Historisch
Minderheiten sind in der Geschäftsordnung des Bundestages festgeschrieben
Minderheiten sind in der Geschäftsordnung des Bundestages festgeschrieben
Bundestag: Minderheiten in Geschäftsordnung festgeschrieben
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Erstmals soll die Geschäftsordnung des Bundestages um die politischen Rechte von Minderheiten ergänzt werden.
Eine große Sache nicht nur für den Südschleswigschen Wählerverband, sondern für alle Minderheiten in Deutschland. Nichts weniger ist es, wenn der Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler (SSW) die Änderung der Geschäftsordnung beschreibt, die das Parlament gerade in erster Lesung abgeschlossen hat.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik werden die nationalen Minderheiten in Deutschland in der Geschäftsordnung des Bundestages erwähnt. Das bedeutet unter anderem, dass die gewählten Vertreter der nationalen Minderheiten Vorschläge, die für ihre Gemeinschaften von besonderem Interesse sind, auf die Tagesordnung der Parlamentsausschüsse setzen können. Bisher war Seidler nur beratendes Mitglied in den Ausschüssen, ohne das Recht, Vorschläge zu machen. Das können nur Mitglieder der Fraktionen im Bundestag.
Historischer Schritt
„Das ist ein historischer Schritt, für den ich Ihnen zu Dank verpflichtet bin“, sagte Stefan Seidler aus dem Plenarsaal des Bundestages an die Adresse der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP gerichtet, die die Änderungen der Geschäftsordnung vorgeschlagen hatte.
Die Änderungen bedeuten auch, dass Vertreterinnen und Vertreter von Minderheiten, die nicht selbst Mitglieder sind, das Recht haben, an öffentlichen Ausschusssitzungen teilzunehmen, in denen Themen behandelt werden, die für ihre Gemeinschaften von besonderer Bedeutung sind.
Minderheitenpolitikerinnen und -politiker werden auch das Recht haben, Entschließungsanträge zu Gesetzesentwürfen einzureichen, die nicht nur für die Mehrheitsbevölkerung von Bedeutung sind. Bislang mussten solche Anträge von mindestens 37 Abgeordneten unterstützt werden.
Irrtümer und Unzulänglichkeiten
Nach Ansicht von Seidler sind die Änderungen gut, aber noch nicht gut genug.
„Oftmals sind Themen, die für Minderheiten von Interesse sind, nicht rechtskräftig“, erklärte das SSW-Mitglied seinen politischen Kolleginnen und Kollegen. So sei beispielsweise das Recht der Sinti und Roma auf Schutz formal kein Gesetz, aber natürlich trotzdem von enormer Bedeutung.
Seidler kritisierte auch die Formulierung, dass Fälle eine besondere oder erhebliche Bedeutung haben müssen, bevor von Minderheiten gewählte Parlamentarierinnen und Parlamentarier einbezogen werden.
„Dies geschieht, ohne dass klar abgegrenzt wird, was das eigentlich bedeutet“, so Stefan Seidler.
Guter Wille
Im Allgemeinen seien er und die Minderheiten in Deutschland jedoch dafür. „Das sind wichtige Änderungen, die wir wollen, weil uns die Minderheiten wichtig sind“, betonte Johannes Fechner, der für die SPD in den Bundestag gewählt wurde.
„Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik und des Bundestages werde es einen besonderen Fokus auf nationale Minderheiten geben“, fügte Filiz Polat von den Grünen hinzu und wies darauf hin, dass es in Deutschland vier davon gibt: Dänen, Friesen, Sinti und Roma.