Ideen für die Flensburger Innenstadt

Mehr Grün, Platz für Kinder, Kultur in Leerständen

Mehr Grün, Platz für Kinder, Kultur in Leerständen

Mehr Grün, Platz für Kinder, Kultur in Leerständen

Mira Nagar/shz.de
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Innenstadt Flensburg
Der Innenstadtmanager lobt die kreativen Ideen überall in der Stadt - und hofft auf Nachahmer am Holm. Foto: Mira Nagar

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Innenstadtmanager Bela Bergemann verrät beim Spaziergang durch die Stadt, wo Flensburg schöner werden könnte.

Sein Revier ist der Bereich zwischen Roter Straße und Nordertor. In den Höfen, zwischen Shopping-Trubel und Leerständen, auf dem Markt und unter den Schuhen der Norderstraße. Als Innenstadtmanager – so die offizielle Bezeichnung – sieht sich Bela Bergemann aber weniger. „Die Aufgabe besteht vor allem darin, mit den Akteuren gemeinsam neue Wege zu entwickeln. Diesen Prozess begleite ich dann als Moderator“, sagt er. Denn anders als ein Manager könne er keine Anweisungen erteilen und kein Budget verplanen. Seine Aufgabe sind Ideen.

Bela Bergmann
Bela Bergemann ist unser neuer Innenstadtmanager. Foto: Marcus Dewanger

Und davon hat er viele. Ein Spaziergang von der Roten bis zur Norderstraße kann mit Bergemann schonmal anderthalb Stunden dauern. Denn es sind viele kleine Schrauben, an denen der 58-Jährige drehen möchte. Im übertragenen Sinne, denn er selbst ist ja der Ideenmacher und weniger derjenige, der schraubt.

 

Rote Straße
Aufsteller machen auf die Höfe in der Roten Straße aufmerksam. Foto: Mira Nagar

An diesem sonnigen Vormittag steht der Glücksburger entspannt mit grauer Jeans und Socken in Sandalen vor einer kniehohen Papiertüte, die für Lakritz und Schokolade wirbt. Die Werbung reiht sich auf dem Kopfsteinpflaster Roten Straße auf und weist darauf hin, was in den idyllischen Höfen zu entdecken ist. „Jeder Hof hat seinen Charakter, das ist das Schöne“, sagt er.


Die Rote Straße sei ein positives Beispiel, wie Inhaber von Läden und Gastronomie eine Straße mit Leben füllen – und direkt an der Straße auf die Höfe aufmerksam machen. Diese Architektur mit den kleinen Höfen mache Flensburg so besonders. Nicht nur hier. „Solche Kreativität kann man als Vorbild für die Höfe am Holm nehmen“, sagt der Innenstadtmanager. Bergemann geht die Straße hinunter bis zum Südermarkt. Von der Idylle direkt ins wuselige Zentrum.

Südermarkt

 

Plattform am Südermarkt
Die Plattform am Südermarkt. Foto: Mira Nagar

Bergemann sieht den Südermarkt als den zentralen Ort. Flensburg trifft sich hier. Wenn Markttag ist oder eine der vielen Demos. Der Innenstadtmanager blickt auf die steinerne Plattform vor der Nikolaikirche. „Am Südermarkt ist noch ein dickes Brett zu bohren“, sagt er. „Es gibt soziale Probleme hier und ich kann gut nachvollziehen, wenn Leute sagen, der Südermarkt verliert an Attraktivität.“

Ein wenig zögerlich bleibt er, wenn man fragt, was er machen würde. Er ist ja der Ideengeber, doch verschrecken möchte er damit nicht. Mehrmals verweist er darauf, dass er selbst ja nicht die Entscheidungen treffe. Doch dann rückt er raus: „Was ich mir vorstellen könnte – vorm inneren Auge – ist den Platz asap (Anm. der Red.: as soon as possible) vollkommen neu zu gestalten.“ Die Toilettenanlage wäre dann neu, die Plattform weg. Es brauche vor allem saubere Toiletten, in denen sich auch Eltern mit Kindern wohlfühlten. „Mir ist aber vor allem wichtig einen gemeinsamen Vorschlag zu finden, deshalb möchte ich eigentlich gar nichts vorwegnehmen.“

Holm

 

Borgerforeningen-Hof am Holm
Der Eingang zum Borgerforeningen-Hof am Holm. Foto: Mira Nagar

Weiter am Holm wirkt Bergemann schon zufriedener. Er findet die Shoppingmeile mit grauer Pflasterung schön, hat aber auch einige Kritikpunkte. „Hier ist kein Grün, nicht einmal an den Fenstern etwas, das runterrankt“, sagt er. Für eine ganze Allee reiche die Breite nicht aus, da der Rettungsverkehr noch durchpassen muss. Kleine Büsche oder Blumen könnten die Straße aber attraktiver machen. Auch könnten die Läden in den Höfen mehr auf ihr Angebot hinweisen, wie es in der Roten Straße gemacht wird. Die Schilder an den Hofeingängen seien oft ungepflegt, zerbeult und mehr Hundeklo als Hinweis zum Hof.

Den Charme kleiner Läden wie in Norderstraße oder Roter Straße werde der Holm aber auch dadurch wohl nicht bekommen. Muss er auch nicht. Bergemann sieht die Unterschiede von Einkaufsmeile hier und kreativem Flair dort positiv.

Aber: Der Holm könnte gepflegter sein. Ein grauer, beschmierter Mülleimer ärgert ihn. „Im Marketing bei der NOB habe ich Erfahrungen mit Schmierereien gemacht“, sagt er. „Züge sind ja auch prädestiniert für Graffiti. Und die Züge, die so schnell wie möglich gesäubert wurden, waren insgesamt weniger betroffen.“

Was laut Bergemann ebenfalls ein Manko der Innenstadt sei: „Für Kinder ist hier nichts“, sagt er, vor einem kaputten Element stehend, das für die Phänomenta werben soll. Mit einer Kurbel könnte man hier einen Strudel drehen. Doch das Wasser dafür fehlt im Glaszylinder über der Kurbel. „Das ist an sich eine schöne Idee, aber so etwas muss auch langfristig gepflegt werden“, erklärt Bergemann.

Und da wäre dann noch dieses größere Problem mit 20.000 Quadratmetern Leerstand. Gespräche über eine Nachnutzung habe er mit den Eigentümern des ehemaligen Karstadthauses, Corpus Sireo, geführt. „Die haben verschiedene Varianten durchgespielt“, sagt Bergemann. Es gebe vieles, das nicht passe. Für Wohnungen fehlen die Fenster, für die Markthallen- oder Uni-Idee die Wirtschaftlichkeit. „Die Karstadt-Situation ist sehr schwierig.“

Große Straße/Nordermarkt

 

Große Straße Flensburg
Ein Sitzplatz an der Großen Straße Foto: Mira Nagar

Auch in der großen Straße stehen Häuser leer, teils seit Jahren. Bergemann überlegt, diese zeitweise mit Kultur zu füllen. „Hierfür braucht es ein Leerstandsmanagement“, sagt er. Doch es gebe noch keine Liste mit leeren Läden, die sich spontan bespielen lassen. „Hierfür muss erst der Kontakt zu den Eigentümern hergestellt werden, damit man weiß, wer dafür offen ist“, erklärt Bergemann. „Und auch, wo überhaupt Stromanschlüsse sind.“ Viele Besitzer seien aber keine Flensburger, das erschwere das persönliche Gespräch. Auf seiner To Do-Liste steht daher auch ein Leerstandskataster.

In der Großen Straße entdeckt er auch, was er am Holm vermisst: „Hier gibt es liebevolle Initiativen, die Stadt attraktiver zu machen“, sagt er und zeigt auf runde Kissen, die um einen Baum herum verteilt sind. Ein kleiner Mops, der hier sonst gern liegt, ist heute nicht aber da.

Norderstraße

 

Norderstraße Flensburg
Cafés, kleine Läden und hängende Schuhe: Die Norderstraße mit ihrem kreativen Flair. Foto: Mira Nagar

Unter den Schuhen der Norderstraße stehend blickt Bergemann in Richtung Nordertor. Wie weit in die Norderstraße hinein eigentlich noch Innenstadt ist, kann er nicht sagen. „Ich denke, es gibt da keine Grenze.“ Er plant daher bis hin zum historischen Stadttor. Cafés und Künstlerläden reihen sich in der Straße aneinander, gemalte Katzen zieren die Hauswände. „Das ist etwas anderes als die Schmiererei an den Mülltonnen“, meint Bergemann – er überlegt sogar, die Kreativen der Norderstraße an Festen und Verkaufsoffenen Sonntagen auch in den Holm zu holen.

Genau das sei wichtig. „Citti-Park, Fördepark und Onlinehandel – diese Konkurrenzsituation können wir nicht wieder zurückdrehen. Daher muss die Stadt Aufenthaltsqualität haben“, sagt Bergemann. „Wir brauchen das als Kleinod für uns Flensburger – und für die Touristen.“

 

Mehr lesen