ER KAM DIREKT AUS DER HAFT

Mietnomade in Husum: Nerven der Vermieterin liegen blank

Mietnomade in Husum: Nerven der Vermieterin liegen blank

Mietnomade in Husum: Nerven der Vermieterin liegen blank

Birger Bahlo/shz.de
Husum
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Symbolbild
Ein anderer Fall, ein anderer Mann als dieser hier. Doch wer als Vermieter an Mietnomaden gerät, muss sich um sein Geld und seine Immobilie sorgen. Foto: Becker&Bredel/imago-images.de

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Er kam mit duftenden Rosen zur Unterschrift des Mietvertrages. Doch dann soll sich Anja Wucherers Mieter komplett gewandelt und „eingebunkert“ haben.

Anja Wucherer (40) ist ziemlich genervt. Sie ist sicher, einem Mietnomaden auf den Leim gegangen zu sein. Ihre Geschichte klingt in Teilen unglaublich, aber genau deswegen will sie die erzählen. Die Vermieterin möchte andere warnen, und die Momente schildern, in denen sie das Verhängnis noch hätte aufhalten können – auch weil der Mieter zuvor bereits nach gleichem Muster in Nachbardörfern von Husum vorgegangen sein soll, behauptet sie.

 

 

Sie lebt mit ihrer Familie in Süddeutschland, hat Verwandte in Husum und wollte sich gerne öfter in Nordfriesland aufhalten. Sie kauften sich ein großes Stadthaus mit drei Wohnungen übereinander, wollten unten fest vermieten, in der Mitte Feriengäste aufnehmen und oben sich den Platz selbst schön machen.

 

Über Ebay-Kleinanzeigen habe der Mann, wir nennen ihn hier Gerhard K., in Husum „Vermieter auf Augenhöhe“ gesucht. Die Formulierung gefiel Anja Wucherer auf Anhieb. Beim Telefonat Mitte August habe er erzählt, dass er in Husum neue Arbeit gefunden habe – und schon sei für Ende August die Unterzeichnung des Mietvertrages vereinbart worden, wirksam ab 1. November.

Ende September habe er bereits die Schlüssel bekommen. Zur offiziellen Übergabe Anfang November sei er eine halbe Stunde verspätet gekommen. Er habe gut gekleidet auf der Auffahrt gestanden, duftende Rosen übergeben und sich sogleich auch für Garten- und Hausmeister-Aufgaben angeboten. Außerdem könne er beim Renovieren behilflich sein. Im Nachhinein sagt sie, hätte sie bereits der Übereifer stutzig machen müssen.

Miete kam aus dem Gefängnis

Einen Tag später sei die erste Miete überwiesen worden, zu ihrer Verwirrung aus einer Haftanstalt. Erst Wochen später habe sich eine Sozialarbeiterin gemeldet, die habe gebeten, ihm eine Chance zu geben. Er sei ein ganz Netter und ein Mensch ohne Probleme. Über den Hintergrund habe sie geschwiegen. Später habe Anja Wucherer Gerhard K. direkt gefragt, ob er erzählen möge. Da habe er gesagt, es sei nichts weiter als eine Verwechslung gewesen, die ihn ins Gefängnis gebracht habe.

 

Mitte Dezember ging das Chaos dann so richtig los. 

Anja Wucherer, Vermieterin

Kurz vor der Unterschrift unter den Mietvertrag im August hatte sie noch zu ihrem Mann gesagt, dass sie absagen wolle. „Das war so ein Bauchgefühl.“ Doch zur gleichen Zeit habe ihre Oma im Sterben gelegen, sie hätte folglich ganz andere Sorgen gehabt. „Mitte Dezember ging das Chaos dann so richtig los.“ Er habe ihre Garage und das Gartenhaus mit seinen Sachen vollgepackt und in den Garten ein abgemeldetes Auto gestellt. Als er behauptet habe, beim Umzug sei sein Fernseher kaputt gegangen, habe sie ihm aus der darüber liegenden Ferienwohnung ein TV-Gerät geholt. Auch das verbucht sie heute selbstkritisch als zu großes Vertrauen. 

Kommen Sie ein bisschen näher, dann werden sie gebissen. 

Warnung vor dem Hund

Gerhard K. brachte auch einen größeren Hund mit und habe ohne weitere Rücksprache ein Warnschild aufgebaut: „Kommen Sie ein bisschen näher, dann werden sie gebissen.“

Sorgen mache ihr vor allem das Verhalten des Mannes, der sich aus Ihrer Sicht und der des Hausverwalters quasi eingebunkert habe. Undurchsichtige Spiegelfolien seien mittlerweile vor den Fenstern angebracht worden, berichtet der Verwalter am Mittwoch auf Frage von shz.de nach dem aktuellen Stand vor Ort. Mit dem Hund gehe er nur nachts Gassi. Und die Stadtwerke hätten kürzlich auch den Strom abgeklemmt – glücklicherweise nicht fürs ganze Haus, sondern nur für seine Wohnung.

Rückstand von drei Monatsmieten und die Kaution

Und dann wäre da noch der Mietrückstand seit dem Vertragsbeginn am 1. Novembver. Auf Nachfrage nach dem aktuellen Stand am Donnerstag (15. Juli) sagt Anja Wucherer: „Jetzt fehlen drei Monatsmieten, und die vereinbarte Kaution in Höhe von zwei Mieten sind nie eingetroffen.“ Gegen die anhängige Räumungsklage wehrt sich Gerhard K. inzwischen mit einer 35 Punkte umfassenden Liste von angeblichen Mängeln, die das Zurückhalten der Miete rechtfertigen sollen.

Ihr Rechtsanwalt bestätigt das soweit und erläutert dann das durchaus langwierige Verfahren bei Räumungsklagen. Dem Mieter stünde der Rechtsweg inklusive einer Berufung zu.

Gespräch abgelehnt

Was sagt der Mann selbst zu den Verdächtigungen und Vorwürfen? Unsere Redaktion fragt die Betreuerin von Gerhard K., ob ein Gespräch mit ihr und ihm persönlich möglich sei, um seine Lebenssituation besser verstehen zu können. Anja Wucherer sagt dazu, das sei auch ihr wichtig. Doch die Betreuerin lehnt Gespräche weder mit ihr noch mit Gerhard K. strikt ab und beendet das Telefonat.

 

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