Dienstjubiläum

Bertel überbietet ausschließlich eigene Rekorde

Bertel überbietet ausschließlich eigene Rekorde

Bertel überbietet ausschließlich eigene Rekorde

Kopenhagen
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Zwei Mal Bertel Haarder: Während der eine nach mehr als 40 Jahren das Folketing verlassen wird, wird das Gemälde dort aufgehängt werden. Foto: Walter Turnowsky

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Der Venstre-Politiker Bertel Haarder aus Randershof ist mit deutlichem Abstand der dienstälteste Politiker im Folketing. Am Mittwoch feierte er sein 40. Jubiläum – nach 41 Jahren.

„Nur Krieg und Corona konnten die Freiheit und Demokratie (folkestyret) in Dänemark beeinträchtigen“. Mit diesen Worten eröffnete der Venstre-Politiker Bertel Haarder am Dienstag das neue Parlamentsjahr.

Laut Grundgesetz ist es die Aufgabe des dienstältesten Folketingsmitglieds am ersten Dienstag im Oktober das Folketingsjahr zu eröffnen. Und damit ist Haarder bereits ein Routinier, was die Aufgabe anbelangt. Denn Dienstältester ist er bereits seit geraumer Zeit. Wenn von Bertel die Rede ist, weiß jeder in und um Christiansborg, wer gemeint ist. 

„Jetzt können wir wieder frei atmen. Sowohl die Freiheit als auch die Demokratie sind in vollem Umfang wiederhergestellt“, fuhr er fort.

Haarder beendet politische Karriere

Daraufhin leitete er die (Wieder)Wahl des Sozialdemokraten Henrik Dam Kristensen zum Vorsitzenden des Folketings sowie die Wahl des übrigen Präsidiums, und damit war seine Aufgabe gelöst. Es wird das vorletzte, bei vorgezogenen Wahlen möglicherweise sogar das letzte Mal, sein, dass Bertel Haarder das politische Jahr einläuten wird, denn er hat angekündigt, dass er nicht erneut antreten wird.

Der Inhalt seiner Worte bei der Eröffnung, aber auch die Art, wie sie vorgetragen wurden, sollte am Tag darauf in mehreren Reden erwähnt werden. Am Mittwoch hatte der soeben erwähnte Henrik Dam Kristensen zu einem Empfang anlässlich des 40. Dienstjubiläums Haarders eingeladen.

Liberal vom Schlage Grundtvigs

Der sozialdemokratische Vorsitzende des Folketings sprach von der tief verankerten liberalen Überzeugung Haarders, die auf der Volkshochschulbewegung und den Gedanken von N. F. S. Grundtvig aufbaue. Man sei nie im Zweifel, was er meine, denn Haarder würde immer klare Wort finden.

 

Der Andrang beim Empfang war groß. Politiker aller Parteien waren erschienen. Hier Bertel Haarder mit Transportminister Benny Engelbrecht (Soz.). Foto: Hasse Ferold

Er lobte, wie andere Redner auch, dass der liberale Politiker immer für seine eigenen Ansichten gefochten hat, auch dann, wenn diese dem Zeitgeist nicht entsprachen.

Längste Ministerzeit

Das Jubiläum hätte eigentlich schon im vergangenen Jahr stattfinden sollen, musste jedoch corona-bedingt ausfallen. Und so wurde das 40. Jubiläum nun in Wirklichkeit zum 41.

„Das ist eigentlich typisch für dich, denn wenn du antrittst, überbietest du ausschließlich die eigenen Rekorde“, meinte Haarders Parteivorsitzender, Jakob Ellemann-Jensen, scherzhaft.

Der Politiker aus Randershof (Rønshoved) ist nicht nur dienstältester Folketingspolitiker, er ist auch der längste amtierende Minister in der Geschichte der dänischen Demokratie. 

Papa und Opa waren Weggenossen

1975 wurde er zum ersten Mal ins Folketing gewählt. Das erste Mal angetreten war er bereits zwei Jahre zuvor, im Geburtsjahr von Ellemann-Jensen.

„Bereits mein Vater saß mit dir in der Fraktion, und mein Großvater auch“, meinte er und sprach damit an, dass viele sich die dänische Politik ohne Bertel Haarder kaum vorstellen können.

„Du wirst eine große Lücke hinterlassen.“

Fantasielos?

Die Hauptperson selbst meinte selbstironisch, dass die lange Amtszeit vielleicht gar keine so große Leistung sei.

„Möglicherweise ist es auch nur ein Zeugnis von Fantasielosigkeit“, sagte er.

Jetzige und ehemalige Venstre-Größen: Søren Pind, Bertel Haarder, Jakob Ellemann-Jensen und Helge Sander (v.l.) Foto: Hasse Ferold

Er sprach dann auch an, dass er den Rekord aller Zeiten nicht packen wird. Denn der gehört mit 51 Jahren und zwei Monaten Klaus Berntsen, der 1873 erstmalig gewählt wurde.

„Ein Verfechter der freien Schulen, wie ich. Und selbstverständlich Venstre-Mann“, meinte Haarder mit zufriedenem Lächeln.

Zu den Markenzeichen des Alterspräsidenten zählt auch, dass er regelmäßig mit spitzer Feder Lieder zum aktuellen politischen Geschehen verfasst, und so natürlich auch zu diesem Anlass.

In diesem Fall galt die Ironie vor allem ihm selbst. So ließ er nicht unerwähnt, dass ihm der Posten als Generalkonsul in Flensburg durch die Lappen gegangen war. Auch die Tatsache, dass er gerne EU-Kommissar geworden wäre, ließ er nicht unerwähnt.

Das Geschenk

Spätestens ab Juni 2023 wird Bertel Haarder sich an einen Alltag ohne Politik gewöhnen müssen. Und die Kollegen auf Christiansborg werden sich an einen Alltag ohne Bertel Haarder gewöhnen müssen.

So ganz stimmt letzteres jedoch nicht: Das Geschenk seiner Partei an ihn, ist ein Porträt. Es soll direkt gegenüber des Büros des Folketingsvorsitzenden hängen. Und so wird er auch auf kommende Generationen von Politikern herabblicken.

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