Reportage auf der Partymeile
So feiert Flensburg nach dem Corona-Lockdown
So feiert Flensburg nach dem Corona-Lockdown
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Nach monatelangem Lockdown kehrt allmählich das Nachtleben zurück in Flensburgs Straßen. Wir haben uns das Treiben auf der Partymeile einmal angeschaut.
Klirr! Biergläser stoßen aneinander. Die Abendsonne spiegelt sich darin. Gejauchze, Gelächter. Es ist 18 Uhr, im Central Park in Flensburg herrscht reges Stimmengewirr. „Prost“ schallt es von einem Tisch herüber. Griechische Gitarrenklänge stoßen auf geteilte Begeisterung, geben aber den Rest maritimes Flair, falls das überhaupt noch nötig gewesen wäre. Das Klischee eines lauen Juli-Abends ist perfekt.
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Am Tisch nebenan amüsiert sich eine ausgelassene Männertruppe. Junggesellenabschied? Mannschaftsabend? Egal, so oder so ein selten gewordener Anblick. Es herrscht gute Stimmung, aber dazu setzen ist nicht: „Nur maximal zehn an einem Tisch.“
Achja. Da war ja was. Die Erinnerung kommt wieder: An Regeln und an die Pandemie, die an diesem scheinbar völlig normalen Abend schon ganz weit weg war.
Wie lange ist das letzte mal „Ausgehen“ eigentlich her? Wie nennt man inzwischen diese frühabendliche Phase des später-noch-in-eine-Disco-Wollens? Ist „Vorglühen“ noch das richtige Wort? Oder war das schon vor der Pandemie uncool? Die Erinnerungen verschwimmen.
Kein Eintritt ohne Coronatest
22.42 Uhr. Auf ins Getümmel. Die Schlange vor dem Sasa reicht einmal quer über die Norderhofenden. Allerdings ist es keine 90-er Party, die an diesem Abend die Besucher in Flensburgs Kult-Disco lockt: Sondern das Angebot, noch bis 24 Uhr einen Corona-Test machen zu können, um überhaupt am After-Lockdown-Nachtleben teilnehmen zu können.
Wie die Corona-Pandemie das Nachtleben verändert hat? Eine Antwort darauf ist wohl ebenjene Testnotwendigkeit. Zwei junge Männer bitten um einen Lolli-Test. Der ist eigentlich für Kinder gedacht, sorgt aber offenbar dafür, dass auch Nasenstäbchen-scheue Erwachsene Opfer für den bevorstehenden Partyabend erbringen.
Es dauert etwa eine Dreiviertelstunde, bis der erlösende Schein schließlich in der Jackentasche steckt und das Wörtchen „negativ“ die Tür für den nächsten Barbesuch öffnet.
Erste Station: Der Willy-Brandt-Platz. Keine 100 Schritte von der Corona-Teststation entfernt ist plötzlich die Pandemie wieder ganz weit weg. Es ist wie eine Film-Retrospetive: An diesem lauen Sommerabend herrscht reges Treiben auf der Straße. Stimmengewirr füllt den Platz.
Der Nordermarkt als Piazza
Ein Anblick wie in früheren Sommern, bevor das Virus in den Bars und Restaurants das Licht ausknipste. Der Nordermarkt gleicht einer italienischen Piazza. Die Tische vor den Bars sind voll besetzt. Nur wer genau hinschaut, erkennt, dass die Abstände dazwischen vielleicht ein wenig größer sind, als normal.
Zwischenstopp im Rock Café. Bis auf den letzten Platz ist alles besetzt, die Stimmung ist ausgelassen, es gibt Live-Musik. Der Gitarrist spielt und singt, alles wie immer. Vom Publikum trennt ihn jedoch eine Plastikscheibe und auch die einzelnen Tische sind durch herabhängende Plastikwände von einander abgetrennt. Feiern ohne Vorsicht, das geht noch nicht.
1.20 Uhr, es geht weiter am Hafen entlang. In der Study Lounge ist der Einlass gestoppt: „Wir haben unsere Kapazitäten erreicht, ihr müsst warten“, heißt es vom Türsteher. Nur eine bestimmte Anzahl von Menschen darf in den Club. Auch vor dem Klähblatt reicht aus dem gleichen Grund die Schlange bereits fast bis auf die Straße. Die Stimmung bei den Wartenden ist heiter, die Vorfreude auf einen Abend im Rande der Normalität offenbar groß.
Weiter geht es zum Bootshaus, hier sieht es in puncto Einlass noch gut aus. Corona-Test vorzeigen, Stempel auf die Hand, mit der Luca-App registrieren und rein. Vorher noch ein paar Ansagen: Maske aufbehalten, nicht wild tanzen, Abstand halten – das Übliche.
Entsprechend leer ist der Club zunächst. An den Tischen drumherum wippen einige Gäste mit der Musik zu „Everbody“ von den Backstreet Boys. Eine junge Frau läuft quer über die Tanzfläche zur Bar und direkt in die Arme eines Security-Mannes: „Maske aufsetzen!“ lautet seine klare Anweisung.
2.30 Uhr. Normalerweise wäre die Tanzfläche um diese Uhrzeit rappeldickevoll. Ein paar mehr Gäste sind es noch geworden, es wird ein wenig verhalten am Tisch getanzt. Die Stimmung ist gut, aber die Handbremse noch angezogen. Auch an der Bar wäre jetzt normalerweise noch Hochbetrieb: Doch nichts los an diesem Abend. Ob es nicht schön ist, dass es endlich wieder mit dem Feiern losgeht? „Schon“, sagt der Barkeeper. „Aber so richtig normal ist es eben noch nicht.“