Geheimdienste

Baerbock: Russland für Cyber-Angriff auf SPD verantwortlich

Baerbock: Russland für Cyber-Angriff auf SPD verantwortlich

Baerbock: Russland für Cyber-Angriff auf SPD verantwortlich

dpa
Adelaide/Berlin
Zuletzt aktualisiert um:
Im Mittelpunkt der einwöchigen Reise von Außenministerin Baerbock nach Australien, Neuseeland und Fidschi steht die Sicherheitspolitik und der Klimaschutz. Foto: Sina Schuldt/dpa

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Im Januar vergangenen Jahres griffen Hacker E-Mail-Konten der SPD an. Die Bundesregierung macht jetzt «eindeutig» Russland dafür verantwortlich - bestellt den russischen Geschäftsträger ein.

Die Bundesregierung macht eine Einheit des russischen Militärgeheimdienstes GRU für einen Cyber-Angriff auf die SPD Anfang vergangenen Jahres verantwortlich. «Staatliche russische Hacker haben Deutschland im Cyberraum angegriffen», sagte Außenministerin Annalena Baerbock während ihres Australien-Besuchs in Adelaide und kündigte Konsequenzen an.

Die SPD hatte im Juni 2023 bekannt gegeben, dass E-Mail-Konten des SPD-Parteivorstands bereits im Januar Ziel eines Cyberangriffs geworden seien. Möglich sei das durch eine zum Zeitpunkt des Angriffs noch unbekannte Sicherheitslücke beim Softwarekonzern Microsoft geworden, hieß es damals aus der SPD - und: «Es ist nicht auszuschließen, dass es zu einem Abfluss von Daten aus vereinzelten E-Mail-Postfächern kam.»

Baerbock nennt Attacke «völlig Inakzeptabel»

Laut Baerbock sind die Ermittlungen der Bundesregierung unter Federführung des Auswärtigen Amts dazu, die in der Diplomatensprache «Attributierungsverfahren» genannt werden, nun abgeschlossen. «Wir können diesen Angriff vom letzten Jahr heute eindeutig der Gruppe APT28 zuordnen, die vom russischen Geheimdienst GRU gesteuert wird», sagte die Grünen-Politikerin auf einer Pressekonferenz mit ihrer australischen Amtskollegin Penny Wong in Adelaide auf Nachfrage. «Das ist völlig inakzeptabel und wird nicht ohne Konsequenzen bleiben.»

Das Auswärtige Amt hat als Reaktion auf den russischen Cyber-Angriff den amtierenden Geschäftsträger der russischen Botschaft einbestellt. Er sei für 12.00 Uhr einbestellt, teilte ein Sprecher des deutschen Außenministeriums in Berlin mit. Eine solche Einbestellung gilt als scharfes diplomatisches Mittel.

Die Einbestellung sei ein deutliches diplomatisches Signal, «Moskau deutlich zu machen, dass wir dieses Vorgehen nicht akzeptieren, deutlich verurteilen und uns da auch Konsequenzen vorbehalten», ergänzte der Sprecher.

Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte, die Bundesregierung verurteile die wiederholten und inakzeptablen Cyber-Angriffe durch staatlich gesteuerte russische Akteure auf das Schärfste. Man fordere Russland erneut auf, derartige Handlungen zu unterlassen. «Deutschland ist entschlossen, gemeinsam mit seinen europäischen und internationalen Partnern solchen Cyber-Angriffen entgegenzutreten.»

APT28 wurde durch Attacke auf den Bundestag bekannt

Die Gruppierung APT28 ist nach Angaben des deutschen Verfassungsschutzes seit mindestens 2004 weltweit vor allem im Bereich Cyberspionage aktiv. Sie habe in der Vergangenheit auch Desinformations- und Propagandakampagnen im Cyberraum geführt und zähle «zu den aktivsten und gefährlichsten Cyberakteuren weltweit».

APT steht für Advanced Persistent Threat (Fortgeschrittene anhaltende Bedrohung). So bezeichnen Sicherheitsbehörden von autoritären Staaten gesteuerte Gruppen, die mit der systematischen Ausführung von Cyber-Attacken beauftragt sind. Davon sind bisher etwa 40 identifiziert worden.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet APT28 eindeutig dem russischen Militärnachrichtendienst GRU zu. Die Gruppe, die auch unter dem Namen «Fancy Bear» firmiert, wurde 2015 schon für eine große Cyberattacke auf den Bundestag verantwortlich gemacht und später in den USA für eine Attacke auf die Demokratische Partei vor der Präsidentschaftswahl 2017.

Attacke auf SPD Teil einer größeren Kampagne

An den Ermittlungen der Bundesregierung waren nach dpa-Informationen mit dem Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst alle deutschen Geheimdienste beteiligt. Die Attacke auf die SPD soll nach bisherigen Erkenntnissen Teil einer Kampagne der APT28 in mehreren europäischen Ländern gewesen sein, die gegen Regierungsstellen, aber auch gegen Unternehmen gerichtet ist, die mit Energieversorgung, IT, Rüstung oder Luft- und Raumfahrt zu tun haben.

Wieviele E-Mail-Konten im Fall der SPD betroffen waren und wie groß die abgeschöpfte Datenmenge war, blieb zunächst unklar. Bei der Attacke auf den Bundestag waren es 16 Gigabyte.

Nato ist «zutiefst besorgt»

Der Nordatlantikrat, das wichtigste Entscheidungsgremium der Nato, hatte sich bereits am Donnerstagabend «zutiefst besorgt» über zunehmende russische Cyber-Attacken geäußert - ohne Einzelheiten zu nennen. In einer Erklärung war von «feindlichen Aktivitäten» die Rede, die gegen Deutschland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien und Großbritannien gerichtet seien.

«Diese Vorfälle sind Teil einer sich verstärkenden Kampagne von Aktivitäten, die Russland im gesamten euro-atlantischen Raum ausführt, auch im Bündnisgebiet und über Proxies (Stellvertreter). Dazu gehören Sabotageakte, Gewaltakte, Cyber- und elektronische Störungen, Desinformationskampagnen und andere hybride Operationen», hieß es in der Erklärung. Die Aktivitäten stellten «eine Bedrohung für die Sicherheit der Bündnispartner» dar.

Mehr lesen