100 Jahre – 100 Gegenstände – 100 Geschichten

Der Prinz von Noer – Teil der Schleswig-Holsteinischen Erhebung

Der Prinz von Noer – Teil der Schleswig-Holsteinischen Erhebung

Der Prinz von Noer

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Nordschleswig
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Degen und Pickelhaube des Prinzen von Noer. Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Degen und Pickelhaube sind im Museum ausgestellt / Der gebürtige Kieler gehörte zu einer Nebenlinie des Hauses Oldenburg

Geht es um die Gestaltung einer neuen Dauer- oder Sonderausstellung, so ist man fast zwangsweise auf die Hilfe von anderen Museen, Institutionen oder Personen angewiesen. Am Anfang einer Neugestaltung steht immer die Frage, welche Geschichte man erzählt, welche Schwerpunkte man setzen möchte und mit welchen Gegenständen die Geschichten und Schwerpunkte am besten darstellt werden können. Selten wird es so sein, dass man alle passenden Gegenstände in der eigenen Sammlung vorrätig hat. Deswegen geht der Blick unweigerlich nach außen, und man überlegt, wo man passende Exponate leihen könnte.

Dies ist im Deutschen Museum Nordschleswig nicht anders. Für frühere Sonderausstellungen und auch für unsere alte Dauerausstellung wurden Exponate bei anderen Museen und Privatpersonen geliehen.
Auch wenn wir sehr viele interessante Exponate in unserer Sammlung haben, so mussten wir auch für die kommende neue Dauerausstellung wieder einige Exponate leihen. Diesmal aus der historischen Sammlung der Landesbibliothek in Kiel. Davon sollen an dieser Stelle zwei Gegenstände präsentiert werden, die mit einer besonderen Person und tief mit der schleswig-holsteinischen Geschichte verwoben sind.

Pickelhaube Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Dabei handelt es sich um den Degen und die Pickelhaube vom Prinzen von Noer. Dieser wurde im Jahr 1800 in Kiel geboren und trug eigentlich den Namen Friedrich Emil August, Prinz von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg. Er nannte sich aber nach einem in seinem Besitz befindlichen Gutshof.  Der Prinz von Noer gehörte zu einer Nebenlinie des Hauses Oldenburg. Eine weitere Nebenlinie stellt bis heute u. a. das dänische Königshaus.

Ab 1825 diente der Prinz als Offizier im dänischen Militär. 1842 wurde er als Statthalter und kommandierender General in Schleswig-Holstein berufen. Als Reaktion auf den offenen Brief des dänischen Königs Christian VIII. aus dem Jahr 1846 tritt er aber von seinen Posten zurück. In dem Brief stellte der König fest, dass die Erbfolge auch für das Herzogtum Schleswig gültig wäre. Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass der Sohn Christian VIII., Frederik VII., wohl keine Kinder haben würde. Deswegen entbrannte ein Streit um die Erbfolge. Die Familie des Prinzen von Noer, mit seinem älteren Bruder Christian August an der Spitze, hatte ihre Ansprüche auf die Herzogtümer, aber auch auf die dänische Krone angemeldet. Mit dem Brief widersprach der König den Ansprüchen der Augustenburger.

Am 24. März 1848 wurde der Prinz von Noer Teil der provisorischen Regierung Schleswig-Holsteins. Dies als Kriegsminister und Oberkommandierender. Um der schleswig-holsteinischen Sache überhaupt eine Chance zu geben, musste das Militär schnellstmöglich ausgebaut werden. Deswegen fiel der Blick auf die Festung Rendsburg.

Unter der Befehlsgewalt des Prinzen von Noer gelang es den Schleswig-Holsteinern, die Wachen zu überrumpeln und die Festung einzunehmen. Danach versammelten sich Eroberer und Eroberte auf dem Exerzierplatz. Der Befehlshaber der Festung, General Lützow, erklärte seinen Soldaten, dass er unter den gegebenen Machtverhältnissen von seinem Kommando zurücktrete und es jedem Einzelnen freistehe, zu den Schleswig-Holsteinern überzutreten. Auch der Prinz von Noer fragte die Soldaten, ob sie übertreten wollten. Ein Großteil der Offiziere entschied sich dagegen und reiste nach Dänemark ab. Trotzdem war die unblutige Einnahme der Rendsburger Festung ein großer Erfolg für die Schleswig-Holsteiner. Neben etwa 1.200 Soldaten gingen das Arsenal und die Zentralkasse der Herzogtümer in ihren Besitz über. Nicht verwunderlich, dass diese Tat und der Prinz von Noer von schleswig-holsteinischer Seite bejubelt wurden.

Degen Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Auch nicht überraschend, so wurde die Eroberung der Festung von dänischer Seite als demütigend und als Verrat wahrgenommen. Dies projizierte sich deutlich auf den Prinzen von Noer, der ja an der Spitze der Unternehmung stand. So wurden z. B. in der Folge in Dänemark Nachttöpfe hergestellt, die das Abbild des Prinzen und seines älteren Bruders Christian August zeigten. Beide haben einen Strick um den Hals, der jeweils  an einem Balken befestigt ist. An dem Balken befindet sich auch ein Schleswig-Holstein-Wappen. Unter den beiden steht der Spruch: „I To! Forrædere er tilvisse / Derfor alle Danske paa jer maa pisse.“ Ungefähr übersetzt bedeutet dies: „Ihr beiden! Mit Sicherheit seid Ihr Verräter / Deswegen dürfen alle Dänen auf Euch pissen“.

Nach einigen militärischen Niederlagen und Streitigkeiten schied der Prinz von Noer im September 1848 aus der provisorischen Regierung aus. Nach der Schleswig-Holsteinischen Erhebung ging er ins Exil. Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 wurde er vom österreichischen König zum Fürsten von Noer ernannt. Er starb 1865 und wurde in Kusendorf im Kreis Rensburg-Eckernförde begraben.

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