Bericht der Schulsozialarbeit

„Wir verlieren junge Menschen“

„Wir verlieren junge Menschen“

„Wir verlieren junge Menschen“

Jonna Marlin Lausen/shz.de
Nordfriesland
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Eltern berichten von ihren Kindern, dass sie Tag und Nacht vor dem Bildschirm säßen. Foto: Juan Garcia Risquez via www.imago-images.de

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In der gemeinsamen Sitzung von Jugendhilfe- sowie Kultur- und Bildungsausschuss berichten Schulsozialarbeiter über Schule in Pandemiezeiten.

 

Wie geht es Schülern in Pandemie-Zeiten? Was macht die mittlerweile seit einem Jahr andauernde Lähmung des Soziallebens mit Kindern und Jugendlichen? Eine empirisch aussagekräftige Antwort auf diese Frage wird es wohl erst in einigen Jahren geben. Auf der Hand liegt jedoch, dass die Pandemie-Lage und das ewige Hin und Her alle gleichermaßen mürbe macht.

Kinder vereinsamen in der Pandemie

Dass die Pandemie eben Kinder und Jugendliche besonders hart trifft, macht ein Bericht von Schulsozialarbeitern aus dem Kreisgebiet deutlich. So berichtet Torben Albrecht, Leiter der Schulsozialarbeit beim Diakonischen Werk Husum, dass insbesondere im zweiten Lockdown Eltern auf die Schulsozialarbeitenden zugekommen seien, weil sie sich Sorgen um ihre Kinder machten.

Sie würden vereinsamen, berichtet Albrecht. Zwar hätten seine Mitarbeitenden versucht, den Kontakt zu Eltern und Familien zu halten, seien in der Schule vor Ort gewesen, hätten Spaziergänge mit Schülern und Familien gemacht, doch sei das eben kein Vergleich zum Präsenzunterricht.

Appell des Schulleiters des Niebüller BBZ

Von Problemen berichtet auch der Schulleiter der Niebüller Berufsschule, Finn Brandt: „ Wir verlieren junge Menschen, wir bräuchten mindestens drei Schulsozialarbeiter, um das in der Präsenz wieder aufzufangen“, lautet sein dramatischer Appell. Und auch ohne Pandemie sei eine Schule mit über 2000 Schülern mit nur eineinhalb Stellen für Sozialarbeiter nicht gut genug ausgestattet.

Ins Detail geht Stefan Sandrock, Schulsozialarbeiter an der Hermann-Tast-Schule in Husum. Sandrock berichtet von geforderten Lehrern. Durch den fehlenden Präsenzunterricht sei er vermehrt auf deren Beobachtungen im Onlineunterricht angewiesen. Aber er brauche auch Hinweise von Eltern oder Mitschülern.

Auch habe eine große Veränderung in der Kommunikation mit den Schülern durch die Pandemie stattgefunden. Weniger persönliche Kontakte, dafür aber digital. Das habe auch einen großen Vorteil: So kommuniziert Sandrock jetzt vermehrt mit den Schülern via I-Surf – eine digitalen Plattform, die auf jedem Smartphone läuft und eine niederschwellige Kommunikation ermöglicht. „Ich merke, dass es den Schülern viel leichter fällt, ihre Probleme zu schreiben, so kommt viel mehr zur Sprache“, so Sandrock. Eine Sache, die er sich auf jeden Fall erhalten wolle. Doch sei dies kein Ersatz für die physische Präsenz auf dem Schulhof und den zusätzlichen persönlichen Kontakt.

Tag und Nacht am Handy spielen

Auch Sandrock fallen Entgrenzungen auf: Eltern berichten, dass ihre Kinder Tag und Nacht am Handy oder Computer spielten. Sexualität und Partnerschaft seien spätestens ab der neunten Klasse ein großes Thema und bereiteten den Schülern Sorge. Es fehle der Austausch. Auch eine Entgrenzung in Richtung Cybermobbing, Essstörungen sowie das Thema Alkohol und Drogen beschäftige die Schüler. Und dann sei da der Leistungsdruck, gerade jetzt in der Prüfungsphase. „Was macht man mit einem Abschluss in Corona-Zeiten, und wie geht es jetzt weiter?“, fragt Sandrock stellvertretend für die Schüler in die Runde.

Der Bedarf war immer da und wird steigen

Seit 2009 gibt es das Konzept der Schulsozialarbeit, blickt Jugendamtsleiter Peter Raben zurück. „Wir hätten uns damals nie träumen lassen, dass der Bedarf über alle Schularten hinweg so hoch ist.“ Auch sehe er, dass die Bedarfe nicht gedeckt seien. Dazu erklärte Daniel Thomsen, Leiter des Fachbereichs Jugend, dass es einen Appell an das Land gebe, die Mittel für die Schulsozialarbeit zu erhöhen. Letztlich entschieden die Schulträger aber selbst über die Personalschlüssel, der Kreis verteile lediglich die Mittel.

 

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