100 JAHRE DEUTSCHE MINDERHEIT

Das Dibbernhaus

Das Dibbernhaus

Das Dibbernhaus

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Sonderburg/Sønderborg
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Vor dem Dibbernhaus: „Volksgruppenführer“ Jens Möller (2. v. r.) und SS-Obergruppenführer Werner Lorenz (2. v. l.), Leiter der Volksdeutschen Mittelstelle Foto: Privat

Die Verwaltungszentrale der deutschen Minderheit während des Nationalsozialismus.

Egal ob man den Fernseher einschaltet oder die Zeitung aufschlägt, so werden einem regelmäßig Informationen über die Zeit des Nationalsozialismus geboten. Trotz oder gerade wegen der Fülle der dargebotenen Inhalte scheint es enorm schwer diese Zeit, das Denken und die Strukturen aus unserer heutigen Sicht zu erfassen. Dies gilt im Großen für das nationalsozialistische Deutschland wie auch im Kleinen für die deutsche Minderheit in den Jahren 1933 bis 1945.

Ein wenig Licht ins Dunkle hätten sicher die Dokumente gebracht, die Anfang Mai 1945 in Apenrade verbrannt wurden. Dies geschah im Dibbernhaus, dem Hauptverwaltungsgebäude der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei Nordschleswig. Dies lag in der Skibbrogade. 

Nach einem Artikel im „Nordschleswiger“ ist das Gebäude 1939 von der NSDAP-Nordschleswig gekauft und dann als Verwaltungsgebäude eingerichtet worden. 
Benannt wurde es nach seinem vorherigen Besitzer, dem Arzt Johannes Dibbern. Dieser war schon vor 1920 Arzt in Apenrade und ließ sich 1899/1900 das Haus bauen. Groß genug, dass Familie und Arztpraxis dort Platz finden konnten. Der aus Holstein stammende Arzt starb am 15. Februar 1932.

Auch wenn viele Dokumente aus dem Dibbernhaus im Mai 1945 verbrannt wurden, so sind doch noch einige Dinge aus dem Haus erhalten geblieben. Mit dem Verlauf des Zweiten Weltkrieges fielen auch die ersten Angehörigen der deutschen Minderheit. Ihrer wurde im Sitzungssaal des Dibbernhauses gedacht. Dazu wurden dort Porträts der Gefallenen aufgehängt. Diese wurden 1945 abgenommen und auf einem Dachboden verwahrt. 1988 kamen sie ins Deutsche Museum Nordschleswig.

Erhalten geblieben sind auch die Informationstafeln aus dem Eingangsbereich des Dibbernhauses. Diese haben wir vor einigen Jahren aus dem Landesarchiv/Rigsarkiv in Apenrade bekommen. Sie geben uns einen kleinen Überblick darüber, welche Strukturen und Organisationen in der Zeit des Nationalsozialismus existiert haben.   
Auf der ersten Informationstafel, von oben gesehen, ist das Zimmer von Peter Larsen angegeben. Er war Chef des Organisationsamtes der NSDAP-Nordschleswig und gleichzeitig Führer der Schleswigschen Kameradschaft. Die NSDAP-Nordschleswig wurde 1935 gegründet, musste sich aber erst gegen konkurrierende nationalsozialistische Organisationen durchsetzen. Dies gelang 1938. Ihr  stand Jens Möller vor. Aufgeteilt war sie in fünf Kreise und etwa 70 Ortsgruppen.

Die Schleswigsche Kameradschaft wurde ursprünglich als Nordschleswigsche Sturmabteilung gegründet. Dies in Anlehnung an die paramilitärische Sturmabteilung in Deutschland, die eine Art nationalsozialistischer „Prügeltrupp“ war und an vielen blutigen Straßenschlachten teilnahm. Ganz so extrem sollte es aber in Nordschleswig nicht zugehen.    
Auf der ersten Tafel auch mit angeführt sind die Landesjugendführung-DJN und die Deutsche Mädchenschaft. Die Deutsche Mädchenschaft Nordschleswig und die Deutsche Jungenschaft Nordschleswig waren mit den deutschen Organisationen des Bundes Deutscher Mädel und der Hitlerjugend zu vergleichen. Auch wenn die Gesamtleitung dem „Landesjugendführer“ unterlag, so gab es darunter auch eine „Landesmädelführerin“. Die Jungenschaft wurde 1933, die Mädchenschaft 1934 gegründet.

Mögen die NSDAP-Nordschleswig, die Schleswigsche Kameradschaft und die Jugendorganisationen heute vielleicht noch einigen ein Begriff sein, so werden die Deutschen Berufsgruppen Nordschleswig vielen dies nicht mehr sein. 

Ursprünglich sollten sie Jugendliche beruflich fortbilden. Dies im Geiste des Nationalsozialismus. Später wurde es eine Organisation für alle Gewerbetreibenden, Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine wichtige Unterabteilung der Deutschen Berufsgruppen Nordschleswig war die Liefergemeinschaft. Diese wurde nach der Besetzung Dänemarks gegründet und sollte Aufträge der deutschen Besatzungsmacht an Firmen aus der deutschen Minderheit vermitteln.

Noch ins Auge fallend ist das „Amt für Sippenforschung“. Wie vermuten lässt, war das Amt dazu da, nachzuprüfen und zu bestätigen, ob jemand arischer Abstammung war. Die Erstellung und Beglaubigung eines „Ariernachweises“ war u. a. für die Aufnahme in die Waffen-SS vonnöten.

Neben den kurz genannten gibt es noch eine große Masse an weiteren Organisationen. Für den Überblick noch erschwerend, haben diese öfters den Namen und die inhaltliche Ausrichtung geändert. Es bleibt also kompliziert!    

Das Dibbernhaus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vom dänischen Staat konfisziert und 1951 an eine Gewerkschaft verkauft. Heute ist das Haus in mehrere  Mietwohnungen unterteilt.
 

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