Erneuerbare Energien

Windenergie in der Nordsee soll boomen

Windenergie in der Nordsee soll boomen

Windenergie in der Nordsee soll boomen

dpa
Ostende
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Ein Offshore-Windpark in der Nordsee. Foto: Sina Schuldt/dpa

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Bislang ist das Offshore-Potenzial der Nordsee weitgehend ungenutzt. Nun wollen Deutschland und die anderen Anrainer Tempo machen. «An die Arbeit», mahnt Kanzler Scholz.

Windenergie aus der Nordsee soll künftig maßgeblich zur Stromversorgung Europas beitragen. Bundeskanzler Olaf Scholz sowie die Vertreter weiterer Nordsee-Anrainer unterzeichneten am Montag im belgischen Ostende eine Erklärung, wonach der Ausbau von Windparks vor der Küste vorangetrieben und die Nordsee so zum grünen Kraftwerk Europas gemacht werden soll. «Mit der Nordsee haben wir das Energie-Powerhouse quasi vor der Haustür», sagte Kanzler Scholz - und mahnte zur Eile: «An die Arbeit.» Die Nordsee werde schon in kurzer Zeit ein wichtiger Ort der Energieproduktion sein.

Konkret wollen die neun Staaten - neben Deutschland und Belgien auch die Niederlande, Frankreich, Norwegen, Dänemark, Irland, Luxemburg und Großbritannien - bis 2030 Offshore-Windkraftanlagen mit einer Leistung von 120 Gigawatt bauen. Bis 2050 sollen mindestens 300 Gigawatt in der Nordsee erzeugt werden. Davon könnten 300 Millionen Haushalte mit Energie versorgt werden, sagte Belgiens Regierungschef Alexander De Croo. Zugleich soll die Produktion von grünem Wasserstoff ausgebaut werden.

«Wir als Europäer nehmen unser Schicksal selbst in die Hand», sagte Gastgeber De Croo. Der einzige Weg, echten Fortschritt bei dem Wandel hin zu einer grünen Wirtschaft zu erzielen, sei die Zusammenarbeit europäischer Länder. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, die Ostende-Erklärung werde «uns den nötigen Rückenwind geben, um den Weg zur Klimaneutralität einzuschlagen».

Kanzler Scholz: «Müssen schneller werden»

De Croo sprach von ambitionierten Zielen. Nun gehe es darum, diese Ziele umzusetzen. «Dies bedeutet, dass wir standardisieren müssen, dass wir besser zusammenarbeiten müssen, dass wir die Lieferketten synchronisieren müssen.» Es gehe darum, Europa bei Energiefragen unabhängig zu machen und die Industrie zu halten.

Auch Scholz betonte, dass noch einiges zu tun sei. «Wir müssen schneller werden», sagte der SPD-Politiker. «Bei der Identifikation von Flächen, bei Genehmigungen, beim Bau von Anlagen und Netzen dürfen wir keine Zeit mehr verlieren.» Scholz verwies darauf, dass viele Gesetze in der EU und in Deutschland geändert würden, um den Ausbau erneuerbarer Energie anzukurbeln. Zudem sei es hilfreich, dass auch die Industrie bei dem Nordsee-Gipfel vertreten sei, denn in den Unternehmenszentralen müssten jetzt auch Entscheidungen getroffen werden.

Scholz hob hervor, dass der Netzausbau ebenso schnell vorangehen müsse wie der Ausbau der Produktion. Denn die industriellen Zentren lägen oft nicht an der Küste. «Die Energieleitungen sind Lebensadern Europas. Wir produzieren Energie längst nicht mehr nur für uns selbst, sondern auch für unsere Nachbarn und umgekehrt», sagte er.

Ebenso wichtig sei die Sicherheit der Infrastruktur in der Nordsee, betonte De Croo. Windfarmen, Kabel auf dem Meeresgrund und Pipelines seien anfällig für Sabotage und Spionage. «Wir wissen, dass unserer kritische Infrastruktur bedroht ist», sagte von der Leyen. Sie verwies auf eine gemeinsame Arbeitsgruppe der EU und der Nato dazu, die kürzlich ihre Arbeit aufgenommen hat. Unter anderem werde an einem Stresstest-Programm gearbeitet.

In der gemeinsamen Gipfel-Erklärung hieß es: «Wir betonen, dass die Sicherheit der Energieversorgung und der Kampf gegen den Klimawandel für die Zukunft Europas von entscheidender Bedeutung sind.» Man müsse stärker zusammenarbeiten, um eine erschwingliche, sichere und nachhaltige Energieversorgung zu gewährleisten.

Zuletzt nur langsamer Ausbau

Der Ausbau der Offshore-Windenergie kam in Deutschland und der EU zuletzt nur langsam voran. Im vergangenen Jahr erzeugten die neun Staaten nach Angaben der belgischen Regierung rund 30 Gigawatt Offshore-Windenergie. Etwa 8 Gigawatt kamen aus Deutschland, davon der Großteil aus der Nordsee. Frankreich, Norwegen und Irland wiederum produzierten jeweils deutlich weniger als 1 Gigawatt.

Bei dem Gipfel an der belgischen Küste setzten sich die teilnehmenden Staaten nun jeweils auch nationale Ziele. Deutschland hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, mindestens 30 Gigawatt bis 2030 und mindestens 70 Gigawatt bis 2045 Gigawatt aus Offshore-Windenergie anzupeilen. Davon dürfte der Großteil aus der Nordsee kommen.

In einer Erklärung der für Energie zuständigen Minister hieß es nun unter anderem, dass Deutschland bis 2045 mindestens 66 Gigawatt Offshore-Energie aus der Nordsee gewinnen will. Großbritannien gab als Ziel für 2030 bis zu 50 Gigawatt an, Belgien 8 Gigawatt bis 2040. Luxemburg, das kein Nordsee-Anrainer ist, sagte zu, die geplanten Projekte etwa finanziell zu unterstützen.

Rund um den Gipfel wurden zudem weitere Erklärungen verabschiedet und Projekte angestoßen. So schlossen die EU und Norwegen formell eine Vereinbarung, die die Kooperation etwa bei erneuerbaren Energien und dem Umweltschutz stärken soll. Großbritannien und die Niederlande wiederum kündigten den Bau einer «Stromautobahn» in der Nordsee an, die Anfang der 2030er Jahre in Betrieb gehen soll. Die Leitung «LionLink» soll dann beide Länder mit Windparks in der Nordsee verbinden.

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