Sturmflut
„Privateigentum“: Land SH sieht sich für Küstenschutz in Schleimünde nicht zuständig
Küstenschutz in Schleimünde: SH fühlt sich nicht zuständig
Küstenschutz in Schleimünde: SH fühlt sich nicht zuständig
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Die Initiative „Schleimünde retten“ versucht die Landesregierung seit Jahren von der Bedeutung Schleimündes für den Hochwasserschutz an der Schlei zu überzeugen, damit sie dort aktiv wird. Das Umweltministerium verweist dagegen auf die alleinige Verantwortung der Eigentümer.
Den meisten Bewohnern der Schleiregion ist die enorme Bedeutung der Nehrung von Schleimünde und der Lotseninsel längst bekannt, die übrigen haben spätestens jetzt durch die Jahrhundertflut davon gehört. Die Halbinsel an der Schleimündung gilt für die Schlei als Wellenbrecher und Bollwerk gegen die Fluten der Ostsee. „Dadurch gibt es nur den einen Zulauf an der Lotseninsel in die Schlei und das verzögert normalerweise bei Stürmen den raschen und starken Anstieg des Schleipegels“, erklärt Philipp Zülsdorff, der vor vier Jahren die Bürgerinitiative „Schleimünde retten“ gegründet hat.
Jahrelange Gespräche ohne konkrete Ergebnisse
„Es laufen ja schon seit vielen Jahren immer wieder Gespräche zwischen kommunalen Vertretern von der Schlei mit den Kieler Behörden, um nachhaltige Maßnahmen für den Küstenschutz anzustoßen. Das hat aber bisher zu keinen konkreten Ergebnissen geführt“, so Zülsdorff.
Deshalb habe er, damals noch als Vorsitzender des „Fördervereins naturnaher Wasserwanderplatz Schleimünde“, die Bürgerinitiative „Schleimünde retten“ gegründet und seitdem über 11.000 Unterschriften gesammelt. Unterstützt wird die Initiative auch von vielen direkt betroffenen Bürgern aus Olpenitzdorf, Maasholm, Kappeln und Arnis, die sich ohne Schleimünde schutzlos der Ostsee ausgeliefert sehen.
Petition soll Land zum Handeln auffordern
Zülsdorff hofft, schon bald 15.000 Unterschriften zusammen zu haben, um die Petition in Kiel zu übergeben. „Damit wollen wir die Landesregierung von Schleswig-Holstein dazu auffordern, Schleimünde mit allen erforderlichen Maßnahmen zu schützen und in seiner Funktionalität in Bezug auf Hochwasserschutz und Naherholung wiederherzustellen“, erklärt Zülsdorff auf der Petitions-Plattform „Campact“.
Ausgleichsküste statt Küstenschutz
Er selbst habe bereits Gespräche mit Kieler Ministerien geführt. Mit ernüchterndem Ergebnis: „Mir wurde gesagt, dass das Land beim Thema Küstenschutz hier nicht tätig werde, weil man grundsätzlich hier eine sogenannte Ausgleichsküste habe, wo an einigen Stellen das Meer etwas wegspült und an anderer Stelle wieder ablagert. Zudem sei Schleimünde Naturschutzgebiet, und daher werde es keine Genehmigungen für Küstenschutzmaßnahmen geben“, so Zülsdorff.
„Wir können uns nicht leisten, die Lotseninsel und Schleimünde aufzugeben, und ich verstehe nicht, warum das Land nicht schon längst aktiv nach Lösungen sucht, mit denen hier Natur- und Küstenschutz unter einen Hut gebracht werden können“, sagt Zülsdorff. „Wir wollen die Natur doch auch schützen. Es gibt ja auch sanfte Methoden, um Schleimünde zu sichern. Wichtig ist nur, dass überhaupt endlich gehandelt wird“, meint er.
Das Land sieht sich rechtlich nicht zuständig
Auf Anfrage erklärt das Kieler Umweltministerium, dass es nicht für den Küstenschutz in Schleimünde zuständig sei, da es sich dabei um Privateigentum handle: „Paragraph 60 des Landeswassergesetzes beschreibt die öffentlichen Aufgaben des Küstenschutzes, wozu der Objektschutz von Privateigentum nicht gehört. An die dort festgehaltenen Aufgaben ist das Land rechtlich gebunden“, sagt Steffen Regis, Sprecher des Ministeriums für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein (Mekun SH).
Der Küsten- und Hochwasserschutz sei grundsätzlich eine Aufgabe derjenigen, die davon Vorteile haben. „Eigentümerin ist die Lighthouse Foundation, und diese ist damit für den Schutz ihres Eigentums verantwortlich“, so Regis.
Lässt das Land die Stiftung im Stich?
„Die Lighthouse Foundation hat die Lotseninsel damals vom Bund gekauft und schon so viel in den Küstenschutz investiert. Außerdem hat sie dort ein beispielhaftes Zentrum für Bildung, Naturschutz und Inklusion geschaffen. Diese Infrastruktur jetzt allein wieder aufzubauen, ist schon eine große Aufgabe. Aber auch die Küstenschutzbauwerke sind beschädigt oder zerstört, und ich verstehe nicht, wie das Land eine gemeinnützige Stiftung mit dieser für die gesamte Region lebenswichtigen Aufgabe im Stich lassen kann“, sagt Zülsdorff.
Allumfassender Schutz nicht realistisch und finanzierbar
Auf die Frage, wie sich die Anwohner der Schlei vor künftigen Hochwassern schützen sollen und erklärt Sprecher Steffen Regis: „Bis Ende 2024 erarbeitet das Land eine Strategie für die Ostseeküste 2100, in der Grundsätze für den Umgang mit dem beschleunigten Meeresspiegelanstieg an der Ostseeküste enthalten sein werden. Die aktuelle Sturmflut hat aufgezeigt, dass ein allumfassender Schutz nicht realistisch und auch nicht finanzierbar ist.“
Es werde zu einer Fokussierung auf die wirklichen Vulnerabilitäten, das heißt, auf den Schutz der menschlichen Gesundheit, kommen müssen, heißt es weiter. „In vielfältigen Gesprächsrunden der Küstenschutzverwaltung ist der Schlei-Region empfohlen worden, die Frage des künftigen Schutzes der Region dringend zu thematisieren. Wie bereits erläutert, ist dies keine originäre Aufgabe der Küstenschutzverwaltung des Landes. Selbstverständlich kann die Schlei-Region mit fachlicher Beratung durch die Küstenschutzverwaltung rechnen“, so Regis.