Export

Dreimal mehr britische Tierärzte wegen Brexits

Dreimal mehr britische Tierärzte wegen Brexits

Dreimal mehr britische Tierärzte wegen Brexits

dpa
London
Zuletzt aktualisiert um:
Schafe auf dem Feld eines Bauernhofs in der Grafschaft North Yorkshire in Großbritannien. Foto: Danny Lawson/PA Wire/dpa

Tiere oder Tierprodukte von Großbritannien in die EU zu bringen, ist seit dem Brexit deutlich aufwendiger. Pro Produkt ist ein Zertifikat notwendig - und das muss von einem Tierarzt ausgestellt werden.

Der Brexit hat die Bedeutung der Tierärzte für den Handel mit lebendigen Tieren und tierischen Produkten zwischen Großbritannien und der EU deutlich erhöht.

Die Zahl der Tierärzte, die die notwendigen Gesundheitszertifikate ausstellen können, sei seit 2019 auf mehr als 1800 verdreifacht worden, teilte das Agrarministerium in London auf Anfrage mit. Der Verband der britischen Tierärzte (BVA) zeigte sich aber skeptisch, dass die Zahl ausreicht.

Wegen Brexit-Schwierigkeiten und der Corona-Pandemie verzögerten einige Unternehmen ihre Exporte. Deshalb hätten einige neue Anforderungen sich noch nicht völlig ausgewirkt, sagte BVA-Chef James Russell. «Es ist auch wichtig, sich daran zu erinnern, dass diese 1800 Tierärzte die Arbeit nicht in Vollzeit erledigen, sondern sie in bestehende Rollen und Verantwortlichkeiten integrieren», sagte der Verbandschef der Deutschen Presse-Agentur. «Außerdem muss die Geografie beachtet und sichergestellt werden, dass Tierärzte bereit sind, die Arbeit überall dort auszuführen, wo sie benötigt wird.»

Sowohl Fleisch als auch Milchprodukte und Tierfutter müssen vor dem Export von Tierärzten für ein Exportgesundheitszertifikat (EHC) kontrolliert werden. Verbundprodukte benötigen oft mehrere EHC - so sind bei einem Sandwich mit Schinken und Käse etwa je ein Zertifikat für den Schinken und eins für den Käse vorgeschrieben.

Bei der Ausstellung der EHC gebe es nach wie vor Probleme, sagte BVA-Chef Russell. «Das Ausfüllen der erforderlichen Unterlagen ist ein langer und komplexer Prozess.» Hinzu kämen Unterschiede bei der «Interpretation» der Dokumente an der Grenze. Der Verband forderte digitale EHC. Damit könne der Prozess reibungsloser ablaufen.

Der britische Verband der Fleischproduzenten (BMPA) kritisierte, in den ersten Wochen nach dem endgültigen Brexit - also dem Austritt Großbritanniens aus der EU-Zollunion und dem Binnenmarkt zum 1. Januar - habe es zahlreiche Schwierigkeiten gegeben. 125 technische Probleme zählte der Verband bis Mitte Februar. Dazu zählten die Nummerierung der Dokumente, die Stempelfarbe oder dass sich die Formulare nicht am richtigen Platz im Fahrzeug befanden.

«Fleisch, das aus Großbritannien in die EU verkauft wurde, war Teil einer 24-Stunden-Lebensmittelversorgungskette mit der Erwartung, dass es am Tag nach der Schlachtung geliefert wird», heißt es in einem BMPA-Bericht für das britische Parlament von Mitte Februar. Nun seien die Exporteure froh, wenn sie am übernächsten Tag liefern könnten. Auch die Kosten seien in die Höhe geschossen - um 60 bis 100 Prozent. «Produkt müssen länger gelagert werden, die Maklergebühren in den Häfen müssen gedeckt werden, und die Spediteure haben längere Fahrzeiten.»

Doch dem stehen sinkende Einnahmen gegenüber. In den ersten sechs Wochen des Jahres betrugen die Schweinefleisch-Exporte in die EU nach BMPA-Angaben nur noch 10 bis 50 Prozent des Vorjahreswertes. Mitte Februar waren es noch 50 bis 75 Prozent. «Der Eindruck ist, dass bis zu 25 Prozent des Handels mit der EU dauerhaft verloren ist.»

Der ehemalige britische Vize-Tieramtsarzt Alick Simmons warnte angesichts der Exportprobleme vor einem Aufweichen der eigenen Standards. Produzenten würden sich stärker dem Binnenmarkt zuwenden, sagte Simmons der dpa. Es sei daher «sehr wahrscheinlich», dass sie Regeln, die für den Handel innerhalb der EU eingeführt worden waren, infragestellen. «Am Ende kehrt man zu dem zurück, was vorher war - einem Zwei-Klassen-System», sagte Simmons - einerseits Betriebe, die EU-Standards einhalten, aber andererseits Unternehmen, die nur in Großbritannien liefern und sich deshalb nicht an die EU-Regeln gebunden fühlen.

Mehr lesen