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Die vielleicht letzte Chance für Galeria Karstadt Kaufhof
Die vielleicht letzte Chance für Galeria Karstadt Kaufhof
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Die Gläubiger machen den Weg frei für die Sanierung des angeschlagenen Warenhausriesen. Doch der Preis ist hoch. Tausende Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz.
Rund 12.000 Beschäftigte bei Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) können erst einmal aufatmen: Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern bekommt noch eine Chance. Die Gläubigerversammlung des Warenhauskonzerns stimmte am Montag dem vom Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz und der Unternehmensführung erarbeiteten Insolvenzplan zur Rettung des Traditionsunternehmens mit großer Mehrheit zu und machte damit den Weg frei für die Sanierung der ums Überleben kämpfenden Handelskette.
«Der Sanierungsplan und damit das Konzept vom Warenhaus der Zukunft geben Galeria Karstadt Kaufhof beste Chancen für eine Rückkehr in die Erfolgsspur», sagte Geiwitz. Rund 12.000 Mitarbeiter würden damit ihre Stelle behalten. Der Sanierungsexperte betonte, entscheidend sei nun, dass das Konzept vom Management und den Eigentümern zügig und konsequent umgesetzt werde. Der Sachwalter Frank Kebekus betonte, dass eine Ablehnung des Insolvenzplans katastrophale Folgen gehabt hätte. Dann wäre nach seinen Worten die Schließung aller Filialen und die Kündigung aller Mitarbeitenden unvermeidlich gewesen.
Für rund ein Viertel zuletzt noch rund 16.000 Mitarbeiter bedeutet die geplante Schließung von 47 Filialen allerdings den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Der Stellenabbau trifft nicht nur die Schließungsfilialen, sondern auch die Konzernzentrale in Essen und die verbleibenden Warenhäuser. Denn viele von ihnen sollen verkleinert werden. Kleiner Lichtblick dabei: Am Montag hieß es in Unternehmenskreisen, nach wie vor gebe es noch Gespräche mit Vermietern und Kommunen. Es sei deshalb möglich, das noch einige weitere Filialen gerettet werden könnten.
Gläubiger müssen verzichten
Für die Gläubiger bedeutet die Zustimmung zum Insolvenzplan den Verzicht auf einen Großteil des Geldes, das ihnen der Warenhauskonzern noch schuldet. Insgesamt müssen die Lieferanten, Vermieter und sonstigen Gläubiger Geiwitz zufolge auf mehr als 1,3 Milliarden Euro verzichten. Sie werden nur 2 bis 3,5 Prozent des ihnen geschuldeten Geldes erhalten. Auch der Bund, der Galeria in der Corona-Pandemie mit rund 680 Millionen Euro unter die Arme griff, wird nach Angaben der Finanzagentur des Bundes einen «Großteil der Summe» abschreiben müssen.
Für die Gläubiger gab es trotz der hohen finanziellen Einbußen kaum eine andere Wahl, als dem Plan zuzustimmen. Denn bei einer Ablehnung des Insolvenzplans hätten sie wohl überhaupt nichts von ihrem Geld wiedergesehen. Bei einer Weiterführung können sie dagegen - auch dank eines Millionen-Zuschusses des GKK-Eigentümers René Benko - zumindest damit rechnen, einen kleinen Teil ihrer Forderungen bezahlt zu bekommen.
Am Rande des Gläubigertreffens demonstrierten in Essen rund 30 Galeria-Betriebsräte aus ganz Deutschland gegen den geplanten Stellenabbau. Sie bauten vor der Essener Messe, wo die Gläubiger tagten, einen symbolischen Sarg auf, der mit Schildern bedeckt war, die die Namen der Schließungsfilialen trugen. Eine Betriebsrätin sagte: «Was hier passiert, ist wie ein Dolch ins Herz. Das trifft die, die gehen, aber auch die, die dableiben. Das ist wirklich traurig.»
Steht echtes Zukunftskonzept noch aus?
Trotz der harten Einschnitte wurden am Rande der Gläubigerversammlung allerdings etliche Stimmen laut, die Zweifel an der Nachhaltigkeit der Rettungsbemühungen äußerten. So bemängelte der Wirtschaftsdezernent der Stadt Nürnberg, Michael Fraas: «Wir warten noch auf ein wirkliches Zukunftskonzept. Da ist bislang wenig Substanz.» Der Wirtschaftsdezernent der Stadt München, Clemens Baumgärtner, sagte sogar: «Das ist der Tod auf Raten.» Schon bei Schließungen in der Vergangenheit hätten die Warenhausbetreiber immer gesagt, die Einschnitte seien notwendig, damit der Rest der Häuser eine Überlebenschance habe. Doch wirklich geholfen habe das nie.
Der Chef der Handelsberatung BBE, Johannes Berentzen, äußerte ebenfalls Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des Konzepts. «Ich glaube nicht, dass der Umbau mit den bisher geplanten Maßnahmen erfolgreich sein wird», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Nötig wären nach seiner Einschätzung deutlich höhere Investitionen als geplant und eine deutlich einschneidendere Veränderung des Konzeptes.
Kein Wunder also, dass auch unter den Galeria-Mitarbeitern die Unsicherheit über die Belastbarkeit der Zukunftsversprechen groß ist. Galeria-Betriebsrätin Pamela Werner legte in Essen den Finger in die Wunde, als sie klarmachte: «Auch die, die bleiben, wissen nicht: Ist das jetzt wirklich für die Zukunft gemacht oder stehen wir vielleicht in ein zwei Jahren wieder hier.»