Corona-Impfung in Neumünster

Senioren sauer, Arztpraxen am Limit – das lange Warten auf den Booster

Senioren sauer, Arztpraxen am Limit – das lange Warten auf den Booster

Senioren sauer, Arztpraxen am Limit – Warten auf den Booster

SHZ
Neumünster
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Das Impfzentrum in der Holsten-Galerie hat von Montag bis Sonnabend von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Impfen ist hier ohne Termin möglich. Seit der Booster-Impfempfehlung bilden sich regelmäßig lange Schlangen vor der Tür. Foto: Susanne Otto/shz.de

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Entspannung können die vom Land geplanten neuen „stationären Impfstationen“ bringen. In Neumünster ist die Holsten-Galerie als Standort im Gespräch – mit Räumen, die größer als das bestehende Impfzentrum sind.

Gerhard Kion (79) aus Tungendorf geht es wie vielen Senioren in Neumünster. Er möchte gerne der Empfehlung des Gesundheitsministers Heiner Garg für eine Corona-Auffrisch- oder Boosterimpfung folgen. In dem individuell an alle Schleswig-Holsteiner über 70 adressierten Schreiben heißt es, man möge sich an den Hausarzt beziehungsweise an teilnehmende Praxen wenden.

„Aber das hat keinen Sinn. Andere Praxen nehmen keine neuen Patienten auf. Meine Hausarztpraxis bietet erst am 15. Februar einen Termin“, sagt Kion. Die Sechs-Monats-Frist nach seiner Zweitimpfung läuft aber schon am 21. November ab.

Die Nachfrage nach Booster-Impfterminen ist groß – zu erkennen ist das auch an den langen Schlangen vor dem Impfzentrum in der Holsten-Galerie. Hier kommt man ohne Termin zum Zuge. Doch nicht nur Gerhard Kion fragt sich: „Was sollen gebrechliche Menschen machen? Die können sich nicht stundenlang beim Impfzentrum anstellen.“

Arztpraxen am Limit

Jörg Schulz-Ehlbeck ist Neumünster Kreisstellenvorsteher der Kassenärztlichen Vereinigung und bestätigt die angespannte Lage. „Anfang des Jahres hatten wir Zeit und keinen Impfstoff, Mitte des Jahres Zeit und genug Impfstoff, aber zu wenig Patienten. Jetzt haben wir Patienten, genug Impfstoff, aber keine Zeit wegen der Infektwelle.“ Die meisten Praxen impften „jeden Tag, was sie können. Das Personal ist am Limit.“

Land plant stationäre Impfstationen

Entlastung können die vom Land geplanten „stationären Impfstationen“ bringen. „Wir sammeln mit den Kommunen Vorschläge für Standorte bis Anfang kommender Woche“, erklärt Marius Livschütz, der Sprecher des Gesundheitsministeriums, auf Courier-Nachfrage. Dann werde mit der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) und den Kommunen entschieden, wo die Impfstationen eingerichtet werden. Die Kommunen stellen die Räumlichkeiten, die KVSH das Personal

Thorben Pries leitet in Neumünster das Impfzentrum und bestätigt: „Wir suchen gerade größere Räumlichkeiten. Konkret sind wir im Gespräch mit der Holsten-Galerie.“ Dort ist seit dem 26. September das „Impfzentrum Neumünster“ angesiedelt, das streng genommen ein mobiles Impfangebot ist.

Neumünster hob früh den Finger

Da Neumünster früh den Finger hob, sind zwei der zehn mobilen Impfteams der KVSH in der Holsten-Galerie aktiv und impfen hier jeweils von Montag bis Sonnabend zwischen 10 und 17 Uhr, Impfwillige, die sich hier ohne Termin ihre Erst-, Zweit- oder Boosterimpfung holen können. Das hat sich weit über Neumünster hinaus herumgesprochen. Kamen anfangs täglich 120 bis 140 Menschen, um sich impfen zu lassen, sind es aktuell laut Torben Pries mehr als 200.

Die Zusage der KVSH für das mobile Impfen in der Holsten-Galerie gelte bis zum 27. November, so Pries: „Mein Ziel ist es, dass das nicht abreißt, dass wir entweder weitermachen oder das Land mit der stationären Impfstelle startet. Neumünster ist dafür bereit.“

Dr. Johannes Kandzora ist ärztlicher Koordinator des Impfzentrums, das in Neumünster nahtlos ohne Unterbrechung tätig ist: Vom 4. Januar bis 15. August im Holstenhallen-Restaurant, danach bis zum 26. September an der Lahnstraße und seitdem (mit den mobilen Impfteams der KVSH) in der Holsten-Galerie. Durch die Einrichtung weiterer Impfzentren im Land werde es für die niedergelassenen Ärzte und auch das Impfzentrum in Neumünster Entlastung geben. Das scheint auch nötig. Kandzora: „Wenn die Kinderimpfungen kommen, wird das System nochmals erweitert werden müssen.“

Ältere erhalten exklusiv Termine

In den neuen stationären Impfstationen wird es laut Ministeriumssprecher Marius Livschütz eine Terminvergabe geben. Ältere würden exklusiv einen Termin erhalten, bevor sich alle anderen die Boosterimpfungen abholen können. Darüber hinaus werde es keine Priorisierung geben, es gebe genug Impfstoff. Einen wichtigen Hinweis gibt Livschütz noch: „Die Wirkung der Impfung lässt nach. Man hat nach sechs Monaten aber nicht plötzlich keinen Schutz mehr.“

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