Demenz

Demenz am eigenen Leib erfahren und verstehen

Demenz am eigenen Leib erfahren und verstehen

Demenz am eigenen Leib erfahren und verstehen

TV2 Østjylland/Nils Baum
Silkeborg
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Wie ist es, dement zu sein? Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Für ein besseres Verständnis dieser Krankheit hat die berufsbildende Schule SOSU Østjylland in Silkeborg nun einen speziellen Container aufgestellt, in dem die Schülerinnen und Schüler eine Simulation durchlaufen können. Foto: TV2 Østjylland

Ein spezieller Container, den die berufsbildende Schule SOSU Østjylland in Silkeborg aufgestellt hat, soll es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, durch Simulation Demenz am eigenen Leib zu erfahren und somit ein besseres Verständnis für die Krankheit zu bekommen.

Wie fühlt es sich an, auf die Uhr zu schauen und dennoch nicht zu wissen, wie spät es ist? Sich als gesunder Mensch in die Welt von dementen Personen hineinzuversetzen ist nicht einfach.

Und da immer mehr Menschen die Diagnose „Demenz“ gestellt bekommen, ist ein besseres Verständnis dieser Erkrankung von besonderer Bedeutung. 

Demenz bedeutet, dass das menschliche Gedächtnis langsam immer weiter abbaut und damit die Fähigkeit, das Geschehen um einen herum zu verstehen, stetig abnimmt.

Erster Demenz-Simulator Skandinaviens

Jede Woche wird die Diagnose „Demenz“ bei 150 Personen neu gestellt. Aus diesem Grunde hat die berufsbildende Schule SOSU Østjylland nun den ersten Demenz-Simulator Skandinaviens angeschafft. Dabei handelt es sich um einen grünen Container, der als Einzimmerwohnung eingerichtet ist. Die Idee dazu kommt aus den Niederlanden.

Er soll den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, besser zu verstehen, wie es ist, dement zu sein, so dass sie Menschen mit Demenz besser helfen können.

„Wir möchten gerne erreichen, dass die Schüler das Gefühl bekommen, das dies etwas ist, dass sie nicht steuern können. Und das kann zu Frustrationen führen, und genau dieses Empfinden möchten wir gerne provozieren“, erläutert Kirsten Korsholm Nielsen, die am SOSU Østjylland unterrichtet.

Zunächst soll der Container zur Weiterbildung des Gesundheitspersonals verwendet werden. Zu einem späteren Zeitpunkt soll er auch Teil der SOSU-Ausbildung am SOSU Østjylland in Silkeborg, Skanderborg und Århus werden. Auf längere Sicht soll er zudem von Angehörigen von Demenzpatienten genutzt werden können.

So sieht der Container, der zur Simulierung einer Demenzsituation genutzt wird, von innen aus. Foto: TV2 Østjylland

Grüne Weste mit Lautsprechern

Vor Betreten des Containers bekommt man eine Weste mit zwei eingebauten Lautsprechern übergestreift, zudem gibt es einen Projektor im Container. Im Laufe von zwanzig Minuten werden die Versuchspersonen verschiedenen verwirrenden Szenarien ausgesetzt, die das Bild vermitteln sollen, wie es ist, dement zu sein.

Karina Egelund Olsen, die sich zur Sozial- und Gesundheitsassistentin ausbilden lässt, hat zusammen mit Stadtratsmitglied Jette Skive von der Dänischen Volkspartei als eine der ersten die Möglichkeit gehabt, die Simulation zu testen. 

„Das Erlebnis hat mich daran erinnert, dass wir daran denken müssen, dass die Betroffenen sich an nichts erinnern können. Und wir müssen uns bewusst machen, dass jeder Tag aufs Neue eine Herausforderung für Demenzpatienten ist“, sagt Karina Egelund Olsen. 

„Ich fände es richtig gut, wenn alle die, die mit Demenz in Berührung kommen, die Simulation im Container durchlaufen könnten. Ich denke, man würde sich dann besser in die Pflegerolle hineinversetzen können – wann soll ich welche Wörter benutzen, und was soll ich tun, um einen Konflikt von vornherein zu vermeiden“, schildert Jette Skive ihr Erlebnis.

Stadtratsmitglied Jette Skive von der Dänischen Volkspartei hatte als eine der ersten die Möglichkeit, die Simulation zu testen. Auf dem Foto sieht man sie mit der angelegten Weste, in die zwei Lautsprecher eingebaut sind. Foto: TV2 Østjylland

Demenzsimulator künftig auch für Angehörige von Betroffenen

Auf längere Sicht sollen auch Angehörige von Betroffenen den Demenzsimulator nutzen können, da dieser von großer Hilfe sein kann. „Rein gefühlsmässig ist es schwierig, sich in einer solchen Situation zu befinden, da sich die betroffene Person in ihrem Wesen verändert. Als Ehepartner wird man einsam in der Ehe, da man nichts mehr gemeinsam vereinbaren und planen kann“, erklärt Anne Moeslund vom „Demenshjørnet“ in Aarhus. „Und die Kinder verlieren eine Bezugs- und Vorbildperson, die still und leise immer weiter abbaut. Für das erwachsene Kind ist es eine große Herausforderung, derart nachhaltige Veränderungen bei einem Elternteil zu erleben“, ergänzt sie.

Sie ist der Meinung, dass man dem dementen Verwandten hilft, indem man versucht, die Person so gut wie möglich zu verstehen. Und gibt ein Beispiel, mit dem sich Demenzpatienten schwertun können:

„Demenzpatienten sind besonders in einer Situation herausgefordert, bei der beispielsweise der Fernseher läuft, während gleichzeitig jemand redet und womöglich auch noch das Telefon klingelt. Es ist deshalb eine gute Idee, zu viele Stimulationsquellen auszublenden, wenn man sich mit der dementen Person austauschen möchte“, sagt Anne Moeslund vom „Demenshjørnet“ in Aarhus.

Gleichzeitig hält sie es für wichtig, dass sich der gesunde Ehepartner auch mal eine Pause gönnt und jemand anderen nach seiner besseren Hälfte schauen lässt – auch wenn dies leichter gesagt als getan ist.

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