In Janneby weitgehend akzeptiert

Windräder in der Nachbarschaft

Windräder in der Nachbarschaft

Windräder in der Nachbarschaft

Klaus-Dieter Rauhut/shz.de
Janneby
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Ute Richter und Jörg Thordsen
Bürgermeisterin Ute Richter und GeschäftsführerJörg Thordsen vor dem Büro der Bürgerwindparkgenossenschaft in Janneby. Foto: Klaus-Dieter Rauhut

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Bürgerwindpark : Windräder in der Nachbarschaft – in Janneby weitgehend akzeptiert

Immer wieder wird über Windkraftanlagen kontrovers diskutiert, Nachbarschaften zerstreiten sich darüber. In Janneby sind von etwa 450 Einwohnern 145 Bürgerinnen und Bürger und somit über 75 Prozent der Haushalte in der örtlichen Bürgerwindparkgenossenschaft finanziell beteiligt. Klaus-Dieter Rauhut sprach mit Jörg Thordsen, Geschäftsführer der Genossenschaft, und Bürgermeisterin Ute Richter über die Akzeptanz von Windrädern.

Herr Thordsen, in der Nachbargemeinde Eggebek hatte seinerzeit die Auseinandersetzung über Windkraftanlagen auf dem stillgelegten Bundeswehrflugplatz zu heftigen Auseinandersetzungen und bei der damaligen Kommunalwahl zu anderen, ablehnenden Mehrheiten geführt. Bei Ihnen scheint es anders gelaufen zu sein

Jörg Thordsen: Unser Windpark besteht seit 2012 und hatte einen langen planerischen Vorlauf. Erst als der Eggebeker Flugplatz 2005 geschlossen wurde, konnten wir als unmittelbarer Anlieger in konkrete Planungen einsteigen. Da der Regionalplan von 2006 Windkraft auf unseren Flächen nicht auswies, mussten wir einen besonderen Ansatz für die Genehmigung finden. Wir haben dann einen Testpark für Prototypen, Neu- und Weiterentwicklungen der Windkraftindustrie geplant, da das Interesse der Industrie, Anlagen im Echtbetrieb zu erproben, groß war.

Auch wenn anfänglich Skepsis bei einigen Landeigentümern vorhanden war, konnten wir mit allen 30 Eigentümern für das infrage kommende Gebiet Nutzungsverträge abschließen. Für uns war von Anfang an wichtig, dass wir die Dinge selbst in der Hand behalten und alle Entscheidungen nur vor Ort getroffen werden. Dies galt auch für die finanzielle Umsetzung. Wenn Projektentwickler und Investoren von außerhalb kommen, um auf unseren Flächen mit Windkraft Geld zu verdienen, dann können wir es auch selbst machen und diese Wertschöpfung in der Gemeinde behalten.

Dabei hatten wir das Glück, dass es schon gute Beispiele dafür in Nordfriesland gab. Das hat auch Skeptiker überzeugt und nach Gründung der Genossenschaft haben 67 Bürgerinnen und Bürger aus der Gemeinde Anteile über insgesamt drei Millionen Euro zum Bau der Anlagen und der Infrastruktur gezeichnet.

Frau Richter, stand die Gemeinde von Anfang an so geschlossen dahinter?

Ute Richter: Um Baurecht für den Windpark zu ermöglichen, musste die Gemeinde einen Bebauungsplan dafür erlassen. Dass wollten wir nicht über die Köpfe der Bürger hinweg machen, sondern haben eine Bürgerbefragung nach Wahlrechtsgrundsätzen dazu durchgeführt, bei der sich gut 70 Prozent der Wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger für den Windpark ausgesprochen haben.

Das war eine gute Grundlage für eine Befürwortung durch die Gemeinde, zeigt aber auch, dass in Teilen Skepsis vorhanden war. Für das positive Votum war sicherlich auch mit entscheidend, dass die Planung vor Ort sehr transparent und offen erfolgte und die Macher als Bürger vertraut und ansprechbar waren.

Herr Thordsen, jetzt planen sie, einige Anlagen zu repowern und den Park um drei Anlagen zu erweitern.

Jörg Thordsen: Dafür mussten wir in 2019 noch einmal Eigenkapital einsammeln und haben dabei unsere Beteiligungsbasis in der Gemeinde auf 145 Anteilseigner erweitert. In der Diskussion in der Gemeinde über diese Erweiterungspläne haben wir festgestellt, dass auch bei Skeptikern die positiven finanziellen Aspekte, die dieser Windpark für die Gemeinde und ihre Bürger bringt, gesehen und abgewogen werden gegenüber den Belastungen, die durch Lärm, Schattenwurf und Flugsicherungsbefeuerung durchaus gegeben sind.

Ute Richter: Bei starkem Ostwind ist durchaus ein Rauschen der Mühlen zu hören und auch der Schattenwurf, der allerdings zeitlich stark begrenzt ist, ist störend. Aber es tritt auch eine gewisse Gewöhnung ein bzw. die Toleranz ist eine andere, wenn man auf der anderen Seite auch davon profitiert. In den Verträgen mit der Genossenschaft haben wir von der Gemeinde festgelegt, dass diese Beleuchtung zur Flugsicherung abgeschaltet werden muss, wenn eine bedarfsgerechte Steuerung der Befeuerung verfügbar ist. Daher erwarten wir, dass im nächsten Jahr die neue Technik zum Einsatz kommt.

Profitieren von den Windmühlen, ein Gutes Stichwort, Herr Thordsen.

Jörg Thordsen: Eine Windmühle produziert ungefähr zehn Millionen Kilowattstunden Strom, nach Repowering und Erweiterung wird der Park ungefähr 150 Millionen kwh Strom produzieren können. Die gesamte Wertschöpfung daraus, der gesamte Gewinn der Bürgerwindparkgenossenschaft fließt in die Gemeinde. Davon profitieren über die Pacht die 30 Landeigentümer, davon profitieren die Bürgerinnen und Bürger als Anteilseigner mit einer äußerst lukrativen Kapitalrendite im zweistelligen Prozentbereich und davon profitiert die Gemeinde mit einer ganz erheblichen Gewerbesteuer und einer Pacht für ein ihr gehörendes Grundstück in unserem Park.

Ute Richter: Wir waren als Gemeinde bis 2012 Fehlbedarfsgemeinde, das heißt, die Gemeinde Janneby konnte ihren Haushalt nicht ausgleichen und war auf Fehlbedarfszuweisungen des Kreises angewiesen. Durch die erheblichen Gewerbesteuereinnahmen, auch wenn davon 70 Prozent bei den Schlüsselzuweisungen zur Sicherung der allgemeinen Finanzausstattung angerechnet werden, ist unsere Finanzlage mittlerweile so solide, dass wir eine Rücklage von etwa 180.000 Euro ansparen konnten, obwohl wir in den letzten Jahren auch viel Geld in die Sanierung von Straßen gesteckt haben.

Wir können unsere Gemeinde jetzt auch mit vielen kleinen Maßnahmen verschönern und aufwerten, wofür früher das Geld nicht vorhanden war. Dass merken auch die Bürgerinnen und Bürger, die nicht direkt von der Dividende des Bürgerwindparks profitieren.

Wer so für die Erzeugung regenerativer Energien engagiert ist wie Sie, Herr Thordsen, hat sicherlich auch weitere Pläne?

Jörg Thordsen: Überlegungen gibt es einige, konkrete Pläne noch nicht. Die Schaffung eines Bürgersolarparks in der Region wäre reizvoll, aber auch der Aufbau einer eigenen Energieversorgung mit Strom und Wärme für Janneby denkbar. Ein nicht unerheblicher Teil der möglichen Stromerzeugung der Windkraftanlagen wird wegen Überlastung der Netze abgeregelt. Das ist jetzt durch die neue Umspannstation Haurup und die neuen Stromtrassen erheblich weniger geworden. Aber die Gesetzgebung des Bundes verhindert, dass Strom der Windmühlen neben der Einspeisung ins Netz auch für sonstige Zwecke genutzt werden kann.

Der Bund beabsichtigt, den Standortgemeinden von Windkraftanlagen 0,2 Cent pro erzeugter kWh über die Betreiber zukommen zu lassen, geschätzt etwa 20.000 Euro pro Anlage. Ist das der richtige Weg?

Jörg Thordsen: Sowohl die Gewerbesteuer bei Windparks, deren Geschäftssitz außerhalb des Standortes ist, soll stärker den Standortgemeinden zukommen wie auch die erwähnte spezielle Entschädigung. Das geht sicherlich in die richtige Richtung auch wenn es nicht alle mit der Windkraft vor Ort versöhnen wird. Ich halte aber unseren Weg der direkten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der vor Ort erzielten Wertschöpfung für den besseren.

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