Bahnstreik

Professor: Konsens statt Konflikt zahlt sich aus

Professor: Konsens statt Konflikt zahlt sich aus

Professor: Konsens statt Konflikt zahlt sich aus

Odense
Zuletzt aktualisiert um:
Die Lokführer fordern faire Arbeitsverhältnisse Foto: Ritzau Scanpix/Philip Davali

Konsens suchen statt auf Konflikt setzen: Die dänische Streikkultur ist von gegenseitiger Abhängigkeit geprägt. Ein System mit Vorteilen, sagt Professor Kurt Klaudi Klausen.

„Normalerweise ist die Streikkultur in Dänemark geprägt von Konsens und Gesprächen, um Arbeitsniederlegung zu vermeiden.“ Das sagt mit Blick auf den Blitz-Bahnstreik am Montag Kurt Klaudi Klausen, Professor am Institut für Staatskunde und für öffentliche Verwaltung an der Süddänischen Universität.

„Mein Eindruck ist, dass dieses gegenseitige Bewusstsein von Abhängigkeit eher zunimmt und dass in der Regel vermehrt gegenseitige Beziehungen aufgebaut werden, die auf Vertrauen gründen“, so der Professor.

Streikkultur geht auf 1899 zurück

Dieses voneinander abhängig Sein hat in Dänemark eine lange Tradition. Es entspringt den umfangreichen und nachhaltig wirkenden Streiks und „Lockouts“, die 1899 das gesamte Land lahmlegten.

„Daraus ist die Tradition der Verhandlung entstanden und im Fahrwasser dessen eine Konsenskultur, die so lange wie möglich gestreckt wird, um Arbeitsniederlegungen zu umgehen. Es ist daher nicht so häufig, dass es in Dänemark zum Streik kommt“, sagt Klaudi Klausen.

Andere Länder haben ein weitaus aggressiveres Streikwesen. Wo liegen die Vor- und Nachteile des dänischen Systems? „Meiner Ansicht nach überwiegen die Vorteile. Die direkte Verhandlungsplattform zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird beispielsweise durch Vertrauenspersonen vor Ort in den Unternehmen gut genutzt.


 

Kurt Klaudi Klausen Foto: Danske Kommuner

Wohin entwickelt sich die dänische Streikkultur? Bleiben solche Blitz-Streiks die Ausnahme? „So wie ich es sehe, gibt es eine Entwicklung weg vom Klassenkampf hin zum Konsens. Und: Die Art der Zusammenarbeit zwischen Gewerkschafen und Unternehmen verändert sich.

Die Vertrauensleute beschäftigen sich vermehrt mit Entwicklungsplänen und Budgetrahmen statt mit Arbeitsverhältnissen und den alten Kernthemen. Dadurch werden sie enger in das System eingebunden und sind nicht mehr Opposition sondern Teil der Lösung.“

Wichtig: Waffen und Beweglichkeit

Was ist da bei dem aktuellen Streik, der am Montag den öffentlichen Schienenverkehr in Seeland lahmgelegt hat, schiefgelaufen? „Der Zusammenbruch war offenbar das Ergebnis von dramatischen Veränderungen auf Arbeitgeberseite. Das Ganze ist eher selten, aber es kommt immer mal wieder vor.

Ich erinnere an den Streik/Lockout der Lehrer oder der Konflikt mit dem Gesundheitspersonal, den wir 2018 erlebt haben. Auch wenn wir in Dänemark den Konsens suchen: Werkzeuge wie Lockout und Streiks sind Waffen, die notwendig sind. Aber es ist ebenso ungeheuer wichtig, dass wir dieses System der gegenseitigen Abhängigkeit haben und man sich so weit aufeinander zubewegt, wie möglich.“

 

Mehr lesen