Demokratie

Bundestagswahl: Wiederholung in 431 Berliner Wahlbezirken

Bundestagswahl: Wiederholung in 431 Berliner Wahlbezirken

Bundestagswahl: Wiederholung in 431 Berliner Wahlbezirken

dpa
Berlin
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Zahlreiche Wählerinnen und Wähler warten im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg in einer langen Schlange vor einem Wahllokal, das in einer Grundschule untergebracht ist. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

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Wahlen gelten als ein Fest der Demokratie - in Berlin war der große Wahltag im September vergangenen Jahres aber eine Blamage. Wegen der vielen Pannen soll die Bundestagswahl teilweise wiederholt werden.

Die Bundestagswahl vom September vergangenen Jahres soll nach dem Willen der Ampel-Fraktionen wegen zahlreicher Pannen in Berlin in 431 Wahlbezirken wiederholt werden.

Eine entsprechende Empfehlung solle der Wahlprüfungsausschuss des Parlaments an diesem Donnerstag an den Bundestag aussprechen, heißt es in einer Erklärung der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer Katja Mast (SPD), Irene Mihalic (Grüne) und Johannes Vogel (FDP) vom Mittwoch. Diese Empfehlung solle der Bundestag dann am 10. oder 11. November beraten. Dort, wo die Wahl wiederholt werde, solle dies mit den gleichen Wahlzetteln wie bei der ursprünglichen Wahl geschehen.

Dies würde bedeuten, dass die jeweiligen Berliner erneut eine Erst- und eine Zweitstimme abgeben könnten. Die Koalitionsfraktionen korrigierten damit ihre bisherigen Ansagen. Danach sollte nur in rund 300 Wahlbezirken erneut gewählt werden - und das auch nur mit der Zweitstimme. Auch der jetzige Vorstoß bleibt aber weit hinter der Forderung des Bundeswahlleiters zurück, die Wahl in sechs der zwölf Berliner Wahlkreise komplett zu wiederholen. Die zwölf Wahlkreise sind in insgesamt 2256 Wahlbezirke unterteilt.

Auswirkungen der Wahlwiederholung unklar

Welche genauen Auswirkungen die Wahlwiederholung haben wird, ist unklar. «Es gibt da unterschiedlichste Szenarien», sagte die Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses, Daniela Ludwig (CSU), am Mittwoch der dpa. Es könne passieren, dass danach zum Beispiel weniger Abgeordnete aus Berlin im Bundestag sitzen werden. Es könne auch sein, dass ein Abgeordneter aus einem anderen Bundesland wieder aus dem Parlament falle. «Aber das ist reine Spekulation.»

Am 26. September 2021 waren in Berlin auch das Abgeordnetenhaus und die zwölf Bezirksparlamente neu gewählt worden. Hinzu kam ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Es gab massive Probleme wie falsche oder fehlende Stimmzettel, zu wenige Wahlurnen, die zeitweise Schließung von Wahllokalen, teils stundenlange Wartezeiten. Mancherorts stimmten Wähler noch weit nach 18 Uhr oder auf eilig kopierten Stimmzetteln ab, weil Nachschub fehlte.

«Wir wollen die Bundestagswahl dort wiederholen, wo tatsächlich Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme aufgrund von festgestellten Wahlfehlern nicht abgeben konnten», erklärten die drei Vertreter der Ampel-Koalition. «Vermutungen über sonstige Wahlfehler in nicht vom Bundeswahlleiter angegriffenen Wahlbezirken rechtfertigen nach unserer Auffassung keine Wahlwiederholung.»

Rechtssicherheit des Wahlergebnisses ist auch Thema

Das Erfordernis des Bestandsschutzes einer gewählten Volksvertretung sei mit den Auswirkungen eines konkret festgestellten Wahlfehlers abzuwägen, heißt es in der Erklärung zur Begründung. «Es geht auch um die Rechtssicherheit des Wahlergebnisses vom 26. September 2021. Rund 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben ihre Stimme abgegeben. Deren gültiges Votum gilt es ebenfalls zu respektieren.»

Die drei Fraktionsmanager erklärten, in der Demokratie dürfe es hinsichtlich der Stimmabgabe der Wählerinnen und Wähler keinen Vertrauensverlust geben. Diese müssten sicher sein, dass sie ihre Stimme abgeben könnten. «Alles andere würde der Demokratie insgesamt schaden», erklärten Mast, Mihalic und Vogel. «Es gilt eine ganz einfache Regel: Wo es relevante Wahlfehler gab, gibt es eine Wiederholungswahl. Wo es keine Wahlfehler gab, gibt es keine Wiederholungswahl.»

Der Obmann der Union im Wahlprüfungsausschuss, Patrick Schnieder, warf der Ampel vor, dass es ihr «in erster Linie um parteipolitische Erwägungen geht». Erst habe sich der Ausschuss auf eine Wiederholung in rund 440 Wahlbezirken geeinigt, dann habe die Ampel dies auf rund 300 reduziert, um nun doch wieder fast zur alten Zahl zu kommen. «Hier wird so lange an den juristischen Stellschrauben gedreht, bis das politische gewünschte Ergebnis herauskommt. Das grenzt an Willkür», sagte Schnieder bei «Welt».

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