Wettbewerb
Explosion bei Spritpreisen: Habeck will Kartellamt stärken
Explosion bei Spritpreisen: Habeck will Kartellamt stärken
Explosion bei Spritpreisen: Habeck will Kartellamt stärken
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Die Politik wittert wegen der Preissprünge beim Kraftstoff unfairen Wettbewerb und reagiert. Das Kartellamt soll mehr Befugnisse bekommen.
An der Tankstelle sind die Preise weiter hoch - obwohl der Ölpreis gesunken ist. Machen Ölkonzerne Reibach zulasten der Autofahrer? Dieser Verdacht steht im Raum.
Als Reaktion will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Befugnisse des Kartellamts erheblich ausweiten. Geplant ist dazu, das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu ändern.
Aus Kreisen des Ministeriums hieß es, als die Ölpreise zurückgegangen seien, «sind die Benzinpreise nicht im entsprechenden Maß gesunken. Das darf nicht sein.» Die aktuelle Situation dürfe nicht als «Deckmantel» für unfairen Wettbewerb oder versteckte Absprachen genutzt werden.
Deshalb solle die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe beim Bundeskartellamt gestärkt werden. Künftig werde sie auch die Herstellung von Kraftstoffen und den Großhandel beobachten. Zudem solle die Datenbasis um Mengendaten erweitert werden, damit das Kartellamt eine bessere Datengrundlage erhalte. «Eine gesetzliche Verpflichtung der Marktteilnehmer, auch Mengendaten an die Markttransparenzstelle zu liefern, würde die Aussagekraft unserer Daten deutlich verbessern», hatte Kartellamtschef Andreas Mundt gesagt.
Noch vor Ostern ins Kabinett
Weiter hieß es im Ministerium, die Behörde solle «umfangreiche Ermittlungsbefugnisse» bekommen - bis hin zu Durchsuchungen, falls nötig. Die Änderungen, auf die sich die Koalitionsspitzen im Kern verständigt hatten, sollen noch vor Ostern im Kabinett auf den Weg gebracht werden.
Die Spritpreise erreichten in den ersten Wochen des Ukraine-Krieges Rekordwerte. Zwischenzeitlich kostete Diesel laut ADAC im bundesweiten Tagesdurchschnitt 2,321 Euro pro Liter. E10 schlug mit 2,203 Euro zu Buche. Seither haben die Preise zwar nachgegeben, zuletzt gab es aber kaum noch Bewegung. Am Montag lag Diesel mit 2,173 Euro immer noch 51 Cent über dem Vorkriegswert. E10 kostete am Montag 2,064 Euro und damit gut 31 Cent mehr als vor dem Krieg. Der ADAC bewertet die aktuellen Preise als nach wie vor viel zu hoch.
Bessere Marktüberwachung ermöglichen
Der Ölpreis hatte vor dem Beginn des Ukraine-Krieges knapp unter 100 Dollar für ein Fass (159 Liter) der für Europa wichtigen Sorte Brent gelegen und war in den ersten Wochen zwischenzeitlich über 130 Dollar geklettert. Danach fiel er kurzfristig sogar unter 100 Dollar, ohne dass der Spritpreis ihm auch nur in die Nähe des Vorkriegsniveaus folgte. Am Dienstagnachmittag kostete Öl um die 106 Dollar je Fass.
Habeck hatte bereits angekündigt, dem Kartellamt eine bessere Marktüberwachung zu ermöglichen. «Es darf nicht sein, dass Unternehmen aus der jetzigen Situation unangemessene Gewinne schlagen», sagte er. Die Macht der großen Tankstellenketten sei seit langem ein strukturelles Problem.
Der Wirtschaftsverband Fuels und Energie erklärte, bei der aktuellen Preissituation dürften die Ursachen der gestiegenen Tankstellenpreise nicht übersehen werden. «Aufgrund des Ukraine-Kriegs haben sich Mineralölgesellschaften zur schrittweisen Importreduzierung von Rohöl und Produkten wie Diesel aus Russland entschlossen. Dadurch sind Benzin, Diesel und Heizöl knapper und teurer geworden.» Das gelte auch für Importe aus anderen Ländern. «Die Preise für Mineralölprodukte haben sich in dieser Situation vom Ölpreis abgekoppelt. Das gilt für beide Richtungen: Zuletzt waren die Benzinpreise gesunken, während der Ölpreis gestiegen war.»
ADAC lobt Habeck
Jutta Gurkmann, Vorständin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, sagte, es dürfe nicht dabei bleiben, dass die Bundesregierung das Kartellamt für eine bessere Überprüfung der Konzerne ausstatten wolle. «Nicht nur Mineralölkonzerne, sondern auch die Stromanbieter müssen effektiver überwacht werden.» Energiekonzerne dürften keine Extragewinne auf Kosten der Endverbraucher erzielen. Alle Kostensenkungen auf den Märkten müssten vollständig an die privaten Haushalte weitergegeben werden.
Der ADAC lobte Habecks Pläne. Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand sagte: «Die letzten Wochen haben gezeigt, dass es zu wenig Transparenz bei Raffinerien und Großhandel gibt.» Die Spritpreise hätten sich auf einem viel zu hohen Niveau eingependelt. «Es darf nicht sein, dass die Kraftstoffpreise künstlich hochgehalten werden – deswegen ist die Beobachtung des Marktgeschehens ein sehr wichtiger Beitrag auf dem Weg zu einer Normalisierung des Preisniveaus.»