Diese Woche in Kopenhagen
„Was wollen Mette, Jakob und Lars eigentlich?“
Was wollen Mette, Jakob und Lars eigentlich?
Was wollen Mette, Jakob und Lars eigentlich?
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Die Sozialdemokratie und die Moderaten wollten unbedingt eine blockübergreifende Regierung. Venstre hat, zunächst zähneknirschend, mitgemacht – Hauptsache es ist eine Mehrheitsregierung. Jetzt haben die drei den Salat: Sie müssen die gesteckten politischen Ziele auch umsetzen. Das meint zumindest Walter Turnowsky.
So, jetzt müssen die Damen und Herren in der Folketingspolitik allmählich die Ärmel wieder hochkrempeln – oder wie man im Dänischen sagen würde: die Arbeitsklamotten überstreifen.
Seit 5. Oktober konnten sie sich zunächst mit der Wahlkämpferei und danach mit dem Verhandeln (im Laufe der Wochen immer weniger von ihnen mit Letzterem) vergnügen. Während die Bevölkerung schon Weihnachtsgeschenke kaufte, Gløgg trank und Julefrokoster abarbeitete hat das neue Traumtrio der dänischen Politik, Mette Frederiksen (Soz.), Jakob Ellemann-Jensen (Venstre) und Lars Løkke Rasmussen (Moderate) sein Regierungsprogramm vorgestellt.
Dann hat das Folketing noch schnell einen Nothaushalt, „midlertidig bevillingslov“ genannt, verabschiedet und sich in die Feiertage verabschiedet. Am Donnerstag haben die Parlamentarierinnen und Parlamentarier die Ausschüsse offiziell besetzt, und daher heißt es jetzt Ärmel hoch beziehungsweise Arbeitsklamotten an.
Die zentrale Frage ist jetzt, womit sich die Folketingsmitglieder und vor allem die Ministerinnen und Minister befassen werden. Das bereits erwähnte Regierungsprogramm beantwortet zumindest zum Teil diese Frage. Noch dazu ist es mit mehr als 50 Seiten deutlich umfassender als sonst, obwohl es immer noch deutlich kürzer ist als solche Dokumente in Deutschland. Aber im Land der Dichter und Denker muss eben immer etwas mehr gedacht und noch mehr gedichtet werden.
Doch zurück zum Thema: In der Koalitionsabsprache „Ansvar for Danmark“ (wer schreibt sich schon auf die Fahnen, verantwortungslos mit einem Land umgehen zu wollen) erfahren wir unter anderem, dass die SVM-Regierung die Beschäftigung erhöhen, mit einem Reformprogramm Dänemark entwickeln und ambitionierte Klimaziele umsetzen will.
Zugegeben, auf den gut 50 Seiten ist das noch etwas detaillierter ausgeführt, doch bekanntlich ist Papier geduldig – in diesem Fall jedoch weniger geduldig als sonst, worauf ich noch zurückkommen werde. Entscheidend ist, was in Beschlüsse und Gesetze gegossen und vor allem umgesetzt wird.
Wer gehofft hatte, in der Neujahrsansprache von Mette Frederiksen (Soz.) Näheres über die Reformpläne der Regierung zu erfahren, wurde enttäuscht. Konkret erwähnt hat sie nur die Abschaffung eines Feiertages, und das ist keine Reform, noch nicht einmal ein Reförmchen. Den ersten Offenbarungseid muss die Regierungschefin am 17. Januar leisten. An dem Tag wird sie nämlich die Gesetzesvorhaben der Regierung vorlegen.
Allerdings hat sie sich auch da noch eine (verständliche) Galgenfrist verschafft. Wie „Fagpressebureauet“ schreibt, will sie nur das Gesetzesprogramm bis zu den Winterferien, also für den kommenden Monat, vorstellen. Erst danach teilt Frederiksen mit, welche Gesetze die Regierung in diesem Jahr vorlegen möchte. Dann wissen wir, welche Ziele als Erstes umgesetzt werden sollen.
Eines der Vorhaben, das mit Sicherheit nicht dabei sein wird, ist „die Schaffung des Gesundheitswesens der Zukunft“, die sich die Regierung zum Ziel gesetzt hat. Über den Vorschlag der Moderaten, die Regionen abzuschaffen, besteht keine Einigkeit. Ergo hat das Dreiergespann eine klassische politische Lösung aus der Klamottenkiste gefischt: eine Kommission.
Doch Kommissionen hin oder her, die politischen Uhren in Dänemark ticken seit dem 15. Dezember anders. Und damit wären wir wieder bei dem weniger geduldigen Papier angelangt. Bis auf wenige kurze Ausnahmen konnten sich wechselnde Regierungen damit entschuldigen, dass sie über keine eigene Mehrheit verfügen, die „anderen“ bei diesem oder jenem Vorhaben nicht mitmachen wollten.
Doch diese Ausrede hat eine Mehrheitsregierung nicht. Venstre-Chef Jakob Ellemann-Jensen hat bei den Regierungsverhandlungen sogar darauf bestanden, dass die Koalition über eine eigene Mehrheit verfügt. Das ist eine der wesentlichen Ursachen, weshalb die von ihm nicht unbedingt geliebten Løkke-Moderaten mit an Bord sind.
Das bedeutet aber auch, dass sich Mette, Jakob und Lars in drei bis vier Jahren daran messen lassen müssen, ob es weniger Bürokratie, mehr Gesundheit, besseres Wohlbefinden unter Jugendlichen, bessere Ausbildungen, weniger CO₂ und eine aktivere Europapolitik gibt.
Ausreden gibt es jetzt nicht mehr, und daher wird so einiges Ärmelaufkrempeln notwendig sein.