„Operation Dunhammer“

Dänemark hat Spionage gegen deutsche Politiker unterstützt

Dänemark hat Spionage gegen deutsche Politiker unterstützt

Dänemark hat Spionage gegen deutsche Politiker unterstützt

Ritzau/nb
Kopenhagen
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NSA steht für National Security Agency (Nationale Sicherheitsagentur). Dabei handelt es sich um den größten der amerikanischen Nachrichtendienste. (Archivfoto) Foto: Nicolas Armer/Ritzau Scanpix

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Der militärische dänische Geheimdienst, Forsvarets Efterretningstjeneste (FE), hat die USA durch die Bereitstellung technischer Infrastruktur darin unterstützt, unter anderem Bundeskanzlerin Merkel und andere Politiker auszuspionieren.

Der mächtige amerikanische Nachrichtendienst, NSA (National Security Agency), hat die Zusammenarbeit mit dem dänischen militärischen Geheimdienst, Forsvarets Efterretningstjeneste (FE), dazu genutzt, um über dänische Internetkabel zielgerichtet Spionage gegen Staatsoberhäupter, Toppolitiker und hochrangige Beamte in Deutschland, Schweden, Norwegen und Frankreich auszuüben.

Das berichtet Danmarks Radio (DR), das seine Recherchen in Zusammenarbeit mit den europäischen Medien SVT, NRK, Süddeutsche Zeitung, NDR, WDR und Le Monde durchgeführt hat.

Deutsche Bundeskanzlerin ausspioniert

Die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel (CDU), der damalige deutsche Außenminister, Frank-Walter Steinmeier (SPD), und der damalige deutsche Oppositionsführer, Peer Steinbrück (SPD), gehören zu den Politikern von Dänemarks Nachbarländern, gegen die der NSA auf Basis der dänisch-amerikanischen Zusammenarbeit spioniert hat.

„Operation Dunhammer“

Das sind die aufsehenerregenden Schlussfolgerungen nach einer geheimen, internen Untersuchung innerhalb des dänischen Nachrichtendienstes mit dem Codenamen „Operation Dunhammer“, die eine Arbeitsgruppe im Mai 2015 zum Abschluss brachte.

DR hat über mehrere Monate eine ganze Reihe an Treffen mit neun verschiedenen Quellen durchgeführt, die alle Zugang zu als geheim eingestuften Informationen des dänischen Nachrichtendienstes hatten. Sämtliche Informationen in dem Artikel wurden von mehreren Quellen unabhängig voneinander bestätigt, teilt DR mit.

Spionagetätigkeit Dänemarks gibt ein Problem in Europa

„Angela Merkel, Steinbrück und Steinmeier sind nicht nur die Spitzenpolitiker in der deutschen Politik: Hier handelt es sich um die Superliga der europäischen Politik. Das führt dazu, dass sie ganz nach oben auf der amerikanischen Wunschliste rücken, aber gleichzeitig gibt die Spionagetätigkeit Dänemark ein Problem in Europa“, sagt Lektor und Geheimdienstforscher Thomas Wegener Friis von der Süddänischen Universtität (Syddansk Universitet).

Die Schlussfolgerung der geheimen, internen Untersuchung innerhalb des dänischen Nachrichtendienstes mündete den Informationen von DR zufolge in einen als geheim gestempelten Bericht mit dem Titel „Dunhammer“, der im Jahr 2015 an die Leitung des dänischen Nachrichtendienstes übergeben wurde.

Mir fällt es schwer, einen Grund darin zu sehen, weshalb diese Form der Nachbarschaftsspionage im Interesse Dänemarks sein sollte oder im Interesse eines der alliierten westlichen Länder. Ganz im Gegenteil, so untergräbt das unsere politischen Systeme, die genau das sind, was wir in einer Demokratie sichern wollen.

Pernille Boye Koch, Institut für Menschenrechte

Skandal erreicht dänischen Nachrichtendienst und dänisches Verteidigungsministerium

Der Bericht und die nachrichtendienstlichen Erkenntnisse, die die Grundlage für die Operation Dunhammer bilden, sind den Quellen von DR zufolge der Dreh- und Angelpunkt in dem Skandal, der im August vergangenen Jahres sowohl den dänischen Nachrichtendienst als auch das Verteidigungsministerium erschütterte und schließlich zur Beurlaubung der Leitungsebene des dänischen Nachrichtendienstes führte.

„Erschütternd“ und „völlig unerhört“

Es sei „erschütternd“ und „völlig unerhört“, dass der dänische Nachrichtendienst es dem NSA ermöglicht habe, gegen Dänemarks Nachbarländer zu spionieren, sagt die Forschungsleiterin Pernille Boye Koch vom Institut für Menschenrechte.

„Mir fällt es schwer, einen Grund darin zu sehen, weshalb diese Form der Nachbarschaftsspionage im Interesse Dänemarks sein sollte oder im Interesse eines der alliierten westlichen Länder. Ganz im Gegenteil, so untergräbt das unsere politischen Systeme, die genau das sind, was wir in einer Demokratie sichern wollen“, sagt sie.

Kein Kommentar

FE, NSA und Lars Findsen, der von 2015 bis zum August im vergangenen Jahr Chef des dänischen Nachrichtendienstes war, wollen die Angelegenheit nicht kommentieren.

Thomas Arenkiel, der von 2015 bis 2015 Chef des dänischen Nachrichtendienstes war, hat auf Anfragen von DR nicht reagiert.

Verteidigungsministerin Trine Bramsen (Soz.) ist nicht bereit, sich für ein Interview zur Verfügung zu stellen. Jedoch teilt sie in einer schriftlichen Antwort mit, dass „systematisches Abhören von engen Verbündeten inakzeptabel ist“.

„Ich gehe davon aus, dass wechselnde Regierungen sowohl jetzt als auch in der Zukunft darin übereinstimmen“ heißt es von Seiten der Verteidigungsministerin.

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