Stepan Bandera

Kiew geht auf Distanz zu Äußerungen von Botschafter Melnyk

Kiew geht auf Distanz zu Äußerungen von Botschafter Melnyk

Kiew geht auf Distanz zu Äußerungen von Botschafter Melnyk

dpa
Kiew
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Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk. Foto: Michael Kappeler/dpa

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Ein Interview des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyks hat die Regierung in Kiew auf den Plan gerufen. Hintergrund ist die Haltung Melnyks zum früheren Nationalistenführer Stepan Bandera.

Das ukrainische Außenministerium hat sich von Äußerungen des Botschafters in Berlin, Andrij Melnyk, über den früheren Nationalistenführer Stepan Bandera (1909-1959) distanziert. «Die Meinung des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, die er in einem Interview mit einem deutschen Journalisten ausgedrückt hat, ist seine persönliche und gibt nicht die Position des ukrainischen Außenministeriums wieder»,teilte die Behörde in der Nacht zum Freitag auf ihrer offiziellen Webseite mit. Melnyk wurde in Deutschland auch durch Kritik an der Ukraine-Politik der Bundesregierung bekannt.

Das Außenministerium dankte in dem Statement, das in englischer Sprache verfasst wurde, zudem Warschau für die derzeitige «beispiellose Hilfe» im Krieg gegen Russland. Wörtlich heißt es darin: «Wir sind überzeugt, dass die Beziehungen zwischen der Ukraine und Polen derzeit auf ihrem Höhepunkt sind.» In Polen waren Melnyks Äußerungen auf Kritik gestoßen. Der Botschafter hatte Bandera im Interview mit dem Journalisten Tilo Jung in Schutz genommen und gesagt: «Bandera war kein Massenmörder von Juden und Polen.» Dafür gebe es keine Belege. Als Botschafter ist Melnyk dem Außenministerium unterstellt.

Bandera war ideologischer Führer des radikalen Flügels der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). Nationalistische Partisanen aus dem Westen der Ukraine waren 1943 für ethnisch motivierte Vertreibungen verantwortlich, bei denen Zehntausende polnische Zivilisten ermordet wurden. Bandera floh nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland, wo er 1959 von einem Agenten des sowjetischen Geheimdienstes KGB ermordet wurde.

Melnyk selbst wollte die Stellungnahme des Außenministeriums in Kiew zu seinen Äußerungen über Bandera nicht kommentieren. Das teilte eine Sprecherin der Botschaft in Berlin am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Zur Begründung hieß es, ein Botschafter könne nicht die Erklärungen des eigenen Außenministeriums kommentieren.

Polen rügte die Äußerungen Melnyks über den früheren Nationalistenführer Stepan Bandera. «So eine Auffassung und solche Worte sind absolut inakzeptabel», sagte Vize-Außenminister Marcin Przydacz am Freitag der Internetplattform Wirtualna Polska. Auf die Frage, ob Polen eine Entschuldigung von Melnyk erwarte, sagte Przydacz: «Uns interessiert mehr die Position der ukrainischen Regierung als die von Einzelpersonen.» Da sich das ukrainische Außenministerium von den Äußerungen Melnyks distanziert habe, reiche dies aus.

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