Diese Woche in Kopenhagen

„Die vergänglichen Schlösser aus Sand“

Die vergänglichen Schlösser aus Sand

Die vergänglichen Schlösser aus Sand

Kopenhagen
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Eine ausgedehnte Schlossanlage Foto: Walter Turnowsky

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Warum bauen wir eigentlich ausgerechnet immer wieder Burgen und Schlösser aus Sand, hat sich Walter Turnowsky gefragt – und eine Antwort in der Evolutionsbiologie gefunden.

Wenn man in der Nähe unseres Sommerhauses am Abend noch einen Spaziergang am Strand entlang nimmt, sollte man genau schauen, wohin man tritt. Ansonsten könnte man in einen Burggraben stürzen und sich das Fußgelenk empfindlich verstauchen.

Die Ursache für diese Touristenfalle (wobei auch Einheimische hineinfallen können) kann man tagsüber beobachten. Den ganzen Strand entlang sitzen kleine Mädchen und Jungen und kreieren Burgen und Schlösser aus Sand – mal zierlicher und mal verbleibt es eher ein Rohbau. 

Der Sandmann

Zum Teil entstehen auch ganze Landschaften, Tiere und Fabelwesen. Andere Kinder fühlen sich vom Kanalbau angezogen, wobei auch hier das Ambitionsniveau schwankt – so ungefähr zwischen Rinnsal und Nord-Ostsee-Kanal. Sogar einen Sandmann habe ich entdeckt. Er ähnelte allerdings nicht jenem aus dem Kinderfernsehen – weder in der Ost- noch in der Westausgabe. Hoffentlich ist es nicht E.T.A. Hoffmanns wesentlich unheimlichere Sandmann, „der Kindern, die nicht brav ins Bett gehen wollen, Sand in die Augen wirft, bis sie blutend aus dem Kopf herausspringen“.

Der Sandmann Foto: Walter Turnowsky

Vielleicht ist es ja auch nur ein Porträt – oder gar ein Selbstporträt. Denn nicht nur die Kinder konstruieren eifrig, Papa und gelegentlich auch Mama betätigen sich auch schon mal als Sandbaumeister beziehungsweise -baumeisterin.

Eimerchen oder Großbauweise

Doch insbesondere der Papa übernimmt schon mal gerne die Bauleitung. Fast hat man da den Eindruck, dass dem Papa die Kinder nur als Entschuldigung dienen, um auch mal wieder spielen zu dürfen.

Hier ist ein nicht ganz so detailgetreue Bauweise gewählt worden. Foto: Walter Turnowsky

Ganz deutlich gibt es auch unterschiedliche Schulen bei den Familienbauunternehmen. Einige pflegen das traditionelle Handwerk, bei dem man mit einem Eimerchen und einer kleinen Plastikschaufel auskommt. Andere haben einen Wagen voll Ausrüstung über den Strand gezogen, als wollten sie gleich einen ganzen Bautrupp beschäftigen. Motorisierte Geräte sind mir allerdings noch nicht untergekommen; wäre wohl auch nicht gestattet.

Die Theorie über die Burg

Wie bereits erwähnt, werden die unterschiedlichsten Anlagen aus Sand errichtet. Doch die Burg oder das Schloss sind ein immer wiederkehrendes Thema. Und das ist bereits seit meiner Kindheit so (die bereits einige Jahrzehnte zurückliegt). 

Der Mikrobiologe Kenneth Klingenberg Barfod hat sich in „Videnskab.dk“ Gedanken darüber gemacht, warum das so ist. Er greift dabei auf die Theorie des Evolutionsbiologen Richard Dawkins zurück. Dieser geht davon aus, dass neben dem genetischen Erbgut im DNA auch kulturelle Information „vererbt“ wird. Er nennt diese Informationsbausteine Meme – im Gegensatz zu den Genen.

Mit einem Eimerchen sind Türme schnell gebaut. Foto: Walter Turnowsky

Und so kommt Barfod zu dem Ergebnis, dass wir Sandschlösser bauen, weil wir andere gesehen haben, die Sandschlösser bauen. Und so auch abgeschaut haben, dass es funktioniert. Zum Beispiel, wenn sie Türme bauen, indem sie ein Eimerchen mit Sand umstülpen – oder die Schlossgräben mit Meerwasser füllen. Verzierungen mit Federn und Muscheln sind auch ein wiederkehrendes Thema.

Nachahmen erlaubt

Mit der Theorie lässt sich auch eine Beobachtung von mir erklären. Von Jahr zu Jahr ändert sich nämlich ein wenig, was außer Burgen sonst noch so gebaut wird. In diesem Jahr habe ich mehrere Schildkröten entdeckt. Im vergangenen Jahr sind die mir zumindest in der Nähe meines Hauses nicht untergekommen. Also man baut selbst eine Schildkröte, weil man eine gesehen hat.

Sollte man noch Lust haben, selbst Burgen, Krokodile, Personen oder Schildkröten zu bauen, kann einem die Wissenschaft auch hier helfen. Ein internationales Forschungsteam hat nämlich laut „Videnskab.dk“ ermittelt, dass das optimale Mischungsverhältnis von Sand und Wasser 50 zu 1 ist. Also einen Eimer Wasser auf 50 Eimer Sand: Dann baut es sich am stabilsten. 

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