100 Jahre – 100 Gegenstände – 100 Geschichten

Eine Taschenuhr und ihre Geschichte – Den Sønderjydske Fond

Eine Taschenuhr und ihre Geschichte – Den Sønderjydske Fond

Eine Taschenuhr und ihre Geschichte – Den Sønderjydske Fond

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Nordschleswig
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Die Taschenuhr Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Die Stiftung hatte sich vielfältigen Aufgaben verschrieben – die Uhren etwa bekamen Kinder zur Konfirmation, deren Vater im Ersten Weltkrieg gefallen war

In der Registrierungübersicht des Deutschen Museums Nordschleswig gibt es in etwa 3.000 Registrierungsnummer. Hinter diesen Nummern können sich einzelne, aber auch 10 oder 20, Gegenstände verbergen. Typischerweise werden mehrere Gegenstände unter einer Nummer abgelegt, wenn diese sich mit der gleichen Thematik beschäftigen und den gleichen Ursprung und Geber haben. Ein Beispiel wären hier die vielen Knochenschnitzereien aus dem Faarhus-Lager.

Der größte Teil der gesammelten Gegenstände hat in irgendeiner Form einen direkten Bezug zur Geschichte der deutschen Minderheit oder der deutsch gesinnten Bevölkerung vor 1920. So wie die erwähnten Knochenschnitzereien aus Faarhus. Seltenheitswert haben dagegen Gegenstände aus den Kreisen der Mehrheitsbevölkerung. So wie viele Angehörige der Minderheit ihre Hinterlassenschaften fast ausschließlich bei uns abgegeben haben, so hat die Mehrheitsbevölkerung ihre bei den dänischen Museen abgegeben. Ein Grund, warum eine gute Zusammenarbeit und der Leihverkehr zwischen den Museen so enorm wichtig ist.

Ein Gegenstand, der seinen Weg von der Mehrheitsbevölkerung hinein in unser Museum gefunden hat, ist die gezeigte Taschenuhr der Stiftung „Den Sønderjydske Fond“.

Hintergrund für die Einrichtung der Stiftung (Fond) waren  der Erste Weltkrieg und die zu erwartende Eingliederung Nordschleswigs in Dänemark. Während des Krieges dienten ungefähr 35.000 junge Männer im deutschen Militär. Davon starben mindestens 5.300, und ca. 4.000 kamen als Kriegsinvaliden zurück. Die Gefallenen hinterließen  etwa 1.500 Witwen mit 5.000 Kindern.

Dies hatte in Dänemark schon unterschiedliche Hilfsaktionen in Bewegung gesetzt. Aber um den Folketingsabgeordneten J. C. Christensen entstand die Idee, alle Hilfsaktionen unter einer Organisation zu koordinieren. Am 7. Dezember 1918 kam es dann zur Gründungsversammlung. Wenig später, am 19. Dezember 1918, wurde ein Aufruf einstimmig beschlossen und von 73 bekannten Persönlichkeiten unterschrieben. In dem Aufruf ging man darauf ein, dass in einer „hoffentlich nahen Zukunft“ Nordschleswig ein Teil von Dänemark werden würde, damit aber auch gleich die Aufgabe warte, die durch den Krieg in Notlage geratene Bevölkerung zu unterstützen. Deswegen forderten sie alle dänischen Bürger auf, für diese Stiftung zu spenden.

Erster Vorsitzender der Stiftung „Den Sønderjydske Fond“ wurde der Folketingsabgeordnete Jacob Appel. Im geschäftsführenden Ausschuss, den Frederik Hiort-Lorenzen führte, finden wir auch eine Person wieder, die mit ihrer Arbeit einen großen Einfluss auf die Volksabstimmung 1920 hatte. Hans Victor Clausen, dessen Vorschlag für einen zukünftigen Grenzverlauf zur Grenze zwischen den beiden Abstimmungszonen und damit nahezu auch zu unserer heutigen Grenze wurde.

Da die Stiftung einen ganzheitlichen Anspruch hatte, waren die Aufgaben sehr vielfältig. Diese reichten von der finanziellen und humanitären Hilfe  für Betroffene des Ersten Weltkriegs über Unterstützung von Kriegsinvaliden und Hinterlassenen sowie Unterstützung von dänischer Kultur im Grenzland, Kauf von neuen Kirchenglocken (die alten wurden während des Kriegs eingeschmolzen) bis hin zur  Einrichtung und Unterstützung von Kinderheimen,  Studentenwohnheimen und nordschleswigschen Studenten.

Unterstützt wurde auch der Kauf von Taschenuhren. Diese wurden Kindern zur Konfirmation geschenkt, dessen Vater im Ersten Weltkrieg gestorben war. Ob Mädchen oder Jungen, alle erhielten eine Uhr. Einzig die Größe der Uhren war unterschiedlich. Die für Mädchen waren kleiner.

Wie viele der 5.000 vaterlosen Kinder eine Uhr erhielten, ist nicht exakt überliefert. Insgesamt, für alle unterschiedlichen Aufgaben, verteilte „Den Sønderjydske Fond“ an die 13 Millionen Kronen. Davon auch ungefähr 20 Prozent südlich der Grenze. Obwohl es nicht explizit festgeschrieben war, ging die Förderung wohl hauptsächlich an dänisch Gesinnte im Grenzland.         
 

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