Verteidigungspolitik

Sicherheit für die Ukraine - die Suche nach der zweitbesten Lösung

Sicherheit für die Ukraine - die Suche nach der zweitbesten Lösung

Sicherheit für die Ukraine - die zweitbeste Lösung

Allinge
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Fabrice Pothier (Rasmussen Global), Neil Bellami (Verteidigungsattaché, GB), Alan Leventhal (Botschafter, USA), Pascal Hector (Botschafter, Deutschland), Christophe Parisot (Botschafter, Frankreich) und Moderator Jakob Nielsen (Chefredakteur, „Altinget“) (von rechts) Foto: Walter Turnowsky

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Eine Nato-Mitgliedschaft ist für die Ukraine zum jetzigen Zeitpunkt nicht realistisch. Soweit, so gut. Aber was wäre die alternative Lösung für die Sicherheit des Landes? Das hat eine hochrangig besetzte Diskussionsrunde debattiert.

Der Krieg in der Ukraine spielte beim Folkemøde eine dominierende Rolle. Das ist selbstverständlich wenig überraschend, wenn man den Ernst der Situation und die Auswirkungen des Krieges betrachtet.

Doch auch auf andere Weise ist der Krieg auf Bornholm besonders präsent. Territoriale Verletzungen durch russische Flugzeuge und Schiffe kommen hier bereits seit Jahren vor. Deswegen sind auch zwei F-16-Fighterjets aus Skrydstrup auf der Insel stationiert und umrunden sie mehrmals täglich.

Autoritäre Regime wie das russische fürchten die Demokratie.

Vydonik Mykhailo, ukrainischer Botschafter

Die Verlegung der Nord Stream 2-Gasleitung konnte man vom Strand aus beobachten. Die Sprengungen der Gasleitungen konnte man zwar von der Insel aus nicht sehen, aber unangenehme nah, waren sie dennoch. Und Bornholm liegt näher an Russland als an Nordschleswig.

Ein Krieg um die Demokratie

Das Folkemøde erhebt den Anspruch, die Demokratie pflegen, stärken und verteidigen zu wollen. Und genau den Punkt sprach der ukrainische Botschafter Vydonik Mykhailo an. Aus seiner Sicht ist der Krieg ein Kampf um die Demokratie.

„Autoritäre Regime wie das russische fürchten die Demokratie. Wenn sie sehen, dass demokratische Nachbarländer gedeihen und sie selbst hinterherhinken, dann bestrafen sie diese Länder“, meinte er bereits in der ersten der vielen Diskussionsrunden, an denen er beteiligt war.

Der ukrainische Botschafter Vydonik Mykhailo hatte beim Folkemøde ein dichtes Programm. Foto: Walter Turnowsky

Debatte über langfristige Lösungen

Die Unterstützung der Ukraine sei im eigenen Interesse der demokratischen Staaten, denn Wladimir Putin dürfe nicht an Einfluss gewinnen. Darin war sich auch eine Diskussionsrunde einig, an der die Botschafter aus den USA, Frankreich, Deutschland sowie der britische Verteidigungsattaché teilnahmen.

Wir haben uns daher gefragt: Was wäre nach Artikel 5 das Zweitbeste für die Ukraine?

Fabrice Pothier, Rasmussen Global

Diese Runde hatte die internationale Beratungsfirma „Rasmussen Global“, die der ehemalige Nato-Generalsekretär und Staatsminister Anders Fogh Rasmussen 2014 gegründet hat. Der Geschäftsführer (CEO) von „Rasmussen Global“, Fabrice Pothier, betonte zur Einleitung, dass die Situation der Ukraine jetzt eine ganz andere sei als vor einem Jahr.

„Beim letzten Folkemøde diskutierten wir das Überleben des Landes, jetzt geht es um die langfristigen Entwicklungen“, meinte er.

Siccherheitsgarantien für die Ukraine

Dafür bedürfe es Sicherheitsgarantien für die Ukraine. In der Diskussionsrunde herrschte Einigkeit darüber, dass eine Nato-Mitgliedschaft nicht infrage kommt, solange der Krieg noch rast. Die Nato-Staaten würden in dem Fall direkt in den Krieg hineingezogen. Laut Artikel 5 des Nato-Traktates wären sie verpflichtet zu helfen.

„Wir haben uns daher gefragt: Was wäre nach Artikel 5 das Zweitbeste für die Ukraine?“, so Pothier.

Die Antwort sei, die Ukraine müssen auch langfristig in die Lage versetzt werden, sich selbst zu verteidigen. Dafür müssten die Nato-Staaten entsprechende offizielle Garantien liefern. „Rasmussen Global“ stellt sich eine Unterstützung vor, wie sie die USA beispielsweise Israel zugesichert hat.

Vorschlag für ein Abkommen

Die Vereinigten Staaten werden sich nicht an Kriegen auf der Seite Israels direkt beteiligen, liefern jedoch alles, was an Waffen, Training und nachrichtendienstlichen Informationen notwendig ist. Wie eine entsprechende Unterstützung der Ukraine aussehen kann, hat die Rasmussen-Beratungsfirma in Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Präsidentenbüro im „Kyiv Security Compact“ zusammengefasst.

Poither forderte die anwesenden Diplomaten auf, ihre Staaten sollten zeitnah den „Kyiv Security Compact“ umsetzen. Das wollte keiner von ihnen jedoch unmittelbar versprechen. Die Notwendigkeit einer langfristigen Unterstützung der Ukraine erkannten alle vier jedoch an.

Wladimir Putin darf keine Gewinne aus seinem Angriff ziehen.

Pascal Hector, deutscher Botschafter

Folkemøde auf Bornholm

Das Folkemøde ist ein dreitägiges Demokratiefestival, das seit  2011 jährlich in der Stadt Allinge stattfindet.

Auf über 200 Bühnen in Zelten und auf Schiffen veranstalten Parteien, Verbände, Medien, Unternehmen und PR-Büros Debatten und Events.

Die Idee stammt von dem nordschleswigschen Venstre-Politiker Bertel Haarder, der ein entsprechendes Event, die „Almedalsveckan” auf der schwedischen Insel Gotland erlebt hat.

2023 haben zwischen 28.000 und 44.000 Menschen pro Tag das Folkemøde besucht

„Wir müssen über langfristige Sicherheitsgarantien für die Ukraine diskutieren. Nach Ende des Krieges, muss Russland vor möglichen neuen Aggressionen abgeschreckt werden“, sagte der US-Botschafter Alan Leventhal.

Er wiederholte die Botschaft von Präsident Joe Biden, die Vereinigten Staaten würden die Ukraine „so lange wie notwendig“ unterstützen.

US-Botschafter Alan Leventhal (rechts) mit dem deutschen Botschafter Pascal Hector Foto: Walter Turnowsky

Der deutsche Botschafter Pascal Hector argumentierte ähnlich: „Wladimir Putin darf keine Gewinne aus seinem Angriff ziehen.“

Garantien können zur Beendung des Krieges beitragen

Berater Fabrice Pothier argumentierte, es müssen eine multilaterale Rahmenabsprache zur langfristigen Unterstützung der Ukraine geben, diese müssen dann durch bilaterale Garantien der einzelnen Staaten untermauert werden.

„Ein klares Signal an Putin, dass die Nato-Staaten auch langfristig die Ukraine in ihrem Recht auf Selbstverteidigung unterstützen, kann dazu beitragen, den Krieg zu beenden“, so seine Einschätzung.

Er sieht den „Kyiv Security Compact“ als einen Schritt auf dem Weg zu einer Nato- und EU-Mitgliedschaft der Ukraine. Die Frage der Sicherheitsgarantien für die Ukraine wird beim Nato-Gipfel in Vilnius am 11. und 12. Juli aktuell werden.

 

 

Empfehlungen des „Kyiv Security Compact“

Die stärkste Sicherheitsgarantie für die Ukraine liegt in ihrer Fähigkeit, sich selbst gegen einen Aggressor zu verteidigen, wie in Artikel 51 der UNO-Charter festgelegt. Um das durchführen zu können, braucht die Ukraine starke Verteidigungskräfte, die den Streitkräften der Russischen Föderation und paramilitärischen Gruppen widerstehen können.

Dies erfordert jahrzehntelange Investitionen in die ukrainische Verteidigungsindustrie, skalierbare Waffenlieferungen und nachrichtendienstliche Unterstützung durch Alliierte sowie intensives Training und gemeinsame Manöver unter der EU- oder Nato-Flagge.

Die Sicherheitsgarantien sind positiv. Eine Reihe von Verpflichtungen werden von einer Gruppe von Garanten gemeinsam mit der Ukraine erarbeitet. Diese müssen auf verpflichtenden bilateralen Absprachen aufbauen, die in einem gemeinsamen strategischen Partnerschaft-Dokument zusammengefasst werden – dem „Kyiv Security Compact“.

Der „Compact“ wird eine Kerngruppe von Alliierten mit der Ukraine verbünden. Das könnte die USA, Großbritannien, Kanada, Polen, Italien, Deutschland, Frankreich, Australien, die Türkei sowie nordische, baltische, zentral- und osteuropäische Staaten umfassen.

Quelle: Rasmussen Global

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Lorcan Mensing
Lorcan Mensing Hauptredaktion
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