Dansk-tysk med Matlok

Deutscher Botschafter Pascal Hector: Dänemark gehört in das Herz Europas

Deutscher Botschafter Pascal Hector: Dänemark gehört in das Herz Europas

Botschafter: Dänemark gehört in das Herz Europas

Der Nordschleswiger
Der Nordschleswiger
Kopenhagen
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Botschafter Pascal Hector mit Siegfried Matlok beim Fernseh-Interview, das in der Residenz des Botschafters am Vestagervej auf Østerbro aufgenommen wurde. Foto: DK4

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Deutschland wolle keinen europäischen Superstaat, sondern die Wertvorstellungen der Mitgliedsländer bewahren. Der deutsche Botschafter in Dänemark, Pascal Hector, erklärt in einem Fernseh-Interview auf „DK4“, warum sich die Däninnen und Dänen vor großen europäischen Visionen aus Berlin und Paris nicht zu fürchten brauchen; im Gegenteil.

Der deutsche Botschafter in Kopenhagen, Pascal Hector, hat in einem Fernseh-Interview auf „DK4“ in der Serie „Dansk-tysk med Matlok“ etwaige dänische Befürchtungen vor zu großen deutsch-französischen Europa-Visionen als unbegründet bezeichnet.

Er hat darauf hingewiesen, dass es bei den Plänen der Berliner Regierung „hin zu einem föderalen europäischen Bundesstaat“ keineswegs um einen Zentralstaat geht, der alles dominieren will. Für ihn sei ein „Europa geeint in Vielfalt“ die richtige Antwort auf die großen Herausforderungen und Bedrohungen der kommenden Zeit.

Angesprochen auf den deutsch-französischen Motor in der Europäischen Union verwies der Vertreter der Bundesrepublik in Dänemark auf die durchaus oft recht unterschiedlichen Ausgangspositionen von Paris und Berlin auf dem Wege zu einem Kompromiss.

„Die deutsch-französische Einigung ist zwar wichtig und notwendig, aber sie ist nicht hinreichend. Gerade die deutsche Politik hat in der EU stets Wert darauf gelegt, dass alle Mitgliedsstaaten einbezogen werden – ungeachtet ihrer Größe.  Sie spielt dabei keine Rolle, jedes Land, jedes Volk hat eine eigenständige Bedeutung und muss sich in Europäischen Union wieder finden. Die EU ist genau das Gegenteil dessen, was man oft denkt –  so ein großer zentralistischer Apparat, der alles gleichmacht.  Die EU ist das Gehäuse, in dem die verschiedenen Völker Europas ihre Eigenart leben können. Aber eben unter dem Schutz der EU durch den gemeinsamen Rechtsrahmen.“ 

Zur Frage nach einem angestrebten föderalen europäischen Bundesstaat sagte der Botschafter: „Die Finalität liegt sehr weit in der Zukunft. Was am Ende dabei herauskommt wird man sehen, aber das Wichtige ist, dass man immer weitere Schritte unternimmt, um sich dem Ziel anzunähern – wie immer das Ziel dann im Einzelnen am Ende aussehen mag.“

Der Diplomat, vorher stellvertretender Botschafter in Paris, erinnerte an die Sorbonne-Rede des französischen Präsidenten Macron aus dem Jahre 2017, die wichtige Vorschläge enthielt, die auf der EU-Zukunftskonferenz diskutiert werden müssen, um zu hören, was die Bürger davon halten. Das Ergebnis müsse dann in eine zukunftsorientierte Bewegung gebracht werden.

Gefährliche Herausforderungen für Europa

„Die Europäische Union muss sich immer weiterentwickeln. Es geht gar nicht um immer mehr Europa, sondern es geht darum, ein Europa zu machen, das sich optimal den jeweiligen Herausforderungen des Zeitalters anpasst. Diese Herausforderungen sind heute anders, als vor 10 bis 20 Jahren. Und wenn wir vorausdenken an die nächsten 10 bis 20 Jahre,  dann wird sich das noch verstärken. Wir haben zum Beispiel heute einen viel größeren Bedarf an Sicherheitspolitik.“  

Was die Frage nach einem föderalen europäischen Bundesstaat anbetrifft, so verwies der Botschafter darauf, dass für Deutschland „auf der Basis unserer Geschichte der Nationalstaat eine andere Bedeutung, eine viel geringere Bedeutung hat als in anderen Ländern“.

„Das ist für uns ein wichtiger Punkt.“  Deutschland sei selbst ein Bundesstaat, gewöhnt an die verschiedenen Ebenen staatlicher Gewalt, Bundesland, Bundesrepublik und EU miteinander zu verbinden. 

„Für uns hat also ein europäischer Bundesstaat eine weniger abschreckende Wirkung, wie er auf andere haben kann. Wenn man es aber richtig betrachtet, dann sollte man auch gar nicht erschrecken, denn es geht ja heute nicht um einen europäischen Zentralstaat, sondern es geht eben darum, die Kompetenzen und Gewalten auf jener Ebene auszuüben, auf der es am besten möglich ist. Also Fragen, die nur auf europäischer Ebene lösbar sind, dann nur europäisch“, betonte der Botschafter und nannte als Beispiel die Impfstoffversorgung, die im Rahmen der Europäischen Union gut funktioniert habe.

Freude über EU-Signale von  Mette Frederiksen

Im Interview mit dem DK4-Titel „Tyskland og Europa efter Merkel“ äußerte Pascal Hector seine große Freude darüber, dass Staatsministerin Mette Frederiksen kürzlich angekündigt hat, Dänemark politisch im Herzen Europas anzusiedeln.

„Dänemark gehört auch in das Herz Europas“, so der Botschafter, der sich auch mit der künftigen Struktur Europas beschäftigt, „wie wir uns Deutsche das vorstellen“.  „Es geht nie darum, einen Superstaat zu entwickeln, der alles dominiert, sondern es geht darum, dass die verschiedenen Völker und Länder ihre Traditionen und ihre Wertvorstellungen weiter leben können. Es geht um Vielfalt, denn das europäische Motto lautet doch: In Vielfalt geeint. Also geht es nicht darum, die Vielfalt auszumerzen und alles in eine Schablone zu pressen, sondern darum, den optimalen Rahmen zur Verfügung zu stellen, damit sich diese Traditionen ausleben können. Natürlich soll der Däne auch Däne bleiben können – ebenso wie der Deutsche Deutscher bleiben kann. Jeder soll auch seine Traditionen und Wertvorstellungen  behalten, aber wir müssen einen Rahmen schaffen, damit wir diese Werte auch in der Welt des 21. Jahrhunderts leben können. Wir sind enormen Bedrohungen von außen ausgesetzt und deshalb bedarf es eines Handlungsrahmens, damit wir unsere unterschiedlichen Vorstellungen auch künftig ausleben können.“

Im Interview spricht der in Saarbrücken gebürtige Diplomat unter anderem über seinen „Traumstart“ als deutscher Botschafter in Dänemark als Ehrenbegleitung der Königin bei ihrem Staatsbesuch in Deutschland, über seine Erfahrungen aus dem deutsch-französischen Grenzland und über Parallelen mit dem deutsch-dänischen Grenzland sowie über den dänischen Wunsch nach einer noch engeren Zusammenarbeit mit Berlin.

Das ganze Video zum Nachschauen gibt es hier:

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