Digitale Urlauberseelsorge

Die Föhrer Gute-Nacht-Geschichte auf Youtube

Die Föhrer Gute-Nacht-Geschichte auf Youtube

Die Föhrer Gute-Nacht-Geschichte auf Youtube

Petra Kölschbach/shz.de
Wyk/Föhr
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1700 Wundertüten wurden auf dem Sandwall verteilt. Foto: Urlauberseelsorge

Im Lockdown entwickelte die Urlauberseelsorge digitale Angebote. Die soll es weiter geben, wenn wieder Gäste kommen.

Für Monika Reincke, die Leiterin der evangelischen Urlauberseelsorge auf Föhr, war 2020, wie sie bekennt,  das verrückteste Jahr ihres  gesamten Berufslebens.  Die Pandemie habe alles Gewohnte durcheinandergewirbelt. Doch schnell haben Reincke und ihr Team neue Strategien entwickelt, um den Gästen auch in Zeiten, in denen Kontakte nur eingeschränkt möglich waren, Angebote zu machen.  Dabei  hat  auch die Urlauberseelsorge digitale Wege entdeckt,  „so gut es eben mit den vorhandenen Bordmitteln ging“, so Reincke.

„Normal“ konnte Reincke  im vergangenen Jahr nur ganz kurze Zeit arbeiten – bis zum Freitag, 13. März. Und so gab es  2020  nur vier Veranstaltungen im Treffpunkt Urlauberseelsorge am Sandwall, wo es sonst oft mehrere Angebote am Tag gibt.  Und die beliebte  Gute-Nacht-Geschichte konnte nur neun Mal stattfinden.

Das war das verrückteste Jahr meines gesamten Berufslebens.

Monika Reincke, Leiterin der Urlauberseelsorge

„Wenn das das gesamte Jahresergebnis wäre, dann könnte man dieses Jahr 2020 als gescheitert ansehen“, resümiert Reincke. Doch sie ließ sich schnell etwas einfallen, um auch unter Corona-Bedingungen Präsenz zeigen zu können. „Ohne Urlauber vor Ort braucht es eigentlich auch keine Urlauberseelsorge“, sagt sie. Aber in Telefongesprächen und Mails habe sich gezeigt,  dass es bei Gästen, die nun nicht kommen durften,  einen Bedarf an Vorschlägen für die familiäre Freizeitgestaltung und  den Wunsch nach seelsorglicher Begleitung gegeben habe. „Also habe ich mich entschlossen, ein digitales Abenteuer zu wagen: Am 24. März – also gut zehn  Tage nach den ersten Beschränkungen – habe ich den Blog ‚Wykerflaschenpost‘ freigeschaltet“, berichtet Reincke (www.wykerflaschenpost.blogspot.com). Hier finden alle, die Sehnsucht nach Föhr haben,  Fotos von der  Insel, Andachten, kleine Bastelaktionen, Familien-Spielanregungen oder  Experimente für Kinder. In der Zeit des  Betretungsverbotes der Inseln hat Reincke täglich einen Blogpost veröffentlicht – insgesamt waren es  fast 200, die  an die 10.000 Mal angeklickt wurden.

„Ausnahmezustand“ geht weiter

Auch als wieder Gäste auf die Insel kommen durften, ging  der „Ausnahmezustand“ für Monika Reincke und ihre Team weiter. Denn Veranstaltungen waren weiterhin  verboten. „Aber dennoch hatten die Familien  einen echten Bedarf an Freizeitgestaltung und Begleitung“, hat sie beobachtet. Gerade die „Gute-Nacht-Geschichte“, die bei Föhrer Urlauberkindern seit Jahrzehnten Kult ist, sei immer wieder eingefordert worden. Doch diesen Wunsch konnte sie den Gästekindern nicht erfüllen.  Denn wesentlicher Bestandteil dieser halbstündigen Veranstaltung sei   das gemeinsame  Singen oder  rhythmische Sprechen, das wegen des hohen Infektionsrisikos verboten ist. „Wir haben uns deshalb entschieden, an Veranstaltungen nur die Abendandachten anzubieten – die waren durch ein Hygienekonzept der Kirchengemeinde und durch Sondererlaubnis zur Religionsausübung abgesichert“, berichtet Reincke weiter. Doch die Nachfrage nach Beschäftigungsmöglichkeiten gerade für Familien mit kleinen Kindern so wie die nach Morgenandachten am Strand sei groß gewesen.

Ein „Treffpunkt in Tüten“

Und so entwickelte die Urlauberseelsorge ein zweites Pandemie-Angebot:  Den „Treffpunkt in Tüten“. Es wurden 1700   „Wundertüten“ gepackt, mit  einer kleinen Bastelanleitung und  dem dazugehörigen Material, dazu noch eine Anregung zum Spielen in der Familie sowie eine kleine Andacht zum Lesen im Strandkorb oder zu Hause. Die beiden Freiwilligen der Urlauberseelsorge haben sich dann immer wieder  mit ihren Sockenpuppen auf die Promenade gestellt und  Familien die Tüten in die Hand gedrückt. „Die Tüten sind eine gute Möglichkeit, in Kontakt mit Menschen zu treten. Wir werden also auch weiterhin Treffpunkt-Tüten packen und verteilen“, so Reincke.

Digitale Schnitzeljagd

Und noch eine dritte Idee wurde in diesem Jahr umgesetzt: eine  digitale Schnitzeljagd,  die jeder mit einem Smartphone ablaufen kann. In einer Stunde können so  Wyker  Sehenswürdigkeiten  entdeckt werden und die Gäste  erfahren etwas über die Wyker   Geschichte und wichtige Wyker  Personen.

Die Gute-Nacht-Geschichten mit Pierre und Brösel gibt es jetzt auf Youtube. Foto: Urlauberseelsorge

Seit dem Herbst ist die Urlauberseelsorge auch auf Instagram und Youtube aktiv  –  Projekte, die die  beiden Freiwilligen realisiert haben. Und weil die Nachfrage nach den  Gute-Nacht-Geschichten so groß war, wird  ein kleiner Teil des „normalen“ Gute-Nacht-Geschichten-Programms auf Youtube veröffentlicht: Die beiden Sockenpuppen Pierre und Brösel erleben Abenteuer – ganz so, wie die Kinder das  zu normalen Zeiten von den  Veranstaltungen am Sandwall  kennen.

„Trotz Corona haben wir die Menschen mit unserem Angebot durch Blog, Tüten und digital geführte Schnitzeljagd erreicht – und zwar in ähnlicher Anzahl wie in den vergangenen Jahren analog“, berichtet die Leiterin der Urlauberseelsorge stolz.  Und von einem ist sie seit diesem besonderen Jahr überzeugt: „Das digitale Potential ist noch längst nicht ausgereizt“, sagt sie  und kündigt an, dass ihr   Blog weitergeführt werden soll – auch dann,  wenn es wieder Veranstaltungen vor Ort geben wird.

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