Spionageaffäre

Die USA spionierten durch dänische Kabel

Die USA spionierten durch dänische Kabel

Die USA spionierten durch dänische Kabel

ritzau/gn
Kopenhagen/Berlin
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Verteidigungsministerin Trine Bramsen muss sich bei einer Anhörung im Folketing den Fragen der Parteien stellen. Foto: Liselotte Sabore, Ritzau Scanpix

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Der militärische dänische Geheimdienst FE stellte amerikanischen Kollegen dänische Internetverbindungen zur Verfügung, um Staatschefs, Politiker und Beamte abzuhören. Dafür gibt es eine Erklärung, meint ein Experte.

Dänische Internetkabel sind in die Spionageaffäre um den amerikanischen Nachrichtendienst NSA und dem dänischen militärischen Geheimdienst, „Forsvarets Efterretningstjeneste“ (FE), verwickelt.

Die Amerikaner haben Internetverbindungen genutzt, die nach Dänemark rein und rausgehen, um Politiker, Beamte und Staatschefs aus Deutschland, Schweden, Norwegen und Frankreich abzuhören.

Das berichtet „Danmarks Radio“, das seine Recherchen in Zusammenarbeit mit den europäischen Medien „SVT“, „NRK“, „Süddeutsche Zeitung“, „NDR“, „WDR“ und „Le Monde“ durchgeführt hat.

Experte: „Ein Problem“

„Der Spionagefall ist für Dänemark ein Problem“, sagt der Nachrichtendienst-Experte Thomas Wegener Friis von der Süddänischen Universität zu „Danmarks Radio“.

Er glaubt, dass der militärische Geheimdienst FE sich beteiligt hat, um bei den amerikanischen Nachrichtendiensten zu punkten und dadurch ein engeres Verhältnis mit den Nachrichtendiensten der Supermacht zu erreichen.

Zu den Politikern, die abgehört worden sind, gehören Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie der frühere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück.

Geheimbericht führte zu Entlassungswelle

Die Informationen stammen aus einem internen Geheimbericht („Dunhammer") des dänischen Geheimdienstes FE. Laut „Danmarks Radio“ diente der Bericht im vergangenen Jahr als Grundlage für eine Entlassungswelle im Verteidigungsministerium sowie im militärischen Geheimdienst.

Zu den Folgen gehörte ebenfalls, dass der frühere FE-Chef von 2010 bis 2015, Thomas Ahrenkiel, im vergangenen Jahr seine Stelle als Botschafter Dänemarks in Deutschland nicht antreten konnte. Stattdessen wurde Susanne Hyldelund neue Botschafterin in Berlin.

Keine Ministerantworten

Die dänische Verteidigungsministerin Trine Bramsen (Soz.) hat sich in Verbindung mit der Spionageaffäre nicht interviewen lassen wollen. Sie dürfe sich zu nachrichtendienstlichen Themen nicht konkret äußern, erklärte sie.

In einem schriftlichen Statement erklärte sie allerdings, dass sie davon ausgehe, „dass wechselnde Regierungen sowohl jetzt als auch in der Zukunft darin übereinstimmen, dass systematisches Abhören von engen Verbündeten inakzeptabel ist.“

Im dänischen Folketing wird der Fall von beiden Seiten der Politik kritisiert, und auch im betroffenen Ausland wird der Fall ernst genommen.

Kritik aus dem Ausland

Die Verteidigungsminister in Norwegen und Schweden hätten schon ein Gespräch mit der Kollegin Trine Bramsen geführt, und auch aus Frankreich wurde Kritik laut.

„Wir nehmen den Fall extrem ernst – wir müssen sehen, ob unsere Partner in der EU in der Zusammenarbeit mit amerikanischen Nachrichtendiensten Fehler begangen haben“, sagt der französische Europaminister  Clément Beaune der Nachrichtenagentur „AFP“.

Sowohl Verteidigungsministerin Trine Bramsen als auch Justizminister Nick Hækkerup (Sozialdemokraten) müssen sich in Kürze bei einer von der Einheitsliste einberufenen Anhörung im Folketing die Fragen der anderen Parteien stellen.

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