Konjunktur

Materialmangel: Industrieproduktion gibt stark nach

Materialmangel: Industrieproduktion gibt stark nach

Materialmangel: Industrieproduktion gibt stark nach

dpa
Berlin/Wiesbaden
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Lieferengpässe bremsen die deutsche Industrie und belasten Ökonomen zufolge die Konjunkturerholung in Europas größter Volkswirtschaft. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

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Der Mangel an Rohstoffen, Halbleitern und Co. belastet die deutsche Industrie immer stärker. Die Produktion sinkt. Das kann Folgen für die Konjunktur in Europas größter Volkswirtschaft haben.

Lieferengpässe bremsen die deutsche Industrie und belasten Ökonomen zufolge zunehmend die Konjunkturerholung in Europas größter Volkswirtschaft.

Im August sank die Industrieproduktion gegenüber dem Vormonat deutlich um 4,0 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Das ist der stärkste Rückgang seit dem Einbruch während der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020. Er fiel zudem heftiger aus, als von Analysten erwartet. «Die Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten erwiesen sich als gravierender als bislang angenommen», kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium.

Unternehmen hoffen einer Ifo-Umfrage zufolge zwar auf einen Anstieg der Produktion. Ökonomen erwarten aber, dass die Industrie die deutsche Wirtschaft zunächst bremsen dürfte.

Corona wirkt nach

Grund der Engpässe sind unter anderem Nachwirkungen der Corona-Krise. Im Zuge der weltweiten Konjunkturerholung ist die Nachfrage beispielsweise nach Halbleitern stark gestiegen. Industrieunternehmen sitzen auf guten gefüllten Auftragsbüchern, können diese aber wegen Materialmangels teilweise nicht abarbeiten. Betroffen davon sind unter anderem der Maschinenbau und die Autoproduktion. Bei Autokonzernen stehen immer wieder die Bänder still.

Der Produktionseinbruch betraf im August fast alle Sektoren. Besonders deutlich verringerte sich die Herstellung von Investitionsgütern wie Maschinen. Am Bau ging die Aktivität um 3,1 Prozent zurück. Lediglich die Energieproduktion lag höher als im Juli.

Gegenüber dem Vorjahresmonat stieg die Produktion insgesamt zwar um 1,7 Prozent. Die Erwartungen von Experten wurden aber auch hier klar verfehlt. Gegenüber Februar 2020, dem Monat vor dem Übergreifen der Corona-Krise auf Deutschland, liegt die Gesamtherstellung 9,0 Prozent tiefer.

Keine Besserung in Sicht

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sieht derzeit keine Hinweise auf eine Besserung. «Insofern bestätigen die ... Zahlen unsere Erwartung, dass die deutsche Wirtschaft nach einer kräftigen Erholung im Sommerhalbjahr im vierten Quartal kaum noch wachsen wird.»

Nach Einschätzung von ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski sind die Lieferengpässe inzwischen eine größere Bedrohung für die deutsche Industrie als die Corona-Pandemie. Das Analysehaus Capital Economics sprach von wachsenden Ängsten vor einer «Flaschenhals-Rezession», also einem wirtschaftlichen Einbruch infolge von Engpässen auf der Angebotsseite.

Trotz des Materialmangels hofft die Industrie auf einen Anstieg der Produktion. Der vom Ifo-Institut erhobene Index der Produktionserwartung stieg im September um 2 auf 29 Punkte und damit einen der höchsten Werte der vergangenen Jahre. «Die Auftragsbücher sind weiterhin voll, nur die Materialengpässe bereiten im Moment Probleme und dämpfen die Produktionspläne etwas», sagte Klaus Wohlrabe, der Leiter der Ifo-Umfragen.

Hinzu komme ein Stück weit «das Prinzip Hoffnung», dass die Unternehmen die bestehenden Aufträge abarbeiten können, sagte der Wirtschaftsforscher. Zudem misst der Index, ob Unternehmen eine steigende oder sinkende Produktion erwarten. Rein technisch kann daher auch eine erwartete Verbesserung auf niedrigem Niveau einen hohen Indexwert erzeugen.

Der Index der Produktionserwartung beruht auf der Befragung von 2000 Unternehmen, ob sie mit steigender, in etwa gleich bleibender oder abnehmender Produktion rechnen. Der Index ergibt sich aus der Differenz zwischen den Antworten steigend und abnehmend, er wird um saisonale Effekte bereinigt.

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