Trump-Äußerungen

EU-Außenbeauftragter: Nato kein Bündnis «à la carte»

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EU-Außenbeauftragter: Nato kein Bündnis «à la carte»

dpa
Washington/Conway/Brüssel/Berlin
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Donald Trump, der von 2017 bis 2021 im Weißen Haus regierte, drohte immer wieder mit dem Rückzug der USA aus der Nato. Foto: Manuel Balce Ceneta/AP/dpa

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Donald Trump wäre bereit, die Verteidigung Verbündeter aufzugeben - und Moskau gar zur Aggression zu ermutigen. Das Entsetzen darüber zeigte sich schnell - auch Stoltenberg reagiert deutlich.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat nach einer umstrittenen Äußerung des republikanischen US-Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump zur Nato-Beistandspflicht betont, das Militärbündnis könne nicht von der Laune des US-Präsidenten abhängen. «Die Nato kann kein Militärbündnis «à la carte» sein», sagte Borrell vor Beginn eines informellen Treffens der EU-Entwicklungsministerinnen und -minister in Brüssel. Es könne nicht «jetzt ja, morgen nein» heißen. Das Bündnis existiere, oder es existiere nicht.

Steinmeier: Äußerungen «spielen Russland in die Hände»

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisierte die Äußerungen Trumps ebenfalls scharf. «Diese Äußerungen sind verantwortungslos und spielen sogar Russland in die Hände», sagte er während eines Besuches in der zyprischen Hauptstadt Nikosia. «Und daran kann niemand in unserem Bündnis ein Interesse haben.» Die Äußerungen trügen nicht zur Stärke bei, die die Nato brauche.

In den USA sei Wahlkampf, sagte Steinmeier in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulidis. «Manches ist provokativ. Aber auch wenn es provokativ ist, heißt es nicht, dass wir es nicht ernst nehmen sollten.» Zugleich appellierte er an die Europäer, nicht so zu tun, als sei die Wahl in den USA schon entschieden.

Im gegenwärtigen Präsidenten Joe Biden habe Europa einen echten Freund und Förderer der transatlantischen Beziehungen, sagte der Bundespräsident. Biden habe angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine die Stärke und Geschlossenheit der Nato sichergestellt. «Wir haben jedes Interesse daran, dass diese Stärke und Geschlossenheit der Nato nicht nur in dieser Frage erhalten bleibt.»

Steinmeier machte zugleich deutlich: «Es ist völlig klar, dass wir in Europa, auch wir in Deutschland unseren Teil dazu beitragen müssen, die Verteidigungsanstrengungen innerhalb der Nato systematisch in den nächsten Jahren zu erhöhen.» Dies gelte unabhängig vom Wahlausgang in den USA im Herbst. Das habe auch die Bundesregierung in den vergangenen Wochen immer wieder zum Ausdruck gebracht.

Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte zu den Äußerungen Trumps: «Die Bundesregierung setzt in ihrer Sicherheits- und Verteidigungspolitik ganz klar auf das transatlantische Bündnis und die transatlantische Wertegemeinschaft und sieht ihre Sicherheit in der Nato gewährleistet». Die Bundesregierung habe die Äußerungen Trumps «natürlich zur Kenntnis genommen».

Deutsche Außenpolitiker zeigen sich entsetzt

«Donald Trumps irrlichternde Äußerungen zu den vertraglichen Verpflichtungen der USA im Fall des Angriffs auf ein Nato-Mitglied beweisen erneut, wie unberechenbar, skrupellos und unzuverlässig er ist», sagte der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), dem «Tagesspiegel».

Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel sagte, die Aussage sei wie eine Einladung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, das Verteidigungsbündnis zu testen. «Der testet uns dann nicht in Deutschland, aber vielleicht im Baltikum», warnte Gabriel im Deutschlandfunk.

Trump: «Nein, ich würde euch nicht beschützen»

Der ehemalige US-Präsident Trump hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat South Carolina gesagt, der «Präsident eines großen Landes» habe ihn einmal gefragt, ob die USA dieses Land auch dann noch vor Russland beschützen würden, wenn es die Verteidigungsausgaben nicht zahle. Er habe geantwortet: «Nein, ich würde euch nicht beschützen.» Vielmehr noch: Er würde Russland «sogar dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen». Es war dabei unklar, ob es jemals so ein Gespräch zwischen Trump und einem Staatschef gegeben hat, denn der Republikaner sagte auch: «Nehmen wir an, das ist passiert.»

Gabriel erinnerte daran, dass Trump ähnliche Aussagen bereits in der Vergangenheit getroffen habe. Die neue Äußerung passe zu seinem Politikverständnis. Trump versuche, Deals zu schließen. «So ganz neu ist das, was er sagt, nicht. Und das Problem daran ist, da ist auch was Wahres dran.» Es sei nicht richtig zu erklären, warum die USA mehr zur Sicherheit Europas beitrügen als die Europäer selbst, obwohl beide Volkswirtschaften ähnlich groß seien. «Trotzdem kann man so nicht mit einer Allianz umgehen», sagte Gabriel. Die USA seien die Führungsmacht der Nato.

Ähnlich äußerte sich der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. Ein Wahlsieg Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl im Herbst würde die Nato in eine existenzielle Krise stürzen, weil Trump das Verteidigungsbündnis transaktional verstehe, sagte er der «Bild». «Wer aus seiner Sicht nicht ausreichend zahlt, wird von den USA nicht beschützt.» Deutschland müsse daher «verstehen, dass wir schon bald gar keine andere Wahl mehr haben könnten, als uns selbst zu verteidigen und das in einer Zeit, in der in Europa Krieg herrscht. Wir müssen das als Europäer schaffen, weil alles andere eine Kapitulation vor Putin wäre.»

Stoltenberg: Trump-Äußerung untergräbt gesamte Sicherheit

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte: «Jede Andeutung, dass die Verbündeten sich nicht gegenseitig verteidigen werden, untergräbt unsere gesamte Sicherheit, einschließlich der der USA, und erhöht das Risiko für amerikanische und europäische Soldaten.»

Auch das Weiße Haus von US-Präsident Joe Biden reagierte umgehend. «Angriffe eines mörderischen Regimes auf unsere engsten Alliierten zu ermutigen, ist ungeheuerlich und vollkommen verrückt», erklärte Sprecher Andrew Bates in einer Mitteilung. «Es gefährdet die nationale Sicherheit Amerikas, die globale Stabilität und unsere Wirtschaft im Inland.»

US-Präsident Joe Biden sagte laut einer Mitteilung vom Sonntagabend, Donald Trumps Eingeständnis, dass er beabsichtige, Putin grünes Licht für mehr Krieg und Gewalt zu geben und seinen brutalen Angriff auf eine freie Ukraine fortzusetzen, sei «entsetzlich und gefährlich.»

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