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„Nachschlagewerk“ der Minderheit ist noch heute von Wert

„Nachschlagewerk“ der Minderheit ist noch heute von Wert

„Nachschlagewerk“ der Minderheit ist noch heute von Wert

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Nordschleswig
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Verschiedene Volkskalender über die Zeit Foto: Deutsches Museum Sonderburg

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Der Deutsche Volkskalender Nordschleswig (1924-2011) – Zielsetzung der ersten Ausgabe: das deutsche Wesen stärken

2011 erschien der Deutsche Volkskalender das letzte Mal. Damit ging eine Geschichte zu Ende, die 1924 ihren Ausgangspunkt hatte, aber auch noch über das letzte Jahr des Erscheinens weiter hinauswirkt.
Schon 1923 hatte Wilhelm Koopmann zu einem Treffen eingeladen, bei dem die Erstellung eines Kalenders diskutiert werden sollte. Konkret wurde es aber erst mit einem Treffen von Vertretern des „Gesamtausschusses“, einem übergeordneten Gremium aus Vertretern aus den Bereichen Politik, Schule und Jugend, am 12. Mai 1924 in Apenrade.

Bei diesem Treffen wurde die Erstellung eines „Deutschen Volkskalenders für Nordschleswig“ beschlossen. Der Parteisekretär des Schleswigschen Wählervereins, ein Vorgänger der Schleswigschen Partei, wurde damit beauftragt, Angebote bei den deutsch-nordschleswigschen Zeitungen einzuholen. Darüber hinaus wurde er dann auch zuständig für die Kalenderredaktion.
Im Dezember 1924 erschien dann der erste „Deutsche Volkskalender Nordschleswig“ für das Jahr 1925. Gedruckt wurde dieser von der „Neuen Tondernschen Zeitung“. In ihm enthalten war unter anderen ein Beitrag von Karl Alnor zur Volksabstimmung 1920.
In der ersten Ausgabe wurde auch auf die Zielsetzung des Volkskalenders eingegangen. So hieß es dort: „ … uns selbst zu stärken im deutschen Wesen, das fest im heimatlichen Boden wurzelt und sich untrennbar verbunden weiß mit allem deutschen Volk im alten Vaterland und jenseits seiner blutenden Grenzen.“

Der Umschlag des Volkskalender als Druckklischee Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Für Johannes Schmidt Wodder stellte der neu geschaffene Volkskalender ein weiteres Sprachrohr dar. Dieser Möglichkeit bedient er sich auch schon in der ersten Ausgabe und beschreibt aus seiner Sicht die Situation der deutschen Minderheit in den Anfangsjahren: „Es ist der dunkle Schatten von Versailles, der über uns liegt. Er liegt über dem ganzen deutschen Volk. Er ist nicht zurückgewichen, hat sich nicht gehoben wie Nebel, die vor der aufsteigenden Sonne sich teilen.“ Regelmäßig wird sich Schmidt Wodder im Volkskalender äußern. Erst mit dem Machtkampf, innerhalb der deutschen Minderheit in den 1930er Jahren wird ihm diese Möglichkeit eingeschränkt.

 

Die Gestaltung und das Format des Volkskalenders der ersten Jahre weichen noch von dem später eingeprägten bekannten Bild ab. Die ersten fünf Jahre zeigt der Umschlag einen Pflug. 1931, eine einmalige Angelegenheit, zeigt der Umschlag die beiden Schleswigschen Löwen.
Für die Ausgabe des Jahres 1932 konnte dann der Künstler A. Paul Weber für die Gestaltung des Umschlags gewonnen werden. Seine Gestaltung sollte das unverwechselbare Erkennungsbild des Volkskalenders werden. Auf dem von ihm angefertigten Holzschnitt wurde die Kirche von Lügumkloster gezeigt. Erst mit der letzten Ausgabe des Volkskalenders sollte sich die Darstellung noch einmal markant ändern.

Klassische Elemente des Volkskalenders waren eben das namensgebende Element des Kalenders, Bücherpräsentationen, Nachrufe und Biografien, Erzählungen, Gedichte, religiöse Betrachtungen und historische Darstellungen. Ab 1931 fanden dann auch systematisch Berichte über die verschiedenen Verbände der Minderheit Eingang in den Volkskalender. Gerade die Berichte, aber auch die Nachrufe sind der Grund, dass der Volkskalender für uns heute immer noch einen Wert hat. Dies als Nachlaufwerk und als Möglichkeit, durch die Nachrufe erste Informationen über Personen aus der Minderheit zu bekommen. Die Nachrufe sind natürlich immer mit Vorsicht zu genießen, da man in diesen zum Teil verständlicherweise die negativ belasteten Lebensabschnitte der Verstorbenen weggelassen hat.

Bis 1929 betreute Max Rasch den Volkskalender redaktionell. Durch die, in demselben Jahr geschaffene, „Nordschleswigsche Zeitung“ ergab sich für ihn eine neue berufliche Möglichkeit. Der Wechsel von dem Posten als Parteisekretär hin zur „Nordschleswigschen Zeitung“ hatte auch direkte Folgen für das Erscheinen des Volkskalenders. So kommt keine Ausgabe für das Jahr 1930 zustande. Einmalig in der Geschichte des Volkskalenders.

Später sollte Max Rasch nochmals die Redaktion des Volkskalenders übernehmen. 1930 übernahm erstmals Hans Schmidt-Gorsblock diese Aufgabe.

Schon am Anfang des Volkskalenders stellte sich die Frage der Finanzierung. Eine Fragestellung, die sich des Öfteren wiederholte und die natürlich auch immer mit der Anzahl an verkauften Heften verknüpft war. Dies führte dann schlussendlich  wohl auch zur Einstellung des Volkskalenders.

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