True-Crime & paranormale Phänomene: Grusel-Podcast Made in Flensburg mit Geschichten aus SH

True-Crime & paranormale Phänomene: Grusel-Podcast Made in Flensburg mit Geschichten aus SH

True-Crime & paranormale Phänomene: Grusel-Podcast Made in Flensburg mit Geschichten aus SH

Inga Gercke
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Anne Lemo (31) und Florian Welzk (35) produzieren seit einem Jahr den Podcast „ParaNormalos“ in Flensburg. Die Inhalte sind ganz unterschiedlich, einige Gruselgeschichten kommen auch aus Schleswig-Holstein. Foto: Inga Gercke

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Anne Lemo und Florian Welzk nehmen ihren Podcast „ParaNormalos“ in Flensburg im Offenen Kanal auf. Inhaltlich ist es ein Mix aus True-Crime und paranormalen Phänomenen. Alles Geschichten aus Deutschland – einige auch aus SH. Warum es da geh...

Das alte Marinelazarett Flensburg-Mürwik, meist nur Klinik Ost genannt, ist seit 1989 verlassen – perfekt für gruselige Filmaufnahmen. Genau das dachten sich auch Anne Lemo (31) und Florian Welzk (35), als sie 2014 an genau diesem Ort Filmaufnahmen für ein Uni-Projekt machten. „Wir waren da ganz alleine – weit und breit war keiner. Wirklich, das hätten wir bemerkt”, sagt Anne Lemo heute.

Gruselige Stimme auf der Tonspur

Als die 31-Jährige aber abends das Videomaterial sichtet, hört sie, dass da noch jemand auf dem verlassenen Gelände gewesen sein muss. „Plötzlich war da klar und deutlich ein `Hallo’ von einer Mädchenstimme zu hören“, sagt sie. „Und das Kind hätte theoretisch direkt neben mir stehen müssen, so deutlich war sie zu hören“, ergänzt Florian Welzk, der damals die Kamera bediente. „Das war echt gruselig”, sagen sie. Zu diesem Zeitpunkt ahnten beide nicht, dass diese gruselige Erfahrung nicht nur der Startschuss einer Freundschaft, sondern auch der einer kleinen Erfolgsgeschichte made in Flensburg war.

Aufnahme im Offenen Kanal Flensburg

Schon vor dem besagten `Hallo’ waren Anne Lemo und Florian Welzk begeisterte Horrorfans. „Von da an redeten wir aber eigentlich nur noch über solche Sachen”, sagen sie heute. Irgendwann kam dann die Idee, das alles einfach mal aufzunehmen. Beim Offenen Kanal in Flensburg nahmen sie dann vor einem Jahr die erste Folge ihres gemeinsamen Grusel-Podcasts auf. Nun sind diese Art von Podcasts nicht selten. Millionen Menschen weltweit sind im True-Crime Podcast-Fieber. Allein bei der Streaming-Plattform Spotify gibt es hunderte Angebote. Doch der Podcast der beiden Flensburger, den sie den Namen `ParaNormalos´ gaben, hebt sich von den herkömmlichen Angeboten ab.

Brutale Verbrechen, unerklärliche Geschichten und gruselige Legenden

Hier geht es nicht nur um blutige und brutale Verbrechen, sondern auch um unerklärliche Geschichten und gruselige Legenden. Eine Mischung aus echten Verbrechen, wie die des Berliner Kannibalen Carl Großmann, auch die Bestie vom Schlesischen Hof genannt, der seine Opfer erst brutal ermordete und dann verspeiste. Oder es geht um Mythen rund um blutrünstige Adelsfamilien, die mit schwarzer Magie und Alchemie experimentiert und ihre Angestellten auf unvorstellbare Art gefolterten haben sollen. Es geht aber auch um unerklärlichen Phänomenen wie von Geisterhand verrückte Möbel oder Wasserflecken auf Bettdecken, die auf Poltergeister zurückzuführen sein könnten. „So wie die Gonger aus der ersten Folge, die auf Sylt und Amrum ihre Verwandten heimsuchen, um im Gedächtnis zu bleiben“, sagt Anne Lemo.

Getrennte Recherchen bringen mehr Details ans Licht

„Wir haben immer ein großes Hauptthema oder Hauptgeschichte, die aus Deutschland kommt - auch aus Schleswig-Holstein“, erklären sie. Dieser Hauptgeschichte folgen dann ähnliche aus aller Welt. Bei der Auswahl ihrer Fälle verfolgen sie keinen festen Fahrplan. „Das, was uns auch persönlich interessiert, besprechen wir dann”, sagt Florian Welzk.

Videomaterial von Recherchetouren

„Wir recherchieren immer getrennt voneinander, deshalb haben wir viele einzelne Details zu den Geschichten.” Doch nicht nur die Recherche im Netz treibt die beiden an. Sie fahren auch direkt zu den Orten des Geschehens. Wie erst kürzlich ins Windebyer Noor bei Eckernförde, wo sie dem Geheimnis zweier Moorleichen auf den Grund gehen wollen. Dabei drehen sie Videos, die sie dann bei YouTube hochladen.

ParaNormalos haben 400 Zuhörer

Und diese Methode hat Erfolg. Mittlerweile gibt es auf Spotify 16 Folgen der `ParaNormalos’, die meist etwa eine Stunde laufen. Regelmäßig haben sie bis zu 400 Zuhörer aus der ganzen Welt. „Damit hätten wir auch nie gerechnet”, sagt Anne Lemo. Alle vier Wochen erscheint eine neue Folge. 

Medienwissenschaftler: True-Crime hat etwas mit Voyurismus zu tun

Dass der Podcast so erfolgreich ist, wundert Dr. Eckhard Pabst nicht. Er ist Medienwissenschaftler an der Uni Kiel und weiß, warum sich so viele Menschen für Schauergeschichten begeistern. „In erster Linie hat das ganz klar etwas mit Voyeurismus zu tun“, so Pabst. Wobei er die Begeisterung von True-Crime, also von wahren Kriminalfällen, und paranormalen Geschichten noch einmal voneinander unterscheiden. „Bei True-Crime wird vor allem die voyeuristische Neigung bedient”, so Pabst. Die Internetkultur habe einen entscheidenden Einfluss darauf. „Ich sitze in einem geschützten Raum oder eben vor dem Bildschirm, keiner bekommt mit, was ich mir angucke oder anhöre”, so der Medienwissenschaftler.

Niemand bekommt etwas mit

„Es gibt keine Nachbarn oder andere soziale Kontrollen, die mich dafür verurteilen”, sagt er. Vermutlich würden sich weniger Menschen in einer Kinoschlange anstellen, „denn da werde ich ja gesehen. Ich bekomme dann quasi den Stempel aufgedrückt, dass ich mich am Leid anderer zumindest unterhalten fühle.”

Paranormale Phänomene und ihre Wirkung

Beim Thema paranormale Geschichten geht es um etwas anderes. „Unsere Welt besteht darin, dass wir sie uns immer und immer wieder gegenseitig mit Erfahrungen bestätigen. In der Regel sind das Erfahrungen, die wir durchaus nachvollziehen können. Wir verstehen sie. Bei paranormalen Geschehnissen, also bei Dingen, die wir uns einfach nicht erklären können, brechen diese Grenzen. Sie weichen von unserer bekannten Lebenswelt ab. Das kann zur Folge haben, dass wir über Dinge grübeln. Einige mögen das, andere wollen damit nichts zu tun haben. Die interessieren sich dann einfach für solche unerklärlichen Phänomene nicht.”

Sagen und Legenden: Schutzwirkung für Menschen

Bei Sagen und Legenden sei es noch einmal etwas anders, so Pabst. „Urban Legends – oder moderne Sagen – haben in unserer Welt eine Art Warnfunktion. Sie zeigen uns Gefahren auf und regeln gewissermaßen unser Verhalten”, sagt er. Auch das interessiere die Menschen. Meist seien es jahrhundertealte Geschichten, die von Zeit zu Zeit etwas modifiziert werden, um in der modernen Welt ihre Gültigkeit zu behalten.“

Lachen erlaubt und gewollt

Der Erfolg des Podcasts dürfte also an dem Mix aus blutigem Horror, gruseligen Sagen, unerklärlichen Phänomenen und viel Humor liegen. Letzteres dürfe bei den Aufnahmen nicht zu kurz kommen. „Uns ist wichtig, dass wir bei all dem auch lachen. Wir nehmen uns selbst nicht allzu ernst dabei”, sagen sie, „und das soll auch so bleiben.“

In den kommenden Tage bis Halloween gibt es auf shz.de gruselige Sagen und Legenden aus Schleswig-Holstein nachzulesen.

Der Podcast „ParaNormalos“ ist bei Spotify zu hören. Auf ihrem YouTube-Kanal gibt es noch Bildmaterial.

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