100 Jahre deutsche Minderheit

Teil 8: Arndt Georg Nissen – Eine vielfältige Lebensgeschichte

Teil 8: Arndt Georg Nissen – Eine vielfältige Lebensgeschichte

Teil 8: Arndt Georg Nissen – Eine vielfältige Lebensgeschichte

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Sonderburg/Sønderborg
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Eisernes Kreuz von Arndt Georg Nissen mit Verleihungsurkunde Foto: Privat

Die Geschichte hinter seinem Eisernen Kreuz.

Vielen Angehörigen der Deutschen Minderheit ist Arndt Georg Nissen (Auch A.G. Nissen oder Age Nissen) primär durch seine Aquarelle und Zeichnungen mit maritimen Darstellungen bekannt. Wer die letzten Jahre aufmerksam durchs Deutsche Museum Nordschleswig ging, wird auch abseits von der Kunst auf Arndt Georg Nissen gestoßen sein. Zu sehen sind unter anderem Wahlplakate des Schleswigschen Wählervereins (Listenbezeichnung Schleswigsche Partei), Zeichnungen  der Grabungen von Panzergräben 1944 auf Höhe von Toftlund, verschiedene Arbeiten aus dem Faarhus-Lager und eine von ihm gestaltete Vorderseite eines Wahlflyers der Schleswigschen Partei aus dem Jahre 1951. Dies zeugt schon von einer Bandbreite über den Segelsport hinaus. 

Das Deutsche Museum Nordschleswig ist in der glücklichen Situation, einen großen Teil des Nachlasses von Arndt Georg Nissen im Haus zu haben. Da es sich um viele Kisten mit unterschiedlichsten Materialien handelt, geht die „Fein-Registrierung“ eher schleppend voran. Vor nicht allzu langer Zeit wurde eine Kiste mit persönlichen Dokumenten und Gegenständen registriert.  Diese enthielt, mit ein wenig Verwunderung des Registrators, einen Tjenesteudyktighedspas vom April 1933. Also eine Bestätigung, dass er nicht für den dänischen Militärdienst geeignet war. Größer wurde die Verwunderung, als dann in einem nächsten Kuvert ein Eisernes Kreuz der 2. Klasse inklusive Verleihungsurkunde zum Vorschein kam. Vielen ist wohl bekannt, dass Arndt Georg Nissen nach dem 2. Weltkrieg auch im Faarhus-Lager inhaftiert war. Der Grund für die Inhaftierung lag wohl primär in den grafischen Arbeiten, die Arndt Georg Nissen vor und während des Krieges erstellte. Dies ist wohl auch weiter zutreffend, aber das Eiserne Kreuz, und die dazugehörige Verleihungsurkunde, ergänzten das Bild. Auf der Urkunde ist festgehalten, dass er den Orden als Matrosen am 22. August 1941 verleihen bekommen hatte.

Interesse geweckt

Also als Matrose der deutschen Kriegsmarine? Nun war das Interesse geweckt! Schnell war herausgefunden, dass Arndt Georg Nissen während des Zweiten Weltkrieges für die deutsche Abwehr, also dem militärischen Nachrichtendienst der Nationalsozialisten, gesegelt war. Während des Krieges hatte die Abwehr verschiedene Unternehmungen in Auftrag gegeben. Ziel war es, Spione an ihre Einsatzorte zu bringen. Arndt Georg Nissen beteiligte sich 1941 an einem Unternehmen, das Spione an der Küste Südafrikas absetzen sollte. Zu diesem Zweck wurde eine Hochseesegelyacht ausgewählt. Als Tarnung sollte vorgegeben werden, dass die Besatzung aus exzentrischen Amerikanern bestehe, die trotz des herrschenden Krieges,  die Weltmeere besegelten. Nachzulesen ist diese, unter Beteiligung von Arndt Georg Nissen, und weitere Unternehmungen in dem Buch „Die Geisterschiffe Hitlers – Segler im Dienste der Abwehr“. In Deutschland im Jahr 1975 erschienen.  Interessanterweise basiert die Erzählung, über die Unternehmung nach Südafrika, auf einem von Arndt Georg Nissen unerlaubterweise geführten Tagebuch.

Selbstporträt A.G. Nissen 1929 Foto: Privat

Einer der an Bord befindlichen Spione war der, aus einer Burenfamilie stammende, Südafrikaner Robey Leibbrandt. Dieser kam, im Rahmen der Olympischen Spiele 1936, als Boxer nach Berlin. Scheinbar hatte er in Deutschland und in den Nationalsozialisten Gleichgesinnte gefunden. 1938 kehrte er nach Deutschland zurück und meldete sich bei Kriegsausbruch freiwillig zur Wehrmacht.

Regierung schwächen

Seine Aufgabe als Spion in Südafrika war es, die südafrikanische Regierung, die auf Seiten der Alliierten stand, zu schwächen und möglichst zu stürzen. Nach der erfolgreichen Landung an Südafrikas Küste gelang ihm der Aufbau einer Untergrundorganisation. 1943 wurde er aber enttarnt und zu Tode verurteilt.  Später wurde diese Strafe in lebenslänglich umgewandelt und nach dem Krieg wurde er begnadigt.  

Während der abgesetzte Spion sein Unwesen in Südafrika trieb, macht sich die Schiffsbesatzung auf den Rückweg. Dabei kommt es, laut Erzählung, zur Begegnung mit einem britischen Kriegsschiff. Aber die vorher ausgedachte Tarnung, als exzentrische Amerikaner besteht seine Feuertaufe. Wohl auch weil der Kapitän des Schiffes in früheren Jahren einen englisch-amerikanischen Dialekt zu sprechen gelernt hatte. Aufgrund des Kriegseintritts der Amerikaner, beschließt die Besatzung des Schiffes ihre Reise abzukürzen. Man läuft eine Insel vor der heutigen Westsahara an. Diese Insel stand unter spanischer Kontrolle. Von dort aus konnte die Mannschaft dann einen Flug nach Rom und weiter nach Deutschland nehmen. 

Viele der Orden, die sich im Deutschen Museum Nordschleswig befinden, sind „Massenware“ und erzählen normalerweise keine interessanten und spannenden Geschichten. Das geschilderte Beispiel von Arndt Georg Nissen zeigt aber, dass es sich immer lohnt, genauer hinzuschauen, und dass sich auch hinter eigentlich unscheinbaren Gegenständen eine spannende Geschichte verbergen kann! 
 

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