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Israels Armee geht weiter gegen Hamas und Hisbollah vor

Israels Armee geht weiter gegen Hamas und Hisbollah vor

Israels Armee geht weiter gegen Hamas und Hisbollah vor

dpa
Tel Aviv/Gaza/Beirut
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Das Weiße Haus hat sich nach dem Tod der Aktivistin an Israel gewandt. (Archivbild) Foto: Pablo Martinez Monsivais/AP/dpa

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Erneut greift die israelische Armee in Gaza nach eigenen Angaben eine Kommandozentrale der Hamas an. Und auch an anderen Fronten geht die Gewalt weiter.

Genau elf Monate nach dem beispiellosen Massaker der islamistischen Hamas in Israel geht der jüdische Staat an mehreren Fronten weiter energisch gegen seine Feinde vor. Im Gazastreifen flog die israelische Luftwaffe am Abend einen Angriff, der nach ihren Angaben einer Kommandozentrale der Hamas galt. Die Terroristen hätten sie in einem ehemaligen Schulgebäude errichtet, teilte die israelische Armee auf ihrem Telegram-Kanal mit. 

Israelische Kampfflugzeuge hätten zudem am selben Abend mehr als 15 Abschussrampen und militärische Infrastruktur der mit der Hamas verbündeten Hisbollah-Miliz im Süden des Libanon attackiert, hieß es weiter. Laut der israelischen Armee waren einige der Abschussanlagen für bevorstehende Raketenangriffe auf Israel vorbereitet. Ein Ende der Feindseligkeiten ist auch nach nunmehr fast einem Jahr seit Beginn des Krieges im Gazastreifen nicht in Sicht.

Israels Armee: Kommandozentrale der Hamas attackiert

In der zurückliegenden Woche seien in dem abgeriegelten Küstenstreifen mehr als 40 terroristische Einrichtungen zerstört worden, teilte die Armee am frühen Abend in einer Wochenbilanz mit. Dazu zählten «als Schulen, Hochschulen und humanitäre Gebiete getarnte Kommando- und Kontrollzentren». Außerdem seien in dem Zeitraum mehr als 100 Terroristen «eliminiert» und mehrere Tunnelschächte entdeckt worden. 

Am späten Abend teilte die israelische Armee dann mit, die Terroristen hätten das im Norden Gazas angegriffene frühere Schulgebäude zur Planung und Ausführung von Terroranschlägen auf Israels Truppen und den Staat Israel benutzt. Vor dem Angriff mit Präzisionsmunition seien zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden, um das Risiko verringern, dass Zivilisten zu Schaden kommen, hieß es. Angaben zu möglichen Opfern machte das Militär nicht. Die Darstellung ließ sich zunächst nicht unabhängig prüfen.

Dutzende Tote im Westjordanland

Während des großangelegten Armeeeinsatzes gegen islamistische Extremisten in Dschenin, Tulkarm und Fara im Westjordanland seien in den vergangenen Tagen etwa 35 Terroristen «eliminiert» und rund 45 weitere Personen festgenommen worden, teilte das Militär in seiner Wochenbilanz mit. Zudem seien Dutzende Waffen sowie Sprengstoff beschlagnahmt und drei Sprengstofflabors zerstört worden. Der zehntägige Einsatz in der Stadt Dschenin, die als Hochburg militanter Palästinenser gilt, ist einem palästinensischen Medienbericht zufolge inzwischen beendet.

Das Weiße Haus hat unterdessen nach dem Tod einer US-amerikanischen Aktivistin im Westjordanland von Israel eine Untersuchung des Falls gefordert. «Wir haben uns an die israelische Regierung gewandt, um mehr Informationen und eine Untersuchung des Vorfalls zu ersuchen», sagte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre. «Lassen Sie uns zunächst einmal herausfinden, was genau passiert ist, und wir werden daraus die notwendigen Schlüsse und Konsequenzen ziehen», sagte US-Außenminister Antony Blinken. 

USA fordern nach Tod einer Amerikanerin Untersuchung

Nach palästinensischen Angaben war die Amerikanerin türkischer Herkunft bei einem Protest gegen einen Siedlungsaußenposten durch Schüsse israelischer Soldaten getötet worden. Israels Armee wollte dies nach eigenen Angaben prüfen. Es habe in der Gegend eine «gewalttätige Aktivität» gegeben, woraufhin israelische Einsatzkräfte auf die Person gefeuert hätten, die diese hauptsächlich angestiftet habe. Die Person habe Steine geworfen und Israels Sicherheitskräfte bedroht, hieß es. Ob es sich dabei um die Amerikanerin handelte, blieb zunächst offen.

Israel konzentriert sich auf Kampf gegen die Hisbollah

Bei den Auseinandersetzungen mit der proiranischen Hisbollah im Libanon zerstörte Israels Armee nach eigenen Angaben in der zurückliegenden Woche Dutzende Raketenwerfer, die auf Gemeinden im Norden Israels gerichtet gewesen seien. Es habe etwa 50 Angriffe auf Gebäude, Infrastruktur und Waffenlager im Nachbarland gegeben, teilte das Militär am Abend mit. Israels Streitkräfte seien derzeit «sehr auf den Kampf gegen die Hisbollah konzentriert», sagte Generalstabschef Herzi Halevi bei einer Lagebesprechung.

Das Nordkommando der israelischen Armee treffe «einen Großteil der Hisbollah-Kapazitäten im Libanon, bevor sie uns angreifen kann», wurde Halevi in einer Mitteilung der Armee zitiert. Gleichzeitig bereite man sich auf «Offensivmaßnahmen» vor.

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen zwischen Israel und der Hamas kommt es im Grenzgebiet zum Libanon nahezu täglich zu militärischen Konfrontationen mit der Hisbollah-Miliz. Auf beiden Seiten gab es bereits Tote - die meisten von ihnen waren Mitglieder der Hisbollah. Die Schiiten-Miliz handelt nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas im Gazastreifen.

Auslöser des Gaza-Krieges war der Terrorangriff der Hamas und anderer islamistischer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres im israelischen Grenzgebiet. Dabei waren mehr als 1.200 Menschen getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. Israel reagierte mit Luftangriffen und einer Bodenoffensive in Gaza. 

Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seither mehr als 40.800 Palästinenser in dem abgeriegelten Gebiet getötet und mehr als 94.400 weitere verletzt. Die Zahlen unterscheiden nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten und lassen sich unabhängig kaum überprüfen. Nach UN-Angaben ist die humanitäre Lage im schwer verwüsteten Gazastreifen, der flächenmäßig etwa so groß ist wie München, «mehr als katastrophal». Die Partner der UN verfügten nicht über ausreichende Nahrungsmittelvorräte zur Versorgung der Menschen dort. 

Gaza-Verhandlungen sollen weitergehen

Nach israelischer Zählung befinden sich noch 101 Menschen in der Gewalt der Hamas, wobei unklar ist, wie viele von ihnen noch leben. Die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, bei denen die USA, Katar und Ägypten vermitteln, um eine Waffenruhe und eine Freilassung der Geiseln zu erreichen, kommen seit Monaten nicht voran. Der «Times of Israel» zufolge deutete US-Außenminister Blinken an, dass die Vermittler Israel und der Hamas in den nächsten Tagen einen neuen Vorschlag für ein Abkommen vorlegen wollen.

US-Medien hatten bereits kürzlich über einen geplanten letzten Vorschlag berichtet. Sollten beide Seiten auch diesen wieder nicht akzeptieren, könnte es das Ende der Verhandlungen bedeuten, hieß es. Die US-Regierung hatte am Mittwoch mitgeteilt, 90 Prozent eines Abkommens über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen seien bereits vereinbart. Keine Einigung bestehe über die Zahl sowie Identität derer, die in einer ersten sechswöchigen Phase freikommen sollen, berichtete die «New York Times» unter Berufung auf US-Beamte.

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