Krieg in Nahost

Netanjahu widerspricht USA im Gaza-Krieg

Netanjahu widerspricht USA im Gaza-Krieg

Netanjahu widerspricht USA im Gaza-Krieg

dpa
Tel Aviv/Gaza
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Kann es eine Zweistaatenlösung nach dem Gaza-Krieg geben? Nein, sagt der israelische Premierminister Netanjahu. Unterdessen gehen die Kämpfe zwischen den israelischen Streitkräften und der Hamas im Gazastreifen weiter. Foto: Gil Cohen Magen/XinHua/dpa

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Die USA sind im Gaza-Krieg bisher Israels wichtigster Unterstützer. Doch für das Drängen Washingtons auf eine Zweistaatenlösung hat Netanjahu nur ein klares «Nein» übrig. Der Überblick.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat im offenen Widerspruch zu den USA einen palästinensischen Staat nach Ende des Gaza-Krieges abgelehnt. Mit Blick auf eine Zweistaatenlösung auf Drängen der USA sagte Netanjahu: «Israels Ministerpräsident muss imstande sein, auch «nein» zu sagen, wenn es nötig ist, selbst zu unseren besten Freunden.»

Unterdessen griffen die USA zum fünften Mal innerhalb einer Woche Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz im Jemen an. Es seien zwei Antischiffsraketen getroffen worden, die die Huthi für einen bevorstehenden Beschuss im Roten Meer vorbereitet hätten, hieß es. US-Präsident Joe Biden erklärte, die Militärschläge würden fortgesetzt, bis die Huthi ihre Angriffe auf den internationalen Schiffsverkehr im Roten Meer einstellten.

Pentagon-Sprecherin: Wir wollen keinen Krieg

Auf die Frage, ob die Angriffe der USA gegen die Huthi Wirkung erzielten, sagte Biden zu Reportern in Washington: «Nun, wenn Sie von Wirkung sprechen, stoppen sie die Huthi? Nein. Werden sie fortgesetzt? Ja.» Die USA befänden sich im Jemen aber nicht in einem Krieg, erklärte die Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums, Sabrina Singh.

«Wir wollen keinen Krieg. Wir glauben nicht, dass wir uns im Krieg befinden», sagte die Pentagon-Sprecherin. Die Huthi seien diejenigen, die weiter Marschflugkörper und Antischiffsraketen auf unschuldige Seeleute und Handelsschiffe im Roten Meer abfeuerten. «Was wir zusammen mit unseren Partnern tun, ist Selbstverteidigung», sagte Singh weiter.

Der Nahost-Experte Vali Nasr von der School of Advanced International Studies an der Johns Hopkins University sagte indes dem «Wall Street Journal», die USA seien auf dem besten Weg, in einen Krieg im Jemen zu geraten. «Es wurde Blut vergossen, das Ausmaß der Angriffe ist da, die Huthi werden jetzt nicht zurückweichen«, zitierte ihn die Zeitung. Die Huthi zählen wie die islamistische Hamas im Gazastreifen und die libanesische Hisbollah-Miliz zur sogenannten «Achse des Widerstands», einem Geflecht von Gruppen im Kampf gegen Israel, die vom Iran unterstützt werden. Die Staatsführung in Teheran spricht dem jüdischen Staat das Existenzrecht ab.

Netanjahu lehnt Palästinenser-Staat ab

US-Außenminister Antony Blinken hatte beim Weltwirtschaftsforum in Davos diese Woche deutlich gemacht, dass eine dauerhafte Lösung für die Region die Vision eines palästinensischen Staates beinhalten müsse. Andernfalls werde Israel keine echte Sicherheit bekommen. Viele arabische und muslimische Länder hätten ihre Haltung zu Israel zuletzt geändert und nun Interesse an stabilen Beziehungen. Israel müsse entscheiden, in welche Richtung es sich entwickeln wolle.

Israels rechtsgerichteter Regierungschef Netanjahu lehnt die Vision eines palästinensischen Staats jedoch ab. «Aus jedem Gebiet, aus dem wir uns zurückziehen, bekommen wir Terror, schrecklichen Terror», sagte Netanjahu auf einer Pressekonferenz. Dies sei im Südlibanon, im Gazastreifen sowie in Teilen des Westjordanlandes geschehen. Deshalb müsse Israel bei jeder künftigen Vereinbarung oder auch bei Nichtzustandekommen einer Vereinbarung die «Sicherheitskontrolle» über das gesamte Gebiet westlich des Jordans - also Israel, das Westjordanland und den Gazastreifen - behalten.

Erneut Raketen aus Syrien auf Israel

Unterdessen wurden aus Syrien am Abend nach israelischen Militärangaben drei Raketen auf die Golanhöhen abgefeuert. Die Geschosse aus dem Nachbarland seien sowohl auf offenem Gelände in der Nähe einer Gemeinde in dem Gebiet als auch auf einer Landstraße eingeschlagen, teilte Israels Armee auf Nachfrage mit.

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London feuerten Milizen, die mit der Hisbollah im Libanon zusammenarbeiten, die Geschosse Richtung des von Israel besetzten Teils der Golanhöhen.

Auch wieder Schusswechsel an Israels Nordgrenze

Auch an der Grenze zwischen dem Libanon und Israel kam es erneut zu gegenseitigem Beschuss. Es habe mehrere Raketenabschüsse auf israelische Orte und Gemeinden an der Grenze zum Nachbarland im Norden gegeben, teilte Israels Militär mit. Kampfflugzeuge der Armee hätten daraufhin Terrorinfrastruktur und Posten der Hisbollah-Miliz im Südlibanon angegriffen, hieß es.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober mit 1200 Toten kommt es an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon immer wieder zu Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der wie die Hamas mit dem Iran verbündeten Hisbollah-Miliz. Auf beiden Seiten gab es bereits Tote. International wachsen die Sorgen über eine Ausweitung des Gaza-Kriegs auf die gesamte Region. Israels Staatspräsident Izchak Herzog warnte in Davos, der Iran und die von ihm unterstützten Milizen gefährdeten die globale Stabilität.

Gefangene in Windeln: UN-Menschenrechtsbüro kritisiert Israel

Das UN-Menschenrechtsbüro hat Israels Umgang mit festgenommenen Palästinensern kritisiert. Männer würden teils nach mehr als acht Wochen Inhaftierung einzig mit Windeln bekleidet freigelassen, berichtete der Vertreter des Büros, Ajith Sunghay. Sie hätten von Schlägen, Erniedrigungen und Misshandlungen berichtet, die womöglich Folter darstellten. «Sie standen unter Schock und waren verstört, als ich sie gesehen habe», sagte er. Sunghay sprach am Freitag über Videoverbindung aus dem Gazastreifen mit Reportern in Genf. Die Zahl der Festgenommenen sei unklar, sagte er. Das UN-Menschenrechtsbüro gehe davon aus, dass Tausende Palästinenser von Israel festgehalten werden oder wurden.

Ein Freigelassener habe ihm berichtet, er habe nur einmal in 55 Tagen duschen dürfen, sagte Sunghay. Alle hätten berichtet, dass ihnen die Augen verbunden wurden, teils tagelang. Viele sagten, sie seien nach Israel gebracht worden. Sie hätten keinen Kontakt zu ihren Familien oder Anwälten gehabt.

Sanktionen gegen Hamas-Unterstützer

Die EU nimmt mit einem neuen Sanktionsinstrument Mitglieder und Unterstützer der islamistischen Hamas ins Visier. In einem ersten Schritt wurden sechs Personen mit Strafmaßnahmen belegt, wie aus dem EU-Amtsblatt hervorgeht. Unter ihnen sind Geldgeber der Hamas aus dem Sudan und Algerien sowie Männer, die an Geldwäsche- und Geldtransfer-Aktivitäten zugunsten der Organisation beteiligt sein sollen. Zudem ist auch Musa Muhammad Salim Dudin betroffen. Er ist laut EU ein führender Akteur der Hamas und ein Mitglied des Politbüros der Gruppe.

Infolge der Sanktionsentscheidung der EU müssten in der EU nun alle Gelder sowie andere finanzielle Vermögenswerte und wirtschaftliche Ressourcen der betroffenen Personen eingefroren werden. Zudem dürfen sie nicht mehr in die EU einreisen und nicht mehr aus der EU mit Vermögenswerten und wirtschaftlichen Ressourcen versorgt werden.

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