Corona-Maßnahmen

Dänemark öffnet – Deutschland macht zu

Dänemark öffnet – Deutschland macht zu

Dänemark öffnet – Deutschland macht zu

Kopenhagen/Berlin
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Oppositionsführer Jakob Ellemann-Jensen (Venstre) auf dem Weg zu Verhandlungen zur Wiedereröffnung. In Deutschland diskutieren Ministerpräsidenten und Bundesregierung neue Maßnahmen. Foto: Philip Davali/Ritzau Scanpix

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Während in Dänemark die Wiedereröffnung der Gesellschaft diskutiert wird, diskutieren die deutschen Politiker neue Maßnahmen. Die Belastung der Krankenhäuser, Vertrauen der Bevölkerung und Tests gehören zu den Gründen für die großen Unterschiede, meint ein Professor. 

Die Situation könnte unterschiedlicher nicht sein. In Dänemark trifft sich die Staatsministerin am Montag mit den Parteichefs, um einen Plan für eine langfristige Wiedereröffnung zu diskutieren. Zeitgleich diskutiert die deutsche Bundesregierung eine Verlängerung und Ausweitung der Corona-Maßnahmen.

Dabei unterscheidet sich das Infektionsgeschehen in den beiden Ländern auf den ersten Blick nur geringfügig. In Deutschland liegt die siebentägige Inzidenz laut Robert Koch-Institut derzeit bei 107, in Dänemark lag sie laut Statens Serum Institut vergangene Woche bei 92.

Einweisungen entscheidend

Man sollte jedoch das Augenmerk nicht ausschließlich auf die Infektionszahlen richten, erläutert Flemming Konradsen, Professor für Globale Gesundheit an der Universität Kopenhagen.

„Entscheidend ist, wie sich die Anzahl der Einweisungen und vor allem auch der Todesfälle entwickelt. Hier sehen wir in Dänemark eine positive Tendenz, während es sich in einigen Regionen Deutschlands in die falsche Richtung entwickelt“, sagt er dem „Nordschleswiger“.

Mit der dänischen Impfstrategie ist es geglückt, mit sehr hoher Präzision die am schwersten betroffenen Risikogruppen zuerst zu impfen.

Flemming Konradsen, Professor für Globale Gesundheit an der Universität Kopenhagen

Er betont gleichzeitig, dass man in einem großen Land wie Deutschland noch deutlicher differenzieren müsse und Vergleiche eins zu eins daher schwierig seien.

Impfstrategie

Trotz dieser Vorbehalte weist er jedoch auf einen Unterschied hin, der die positive Entwicklung in Dänemark gefördert hat.

„Mit der dänischen Impfstrategie ist es geglückt, mit sehr hoher Präzision die am schwersten betroffenen Risikogruppen zuerst zu impfen. Die meisten Todesfälle und ernsten Krankheitsverläufe haben wir bei Bewohnern von Pflegeheimen gesehen. In Deutschland ist es noch nicht geglückt, denselben hohen Impfschutz der Risikogruppen zu erzielen“, so Konradsen.

Daher würden die Modellberechnungen in Deutschland auch eine steigende Belastung der Krankenhäuser in einigen Regionen vorhersagen.

„Die Lage ist in keiner Weise kritisch, so wie wir es derzeit zum Beispiel in Polen und Ungarn erleben. Aber genau das möchte man in Deutschland verhindern“, erläutert der Professor. 

„Vollkommen andere Diskussion“

Insbesondere die erfreulich niedrige Anzahl der Todesfälle machen eine Wiedereröffnung in Dänemark verantwortbar, meint Konradsen. Im März sind täglich zwischen 0 und 4 Personen mit einer Corona-Infektion verstorben. Das ist eine grundsätzlich andere Situation als im Dezember und Januar, wo täglich zwischen 30 und 40 Personen verstorben sind. 

„Damit haben wir jetzt eine vollkommen andere Diskussion. Die Fallzahlen sind nicht mehr so entscheidend, sondern die Anzahl der zu erwartenden Corona-Patienten in den Krankenhäusern. Wenn immer mehr Menschen geimpft werden, entwickelt sich Covid-19 sozusagen in höherem Maß zu einer normalen Krankheit“.

Tests

Ein weiterer entscheidender Unterschied ist die Anzahl der Tests. Verglichen mit der Bevölkerungszahl testet Dänemark 10- bis 20-mal so häufig wie in Deutschland.

„Die Tests spielen eine sehr zentrale Rolle beim Einsatz gegen die Pandemie und sind entscheidend für die Möglichkeit zu öffnen“, so Konradsen. 

In Dänemark nimmt die Kritik zwar auch zu, aber der überwiegende Teil der Bevölkerung folgt im Alltag den Empfehlungen.

Flemming Konradsen, Professor für Globale Gesundheit an der Universität Kopenhagen

Doch sind es bei weitem nicht nur die Maßnahmen der Regierungen und Behörden, die entscheidend sind. Mindestens so wichtig beim Einsatz gegen das Virus ist das Verhalten der Bevölkerung.

Und auch hier zeigt sich ein deutlicher Unterschied. Laut den neuesten Zahlen des Hope-Projekts an der Universität Aarhus haben immer noch um die 70 Prozent der dänischen Bevölkerung Vertrauen in die Politik der Regierung. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa sind ein ebenso großer Anteil der Deutschen unzufrieden mit dem Agieren der Regierung.

„Vor allem in einigen Bundesländern ist die Unterstützung für neue Maßnahmen sehr gering. In Dänemark nimmt die Kritik zwar auch zu, aber der überwiegende Teil der Bevölkerung folgt im Alltag den Empfehlungen“, betont Professor Flemming Konradsen.

 

 

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