger von den vor allem nach dem Krieg entstandenen Monokultur-Nadelwäldern gibt – und statt dessen mehr Mischwälder entstehen, die dem Klimawandel besser trotzen können, sagt Scherer und schaut auf die Moorlandschaft und den angrenzenden Wald. „Denn das ist genau das, was wir haben wollen.“


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